Energie in der Klemme
Nachhaltige Investitionen in Energieeffizienz, auch durch die Energieversorger, forderte Herbert Lechner, stellvertretender Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur, anlässlich der Energiegespräche, die die Agentur Mitte März in Wien veranstaltete. In Zeiten der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise würden auch Energieversorger Gefahr laufen, durch Rationalisierungen, Einsparungen und Investitionsstopps in die Investitionsklemme zu geraten. Das würde die Versorgungssicherheit, den Klimaschutz und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen gefährden, so Lechner. »Wichtig in Krisenzeiten sind konjunkturbelebende Investitionen. Global sind dafür mehr als eine Billion Dollar pro Jahr notwendig«, so Lechner. Für Österreich seien Investitionen in Wasserkraft, Wind und Biomasse in der Höhe von 15 Milliarden Euro notwendig, zitierte Lechner die von der heimischen E-Wirtschaft formulierte Forderung nach einem Investitionspaket. Bis 2020 müsste der Anteil der Wasserkraft demnach von derzeit 37,3 % auf 44,3 % ausgebaut werden. Signifikant wachsen müssten ebenso Wind und Biomasse – und zwar jeweils um rund das Dreifache ihres derzeitigen Anteils an der Stromerzeugung. Photovoltaik und Geothermie, die anteilsmäßig kaum wahrnehmbar sind, sollten zumindest auf 0,1 % Anteil an der Stromerzeugung kommen, so Lechner.
Schwere Zeiten für Erneuerbare
Schwierige Zeiten für die erneuerbaren Energieträger sieht allerdings Dorothea Sulzbacher, Geschäftsführerin des OMV Future Energy Fund, und belegt das mit Zahlen: Während im vierten Quartal 2007 weltweit noch 50 Milliarden US-Dollar in die Erneuerbaren investiert wurde, waren es ein Jahr später nur mehr rund 15 Milliarden. Geringe Finanzierungsmöglichkeiten, Risikominimierung der Banken und ein niedriger Ölpreis seien dafür verantwortlich. Die schwierige Finanzierung von erneuerbaren Energieformen werde noch längere Zeit ein Problem bleiben, vor allem wenn es um größere Projekte und da speziell in osteuropäischen Ländern gehe, prophezeit Sulzbacher. Aber auch die Nachfrageentwicklung zeigt kein günstiges Szenario für die Erneuerbaren: Während der Absatz von Erdöl heute bei 4.000 Millionen Tonnen Fass liegt und im Jahr 2030 bei mehr als 5.000 Millionen liegen wird, Erdgas von heute 2.500 auf knapp unter 4.000 Millionen Tonnen Öläquivalent anwachsen wird und die Kurve bei Kohle noch steiler nach oben zeigt, prognostiziert die Internationale Energieagentur (IEA) für Wasser und andere erneuerbare Energieträger eine kaum steigende Nachfrage, die auch 2030 noch unter 500 Millionen Tonnen bleiben wird. Dabei könnte laut IEA die Forcierung der Erneuerbaren zusammen mit energieeffizienten Maßnahmen fast 80 % der notwendigen Emissionseinsparungen beisteuern, so Sulzbacher.
Kapazitäten rückläufig
»Jetzt, wo die Krise da ist, sind wir im Rückblick alle gescheiter«, meinte Johann Mayer, Vertriebsleiter bei der Energie Allianz Austria (EAA). Vorher sei das Verbrauchswachstum in der Elektrizitätswirtschaft jährlich um 3 % gestiegen, und das über Jahre hinweg. Der Konjunkturaufschwung in Europa habe den Verbrauch trotz Energieeffizienzmaßnahmen zusätzlich angetrieben, die Überkapazitäten bei der Stromerzeugung hatten sich verringert.
Im Gegensatz zu dem steigenden Bedarf an Gas und Kohle zur Stromerzeugung werden die entsprechenden Kraftwerkskapazitäten in den nächsten Jahrzehnten weiter zurückgehen, in Summe werde sich die Erzeugung in der EU von derzeit knapp unter 600 Gigawatt bis zum Jahr 2030 mehr als halbieren, prognostiziert Mayer.
Gleich bleiben werde mit rund 120 Gigawatt lediglich die Stromerzeugung aus Wasserkraft. Die Folge der knapper werdenden Kapazitäten werden aber steigende Preise sein, die in der Vergangenheit durch den massiven Ausbau alternativer Stromerzeugung, den Anstieg der Primärenergiepreise und die Kosten für die in den Strompreis integrierten CO2-Emissionszertifikate zusätzlich angeheizt worden seien, so der EAA-Manager. Zwar sei die E-Wirtschaft auf allen Wertschöpfungsebenen, also Produktion, Netz und Vertrieb, von der Finanzkrise betroffen, die Strommärkte würden aber noch funktionieren, meint Mayer, der vor Marktabschottungen und Protektionismus als Reaktion auf die Krise warnte.
F&E als Krisenprogramm.
Die Krise überwinden könne ein Land wie Österreich vor allem mit Investitionen in Forschung und Entwicklung im Energiebereich, appellierte Peter Nowotny, Division Manager der Siemens AG. Innovationen seien ein Beitrag zur Zukunftssicherung, meinte Nowotny und verwies unter anderem auf die Laboranlage, die Siemens in Frankfurt zur Erforschung und Weiterentwicklung der Carbon Capture and Storage-Technologie betreibt. Diese Technologie, bei der die vor allem aus Kohlekraftwerken stammende CO2-Emissionen in Gesteinsformationen und ehemaligen Öl- und Gasfeldern gelagert werden, gilt als Zukunftshoffnung, um saubere Energie erzeugen zu können. Aber auch die Micro Grids als Bausteine des Übertragungs- und Verteilnetzes in sogenannten virtuellen Kraftwerken seien als Zukunftsmodell für Energiesysteme interessant, ebenso wie die intelligenten, internetbasierenden Stromzähler (Automated Metering and Information System - AMIS), so Nowotny.
Österreich verfüge über eine gute Ausgangslage für Innovationen im Energiebereich, über Know-how in Forschungseinrichtungen und Unternehmen und über entsprechende Fördermaßnahmen. Innovative Demonstrationsprojekte könnten die Technologiekompetenz des Landes über die Grenzen hinaus sichtbar machen und als »Leuchttürme« fungieren, meinte Nowotny.