Ökobüro: WKO-Behauptung widerspricht Statistik der Umweltministerin. Längere Verfahren meist verursacht durch unvollständige Unterlagen von Einreichenden wie Asfinag und TIWAG.
Die meisten UVP-Verfahren sind rasch abgeschlossen. Laut aktuellem UVP-Bericht der Umweltministerin an den Nationalrat liegt die Dauer im Schnitt bei 13,3 Monaten. Dabei benötigen die Projektwerbenden selbst 6,3 Monate, um die notwendigen Unterlagen komplett vorzulegen. Nur sieben Monate nach der dann erfolgenden öffentlichen Auflage erhalten die Projekte ihren Bescheid in erster Instanz. Weitere fünf Monate kommen im Schnitt dazu, falls es ein Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gibt.
Die von der Wirtschaftskammer zum Standortanwalt zuletzt mehrfach kolportierten 36 Monate wiedersprechen daher fundamental der offiziellen Darstellung der damaligen Umweltministerin Elisabeth Köstinger. Abgesehen davon ignoriert die WKO, dass die größten Verzögerungen regelmäßig von den Projektwerbenden verursacht werden, weil die Unterlagen unvollständig vorgelegt werden. Thomas Alge, Geschäftsführer von ÖKOBÜRO: "Das laufende UVP-Verfahren für das Tiroler Kraftwerk Kaunertal ruht seit Jahren, weil der TIWAG die notwendigen Wasserrechte fehlen. Die Asfinag braucht nach Antrag der UVP für ihre Autobahnen im Schnitt sogar 21 Monate, um der Behörde alle notwendigen Unterlagen zu übermitteln. Dass es dann zu langen Verfahrensdauern kommt, ist klar. Richtigerweise sollte man erst zu zählen beginnen, wenn die Unterlagen vollständig sind."
Den angeblichen "Wertschöpfungsrechner", der Argumente für die Standortanwälte liefern soll, sieht Thomas Alge ebenfalls äußerst kritisch: "WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf hat selbst zugegeben, dass dieser Rechner einseitig nur positive Effekte beachtet. Umweltschäden und deren negativen Folgen für die Volkswirtschaft lässt er außer Acht. Das ist so, wie wenn man beim Ergebnis eines Fußballspiels die Gegentore nicht mitzählt."
Alge: "Nach Jahren der laufenden Verschlechterungen im UVP-Gesetz ist es Zeit, die UVP wieder aufzuwerten, um die Umwelt im Zuge der ganz großen Bauprojekte besser schützen zu können. Die globale Klimakrise oder der enorme Bodenverbrauch in Österreich zeigen, dass Umweltprobleme immer dann außer Kontrolle geraten, wenn es keine oder nur schwache gesetzliche Umweltregeln gibt."
Zudem werden in Österreich im europäischen Vergleich nur sehr wenige UVP-Verfahren durchgeführt. Das liegt an den im Vergleich sehr hohen Schwellenwerten, ab denen eine UVP verpflichtend vorgeschrieben ist. So muss etwa in Deutschland beim Bau eines Einkaufszentrums ab einer Größe von einem halben Hektar verpflichtend eine UVP durchgeführt werden. In der Schweiz liegt der Schwellenwert bei einem dreiviertel Hektar – in Österreich jedoch bei zehn und selbst in besonders sensiblen Gebieten noch bei fünf Hektar Flächenverbrauch.