Sonntag, Dezember 22, 2024

Seit einem Jahr hat Österreichs Umwelt- und ­Energietechnologiebranche eine Plattform, die KMUs bei Finanzierung, Qualifizierung und im Export unterstützt. Die großen Unternehmen brauchen das nicht – ihre Märkte liegen dank schlechter Inlandsförderungen fast ausschließlich im Ausland.



Ein Jahr ist es alt – das »Kompetenzzentrum Umwelt- und Energietechnologie«. Unter dem Namen »Austrian Clean Technology« (ACT) wurde die Agentur im September 2008 vom damaligen österreichischen Umweltminister Josef Pröll aus der Taufe gehoben, um den »Masterplan Umwelttechnologien« voranzutreiben. Ziel dieses Masterplans ist die Verdoppelung des Anteils der Energietechnologien am BIP sowie des Beschäftigtenanteils in dieser Branche. Seit einem Jahr heißt der Umweltminister Niki Berlakovich, und die Weltwirtschaftskrise hat sich auch auf die Umwelt- und Energietechnologie­branche ausgewirkt. Trotzdem sei sie nach wie vor eine Wachstumsbranche, betont Berlakovich. Nimmt man den Zeitraum zwischen 1993 und 2007, dann ist die Verdoppelung der Beschäftigtenzahlen mit 22.000 tatsächlich gelungen. Dem 2007 erzielten Umsatz von 6 Milliarden Euro war laut Umweltministerium ein jährliches Wachstum von 12 % vorangegangen.

KMU-Plattform
Mit der Leitung von ACT wurde Gerhard Fallent, vormals Geschäftsführer der Solarstromlobby »Photovoltaic Austria«, betraut. Und der ging seine neue Funktion mit Elan an: Die Schaffung einer Plattform für KMUs im Umweltbereich, eine Qualifizierungsoffensive sowie die Etablierung einer Fachmesse für Umwelttechnologie waren einige seiner Ziele.
Ein Jahr später hat ACT (www.act-center.at) sechs Pools installiert, die sich den Themen Smart Metering, Bioenergie, energetische Gebäudesanierung, Forschung und Entwicklung innovativer Gebäudekomponenten, für Ausstellungskooperationen und für Abfallwirtschaft mit Fokus auf Sotschi 2014 widmen. Anbieter von einander ergänzenden Dienstleistungen können sich dort, koordiniert von ACT, zusammenschließen. Dazu wird es im Herbst und Winter zwei Expertenworkshops zum Thema »Unternehmenskooperationen im Umwelt- und Energietechnologiesektor« geben, außerdem ist ein Leitfaden für Kooperationen in Ausarbeitung.
Im wichtigen Bereich Qualifizierung hat Fallent, neben einem Mentoringprogramm für Frauen in der Umweltbranche und einer Web-Plattform für Jobs im Umwelt- und Energietechnologiebereich, gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium und dem Berufsförderungsinstitut ein Ausbildungsprogramm für den Beruf des »Sachbearbeiters Außenwirtschaft/Umwelttechnik« auf Schiene gebracht. Der erste Lehrgang startete im Oktober. Und voraussichtlich schon im Sommersemester 2010 werde es für Lehrer und Energieberater einen viersemestrigen Lehrgang unter dem Titel »Der Landwirt als Umwelt- und Energietechnologiewirt« geben, der gemeinsam mit der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in Wien-Hietzing veranstaltet wird.

Envietech 2010
Zur Schaffung einer eigenen Messe ist es zwar noch nicht gekommen – eine solche gibt es aber bereits in Wien. Im Frühjahr 2008 fand das erste Mal die Envietech (www.envietech.at) statt, die vom Austria Center Vienna gemeinsam mit dem Umweltministerium sowie der Plattform Eco World Styria, der Österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik und der Wirtschaftskammer organisiert wurde. Bei der zweiten Messe vom 3. bis 5. Februar 2010, bei der auch ACT an Bord ist, sollen Fachaussteller die Möglichkeit erhalten, sich über neue Entwicklungen und die Zukunft der Umwelttechnologie zu informieren. Bei dem gleichzeitig stattfindenden Kongress werden parallel die drei Bereiche Umwelttechnologie, Erneuerbare Energie sowie Abfall- und Wassermanagement erörtert.

Finanzierungslücken
Einen großen Stolperstein auf dem Weg zum Erfolg für KMUs im Bereich Umwelt- und Energietechnologie hat Fallent bei der Finanzierung entdeckt. »Von der Idee bis zur Marktdurchdringung gibt es immer irgendeine Phase, wo es keine Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen gibt«, erklärt er. Vonseiten des Bundes gebe es keine Förderungen zur Ankurbelung von Unternehmenskooperationen, die Bundesländer wiederum würden eine solche nur dann fördern, wenn alle Firmen aus dem jeweiligen Land kommen. Diese Finanzierungslücken zu identifizieren und anschließend zu schließen, hat sich ACT vorgenommen. Heuer noch soll ein Expertendialog ins Leben gerufen werden, anlässlich der Envietech wird es ein Plenum zum Thema »Finanzierung neuer nachhaltiger Technologien« geben und anschließend will die Agentur die Umweltförderung des Bundes in Hinblick auf Marktentwicklungschancen evaluieren.

Stark exportorientiert.
Die Marktchancen für heimische Umwelt- und Energietechnologie bewertet Gerhard Fallent prinzipiell positiv. Trotz der krisenbedingten Verlangsamung des Wachstums habe die Umwelttechnologie in Österreich bereits die Maschinenbaubranche bei den Umsätzen überholt, so Fallent, der sich schon das nächste ehrgeizige Ziel steckt: »2020 bis 2030 wird auch die Autoindustrie überholt werden!« Was angesichts der derzeitigen Krise der Automobilwirtschaft gar nicht so schwierig sein dürfte.
Die Unterstützung von Initiativen wie ACT oder der von Umweltministerium und Wirtschaftskammer gestarteten »Exportinitiative Umwelttechnik«, die heuer Japan und die USA sowie im kommenden Jahr Kanada und China ins Visier nimmt, brauchen vor allem kleine und mittlere Unternehmen in der Umwelt- und Energietechnologiebranche. Die großen Firmen sind – dank der ungünstigen Bedingungen durch das bislang geltende Ökostromgesetz – vor allem in der Photovoltaikszene ohnehin stark bis überwiegend exportorientiert.
Wie das zur Constantia Industries gehörende niederösterreichische Unternehmen Isovolta, das nicht nur Elektroisoliermaterialien, sondern seit 1985 auch Komponenten für Photovoltaikmodule herstellt und Niederlassungen in zehn Ländern hat. Oder das oberösterreichische Unternehmen Fronius, das neben Batterieladesystemen und Schweißtechnik seit 1992 auch Steuerungen von Photovoltaikanlagen über innovative Wechselrichtersysteme anbietet und über Vertriebstöchter in zwölf Ländern aktiv ist. Der Umsatz des Familienunternehmens ist von 299 Millionen Euro im Jahr 2007 auf beachtliche 370 Millionen im Jahr 2008 gestiegen.

 


Umsatzbringer Solarthermie
Ohne Exportunterstützung kommt sicherlich auch die Kioto Clear Energy AG von Robert Kanduth aus. Die Gruppe, die im Solarthermie- und im Photovoltaikbereich unterwegs ist, hat im Vorjahr erstmals seit der Gründung des Solarkollektorenherstellers Green One Tec – heute Teil der Kioto-Gruppe – im Jahr 1994 die Umsatzgrenze von 100 Millionen Euro überschritten. 1,1 Millionen Quadratmeter im Bereich Solarkollektoren bescherten dem von Kanduth gegründeten Unternehmen einen Umsatz von 117 Millionen. Damit erreicht der Kärntner Betrieb in Europa einen Marktanteil von 25 %.
85 % der Solarkollektoren, mit denen Warmwasser für Wohnhäuser erzeugt wird, gehen nach wie vor in den Export, Spitzenreiter ist dabei Deutschland mit einem Umsatzanteil von 40 %. Optimismus kann man Kanduth, der auch Präsident von Austria Solar ist, nicht absprechen: Das Werk in St. Veit an der Glan sei auf eine Produktionskapazität von drei Millionen Quadratmetern ausbaubar, teilt das Unternehmen mit. Denn, so Kanduth: »Im Jahr 2020 könnten in Österreich zehnmal so viele Quadratmeter Kollektorfläche installiert sein als heute«, erklärte er anlässlich eines Besuches von Umweltminister Berlakovich im Sommer.
Die Sparte Photovoltaics innerhalb der Kioto-Gruppe bäckt derweil noch kleinere Brötchen: Heuer werde der Umsatz rund 40 Millionen Euro ausmachen, teilt Alfred Mölzer von der Kioto Photovoltaics GmbH mit. Der Exportanteil in diesem Segment beträgt 90 %, Märkte sind Deutschland, Frankreich, Italien sowie Belgien und Holland. Für Österreich erwartet Mölzer, dass der schwache Markt infolge der im neuen Ökostromgesetz beschlossenen höheren Förderungen für Solarstrom leicht wachsen werde.

Abwassertechnik eingebrochen
Nicht ganz so gut läuft zurzeit das Geschäft im Bereich Abwassertechnik, das auf Aufträge der öffentlichen Hand angewiesen und daher entsprechend von Sparmaßnahmen betroffen ist. Hart getroffen von der Wirtschaftskrise wurde etwa die SW Umwelttechnik. Das börsenotierte Unternehmen im Mehrheitsbesitz der Familie Wolschner, das in den Bereichen Wasser/Abwasser, Infrastruktur und erneuerbare Energien in Österreich und seinen östlichen Nachbarländern Slowakei, Ungarn und Rumänien tätig ist, musste im 2. Quartal 2009 einen mit 18,4 Millionen Euro beinahe halbierten Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal hinnehmen. Das Vorsteuerergebnis ist in diesem Zeitraum von 4 Millionen im 2. Quartal 2008 auf ganze 155.000 Euro heuer eingesackt. Für das erste Halbjahr 2009 weist das Unternehmen im Geschäftsergebnis einen Verlust von 6,3 Millionen Euro aus – nach einem Gewinn von 1,7 Millionen im gleichen Zeitraum 2008 –, der aber vor allem durch das 1. Quartal bedingt ist. Das 2. Quartal alleine brachte einen positiven Beitrag von 2,5 Millionen.
Eingebrochen ist der Markt für die SW Umwelttechnik vor allem im Bereich Infrastruktur für Industrie- und Gewerbekunden, was durch die anderen Geschäftsbereiche nicht ausgeglichen werden konnte. Dieser Bereich machte mit 9 Millionen Euro einen Anteil von einem Drittel am Gesamtumsatz aus, während er 2008 noch für die Hälfte des Umsatzes verantwortlich war. Den Aufschwung sieht das Unternehmen nur im kommunalen Wasserschutz, der mit 14,1 Millionen Euro und einem Umsatzanteil von 53 % anteilsmäßig deutlich zulegt. Im Vorjahr lag dieser Anteil noch bei 32 %.
In absoluten Zahlen war der Bereich Wasserschutz nur von einem Umsatzrückgang von 2,2 Millionen betroffen. Und auch heuer setzt sich der Trend zum kommunalen Wasserschutz bei der SW Umwelttechnik fort: In Ungarn konnte ein Tochterunternehmen den Auftrag für ein Abwasserableitungssystem in einer mittelungarischen Gemeinde gewinnen, für die Budapester Kanalisation sowie die Oberflächenentwässerung in Duna­keszi liefert das Unternehmen diverse Rohre. Die Rohre für die Erneuerung des Trink- und Abwassernetzes in einer rumänischen Gemeinde kommen ebenfalls von SW Umwelttechnik.
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Umweltförderung neu

Für die Umweltförderung wurden neue Förderungsbestimmungen beschlossen, die für Projekteinreichungen seit dem 1. Oktober 2009 gelten. Zweck ist die Vereinfachung der Einreichung für österreichische Unternehmen, die in Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen investieren. Für Standardtechnologien wie Biomasseeinzelanlagen, Solaranlagen, Wärmepumpen und Fernwärmeanschlüsse kann die Förderung nach der Umsetzung beantragt werden. Neu geschaffen wurden Förderungsschwerpunkte für Biomasse-Mikronetze, gewerblich genutzte Neubauten in Niedrigenergiebauweise oder alternative Kühl- und Klimatisierungstechnologien. Im Bereich »Effiziente Energienutzung« liegen die Schwerpunkte der Förderung in der Wärmerückgewinnung, bei prozessorientierten Maßnahmen und gebäudebezogener Haustechnik. Weiters werden besonders innovative Maßnahmen, die eine deutliche Verbesserung der Umweltsituation bewirken, mit einem Zuschlag zum Standardfördersatz belohnt.
Die neuen Förderungsrichtlinien können unter www.publicconsulting.at heruntergeladen werden.

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Energie- und Umwelttechnologie in der EU
Rund 3,4 Millionen Menschen sind EU-weit in der Umwelt- und Energietechnologiebranche tätig. Sie erwirtschaften einen Umsatz von 227 Milliarden Euro, das entspricht einem Anteil von 2,2 % am BIP. Den gleichen Anteil erwirtschaftet Österreich mit 10 Milliarden Euro Umsatz.
<Das Marktvolumen für Umwelt- und Energietechnologie könnte laut einer vom ACT präsentierten Studie bis 2020 um das Zehnfache auf 2.200 Milliarden Euro erhöht werden.
< Der Anteil erneuerbarer Energie am Primärenergieverbrauch liegt im EU-Schnitt bei 7,53 %. In Österreich sind es aufgrund der starken Nutzung der Wasserkraft 23,41 %.
< EU-weit betrachtet hat die Windkraft mit 48 GW installierter Leistung den größten Anteil der »neuen erneuerbaren« Energiequellen, gefolgt von der Solarthermie mit 15 GW und der Kleinwasserkraft mit 12,5 GW. In Österreich liegt die Windkraft mit 964 MW hinter der Solarthermie mit 2,4 GW und die Kleinwasserkraft mit 1 GW installierter Leistung.
< Die Photovoltaik belegt sowohl in Österreich als auch EU-weit den letzten Platz. Das gilt auch für Spanien, das gerne als Musterland der Photovoltaik präsentiert wird.

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