Donnerstag, Jänner 30, 2025

Die einflussreichste Megaindustrie des Planeten könnte näher am Abgrund stehen, als sie selbst wahrhaben will.

Im Jahr 1997 war der Film- und Kamerakonzern Eastman Kodak ein Gigant mit 30 Milliarden Dollar Jahresumsatz. Sieben Jahre später waren analoge Kameras tot – und 2012 meldete der frühere Riese Konkurs an. Auch der Elektronikgigant Nokia hatte im Jahr 2007 eine Marktkapitalisierung von 150 Milliarden Dollar und die Hälfte des Handymarkts in der Tasche – fünf Jahre später waren es nur mehr fünf Prozent. Die Geschwindigkeit, mit der technologische Fortschritte auch Riesen zu Fall bringen, ist inzwischen schwindelerregend. Big Oil, eine der einflussreichsten Megaindustrien des Planeten, könnte der nächste Kandidat für einen überraschend schnellen Abgang sein.

So argumentiert der Unternehmer, Wissenschafter und Consulter Seth Miller in einem vielbeachteten Artikel auf Medium.com. Auch wenn es in Zeiten von Trump, der die Wunschliste der ihn mit Millionen unterstützenden Petroindustrie Stück für Stück umsetzen will, auf den ersten Blick nicht danach aussehen mag, sind die Tage der Ölindustrie gezählt – und das nicht unbedingt deshalb, weil sich die Menschheit im Angesicht des Klimawandels eines Besseren besönne. Das Killerargument, das Öl schon in kurzer Argument ins Aus katapultieren könnte, ist schlicht und einfach – Geld. Die Milliardensummen, die jetzt noch in Mammutprojekte wie die umstrittene Keystone-Pipeline zwischen Kanada und den USA gesteckt werden, würden sich niemals amortisieren können, weil dank technologischer Fortschritte und sich verändernder Lebensgewohnheiten schlicht kein ausreichender Bedarf mehr für das Produkt Öl als Treibstoff vorhanden sein werde.

Verbrennungsmotor ade
Millers Hauptargument mag radikal anmuten: Der klassische Verbrennungsmotor von Kraftfahrzeugen sei ein Auslaufmodell, und das aus technischen Gründen. Während nämlich ein Verbrennungsmotor aus etwa 2000 verschiedenen Einzelteilen besteht, braucht ein elektrischer Antrieb nur ein Hundertstel dieser Anzahl beweglicher Teile für den Betrieb – nämlich 20. Und während ein Verbrennungsmotor nach durchschnittlich 200.000 Kilometern ans Ende seiner Lebenszeit anlangt, bescheinigt Tesla etwa seinen Akkupacks eine Laufzeit von 800.000 Kilometern – mit Luft nach oben. Es ist diese Lebensdauer und radikal einfachere Wartung, die Elektrofahrzeuge vor allem für kommerzielle Mobilitätsanbieter unwiderstehlich machen wird.

Was hinzukommt, sind zwei weitere Revolutionen: zum einen die rasante Verbreitung einer digital vernetzten Sharing Economy, in der der tatsächliche Besitz etwa eines Autos mehr und mehr in den Hintergrund rückt; zum anderen der vorhersehbare Siegeszug autonom fahrender Vehikel. Selbstfahrende Flotten von Elektrofahrzeugen, die man sich je nach Bedarf genau wie ein Taxi herbeiruft, werden, so Miller, schon sehr bald für sehr viele jetzige Autofahrer die bei weitem günstigste Mobilitätsvariante für den Alltag sein. Und Konsumenten, so viel scheint klar, sind sehr rasch dazu bereit, sich für ein neues, günstigeres Produkt auch von eingefleischten Traditionen zu verabschieden.

Ob Millers Prognosen eintreffen, ist schwer zu sagen – die Realität ist für gewöhnlich komplexer als jede Analyse. Eines jedoch lehrt die Geschichte: Auch Riesen kommen zu Fall, wenn technologische Fortschritte die Welt disruptiv umkrempeln. Und das rasanter, als man es sich vorstellen kann.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
06. November 2024
Mit Donald Trumps Rückkehr ins Weiße Haus zeichnet sich ein neues Kapitel der Handelspolitik der USA ab – und für europäische Unternehmen könnten die nächsten Jahre herausfordernd werden. Trump, bekan...
LANCOM Systems
14. Oktober 2024
Die österreichische Bundesbeschaffung GmbH (BBG) hat die Lösungen des deutschen Netzwerkinfrastruktur- und Security-Herstellers LANCOM Systems in ihr Portfolio aufgenommen. Konkret bezieht sich die Ra...
Nicole Mayer
25. November 2024
Globalisierung, Digitalisierung, New Work, Kriege: Die Kette der Herausforderungen, die Unternehmen zu stemmen haben, reißt nicht ab. Um in diesen unsicheren Zeiten nicht nur zu überleben, sondern sog...
Marlene Buchinger
31. Oktober 2024
Beim Thema Nachhaltigkeit stellt sich oft die Frage, für wen machen wir das überhaupt? Im vierten Teil der REPORT-Serie geht es um die Anspruchsgruppen, auch Interessensträger oder Stakeholder genannt...
Firmen | News
23. Oktober 2024
In den letzten Jahren hat das Thema Nachhaltigkeit auch im Bauwesen an Bedeutung gewonnen. Immer mehr Bauherren, Architekten und Unternehmen suchen nach Möglichkeiten, umweltfreundliche und ressourcen...
Andreas Pfeiler
04. November 2024
Naturereignis wie ein Hochwasser zeigen uns immer wieder auf, wie verwundbar unsere Gesellschaft ist und wie hilflos wir gegenüber solchen Naturgewalten sind. Ohne mineralische Rohstoffe sind wir auch...
Firmen | News
08. Oktober 2024
Wohlstand aufzubauen, ist für viele Menschen eines der größten Ziele im Leben. Doch ein Vermögen anzuhäufen, beispielsweise durch die Gründung und Führung eines eigenen Unternehmens, ist nur der erste...
Firmen | News
30. Oktober 2024
In der heutigen Arbeitswelt sind die richtigen Werkzeuge und Ausrüstungen entscheidend für den Erfolg. Von der passenden Berufskleidung bis zu unverzichtbaren Geräten – alles spielt eine Rolle. Entdec...

Log in or Sign up