Mittwoch, November 20, 2024
Österreichs Ökoenergieverbände gehen gegen die weitere Verschleppung des Ökostromgesetzes auf die Barrikaden. Investitionen von 4 Milliarden Euro liegen auf Eis.


Eine „Phalanx der Verhinderer“ ortet Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbands, in der österreichischen Energiepolitik – die es ihm zufolge gar nicht gibt. Industriellenvereinigung, Arbeiterkammer und die E-Control würden gemeinsam die Genehmigung der Ökostromgesetz-Novelle durch die EU-Kommission verhindern, die bereits letzten Sommer im Nationalrat beschlossen wurde. Grund für die Verzögerung ist die auf Betreiben der Industrie in dem Gesetz beinhaltete, nicht EU-konforme Kostendeckelung für energieintensive Industrien. Der für den Ökostromausbau notwendige Teil der Ökostromförderung ist aus der Sicht der EU hingegen unbedenklich. Heilingbrunner will deshalb gemeinsam mit den Ökoenergieverbänden IG Wind, Biomasseverband Kleinwasserkraft und Biogas ebenfalls eine Phalanx bilden, um die heimische Politik dazu zu bewegen, den umstrittenen Deckel in einem Verfahrenssplitting vom übrigen Ökostromgesetz zu trennen. Diese von der EU vorgeschlagene Trennung sei vom Wirtschaftsministerium in einem internen Papier abgelehnt worden, weil der Deckel sonst gefährdet sei, so IG Wind-Geschäftsführer Stefan Hantsch. „Das heißt, das Ministerium hält eine ganze Branche in Geiselhaft, um einige Betriebe seines Klientels zu befriedigen“, wirft Hantsch Wirtschafts- und Energieminister Reinhold Mitterlehner vor. In dem Papier wird argumentiert, dass eine solche Trennung laut der im Ökostromgesetz verankerten Inkrafttretensbestimmung nicht möglich sei.

Geplante Investitionen liegen auf Eis.
„Die Regierung lässt es zu, dass mögliche Investitionen von vier Milliarden Euro bis 2015 nicht getätigt werden können“, so Heilingbrunner über den Stillstand beim Ausbau von Ökostrom als Folge dieser Politik. So könnten im Bereich Windkraft nächstes Jahr 100 MW Leistung installiert werden, was einem Investitionsvolumen von 170 Millionen Euro und der Schaffung von 750 Arbeitsplätzen entspricht, so Hantsch. Projekte mit einem Volumen von 100 Millionen könnten auch im Bereich Kleinwasserkraft sofort umgesetzt werden, meint Martina Prechtl, Geschäftsführerin der Kleinwasserkraft Österreich. 95% davon würden der heimischen Wirtschaft zugute kommen. „Um diese Wirtschaftsleistung auf die Schiene zu bringen, muss die Industriellenvereinigung konstruktiv mitarbeiten“, fordert Prechtl.
Die Ökostromverbände schlagen, neben dem Verfahrenssplitting, als Lösung des Stillstands vor, die Kostendeckelung entweder zu streichen – was unrealistisch sein dürfte -, aus dem Ökostromgesetz herauszunehmen und in ein anderes Gesetz zu integrieren oder den umstrittenen Teil nach dem Vorbild Deutschlands EU-konform zu gestalten. Dort werden nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2001 die von der E-Wirtschaft an die Ökostromverbände verteilten Fördergelder nicht als staatliche Beihilfen, sondern privatwirtschaftlich angesehen. In Österreich werden die eingehobenen Gelder über eine öffentliche Clearingstelle abgewickelt, wodurch sie rechtlich zu staatlichen Beihilfen werden.
„Das Ökostromgesetz muss einer Totalkorrektur unterzogen werden“, verlangt Ernst Scheiber, Geschäftsführer des Biomasseverbands. Eine weitere Verzögerung durch ein langes Beihilfeverfahren zu verlangen, wie es auch die Arbeiterkammer tue, sei ein gefährliches Spiel, meint Scheiber im Hinblick auf die geplanten Investitionen. Österreichs Umwelt- und Klimapolitik müsse sich neu orientieren. Dem stimmt auch Hantsch zu: „Es kann nicht sein, dass die Ökobranche weltweit boomt, aber in Österreich im Winterschlaf liegt.“

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