Nicht ganz dicht
Von Sebastian Schulz.
Zu spät oder sogar nie erkannte Schäden an Flachdachabdichtungen sind bis heute eine der Hauptursachen für Schäden an Bauwerken geblieben. Der erste österreichische Bauschadensbericht aus dem Jahr 2002 beziffert den Anteil der Kosten für Mängel- und Schadensbehebung in der gesamten Sparte Hochbau auf 65 bis 83 Millionen Euro für die Zeitspanne 1997–2002. Am häufigsten Schaden nahmen die durch Wassereinwirkung beanspruchten Bauteile. Dächer, Balkone und erdberührte Bauteile stellen hier fast 50 %. Der Bauschadensbericht stellte fest, dass die Planung den größten Einfluss auf die spätere Bauqualität hat: Bereits vor dem ersten Spatenstich sollte also auf Nachhaltigkeit geachtet werden. Ohne ein dem Stand der Technik entsprechendes Leckmeldesystem ist es demnach unmöglich, die Dichtheit von Flachdächern zu beurteilen. Flachdächer sind hinsichtlich ihres Aufbaus nicht dafür konstruiert, visuell kontrolliert zu werden: Weder von der Außenseite noch von der Gebäudeinnenseite her ist ein Einblick in den Schichtenaufbau möglich. Zwar könnte man zu Prüfzwecken Kontrollöffnungen von oben in die Abdichtung oder von unten durch die Decken- und Dampfsperrenkonstruktion anbringen. Der Nutzen wäre jedoch gering, da der Zwischenraum meist vollständig mit Dämmstoff gefüllt ist. Und es ist doch absurd, genau die Komponenten zu beschädigen, die eigentlich dicht sein sollen, nur um nachzusehen, ob diese tatsächlich unversehrt sind; gerade so, als würde einem der Arzt regelmäßig den Bauch aufschneiden, um die Funktionsfähigkeit der Organe zu prüfen.
Flachdachnutzung birgt Risiken
Ob Bürogebäude, Gewerbebauten oder Flughäfen: Flachdächer mit membranartigen Abdichtungen haben sich längst etabliert – trotz der geschilderten Nachteile und vollkommen zu Recht. Flachdächer sind ein Ausdruck moderner Architektur und sie werden mehr und mehr in die Nutzung des Gebäudes einbezogen: als Dachterrassen, ganze Dachgärten oder zur Anbringung von Solaranlagen. Individuelle und innovative Flachdachkonstruktionen machen aus funktionalen Gebäuden wie Lagerhallen und Sportstadien anspruchsvolle und insbesondere optisch reizvolle Bauwerke.
Andererseits stellt die Nutzung der Dachflächen ein zusätzliches Risiko für die Abdichtungssysteme dar, das Schadenspotenzial erhöht sich erheblich. Abdichtungsschäden können immense finanzielle Folgen haben, denn Nutzungsausfälle, erhöhte Betriebskosten und Wertverluste entstehen. Optische Prüfungen sind zeitaufwändig, sie sind teuer und sie sind häufig erfolglos: Unter Schutzschichten, Begrünungen oder Fahrbelägen ist die Bauwerksabdichtung nicht einsehbar, visuelle Kontrollen sind daher nicht zielführend.
In manchen Fällen müssen Dachabdichtungen komplett zurückgebaut werden, einschließlich der darauf angeordneten Nutzungen. Das nur, weil Leckagestellen in der Abdichtung nicht gefunden werden. Oder die Wärmedämmung ist mit Wasser gesättigt, sie erfüllt ihre bauphysikalische Funktion nicht mehr und muss ausgetauscht werden. Die durch Rückbau und Wiederherstellung entstehenden Kosten sowie die Kosten des Nutzungsausfalls für die Zeit der Sanierung (z.B. bei einer Photovoltaikanlage) sind aber nur zu vermeiden, wenn die Abdichtung mit einer Leckmeldeanlage überwacht wird, die Abdichtungsschäden früh erkennt und genau lokalisiert. Die erforderliche Instandsetzung kann dann gezielt und mit minimalem Eingriff in die Bausubstanz durchgeführt werden.
Visuelle Prüfungen ungenügend
Unter rein werkstofflichen Gesichtspunkten könnte eine moderne Dachabdichtung durchaus ein ganzes Bauwerksleben halten. Jedoch entstehen Beschädigungen typischerweise durch unsachgemäße Beanspruchungen schon bei der Errichtung und während der Nutzung von Gebäuden. Auch die Abdichtung wird oft fehlerhaft verarbeitet.
Eine weitere Fehlerquelle ist die visuelle Prüfung der Bauwerksdichtigkeit, die nach dem Bau oder der Sanierung als abschließende Qualitätssicherungsmaßnahme erfolgt. Niemand besitzt die Fähigkeit, die Unversehrtheit einer mehrere hundert oder tausend Quadratmeter großen Abdichtung, mit Hunderten Metern Nahtstellen, rein visuell zu beurteilen. Leckagen, die im Einzelfall weder hinsichtlich Zeitpunkt noch Ort des Auftretens prognostizierbar sind, bleiben unbemerkt. So kann nur eine Dichtheitsprüfung mit einem Informationssystem, wie einer Leckmeldeanlage, zuverlässige Aussagen über den Zustand innerhalb einer Dachkonstruktion liefern.
Nässe ist nur temporär im Dach vorhanden, während der Sommerzeit wird der Taupunkt nicht mehr unterschritten. Auch die Wasserzufuhr über Leckagen der Abdichtung versiegt, das vorhandene Wasser hingegen verlässt in Folge erhöhter Temperatur konvektiv und diffusiv das Dachpaket. Diese dynamischen Prozesse können stichtagsbezogene Inspektionen nicht abbilden. Wenn die Funktionsfähigkeit einer Abdichtung nicht eindeutig nachgewiesen wird, kann ein aufgetretenes Problem nicht verlässlich eingegrenzt werden. Aus dem Grund gibt es Flachdächer, bei denen Sachverständige über viele Jahre nach den Ursachen des Wassereintritts suchen, ohne je der Lösung einen Schritt näher zu kommen. So bleibt oft nur die Möglichkeit der Komplettsanierung, obwohl die Werkstoffe, aus denen das Dach besteht, bei weitem noch nicht an die Grenze ihrer Lebensdauer gestoßen sind.
Gewissheit schaffen
Erkennen und Orten von Leckagen in Flachdachabdichtungen ist mit der Installation eines modernen Leckmeldesystems kein Problem mehr. Auf diese Weise kann jederzeit ein objektiver Nachweis zur Funktionsfähigkeit der Abdichtung erbracht werden: während der Bauphase, zum Zeitpunkt der Fertigstellung der Abdichtung bis zum Ende der werkstofflichen Lebensdauer der Dachabdichtung.
Kernelement einer Leckmeldeanlage ist eine dünne Kontaktlage aus leitfähigem Glasvlies oder Polypropylen, die vollflächig unterhalb der Abdichtung verlegt wird. Werden die elektrisch leitfähige Kontaktlage und eine Gegenelektrode auf der feuchten Oberseite der Abdichtung in einen Stromkreis geschaltet, so fließt in diesem Stromkreis so lange kein Strom, wie Kontaktlage und Gegenelektrode von der intakten Abdichtung getrennt werden. Ist jedoch eine Leckage in der Abdichtung vorhanden, kommt es im Vlies an der Stelle zu einer lokalen Spannungserhöhung, die im Augenblick des Wassereintritts bei permanent messenden Leckmeldeanlagen sofort erkannt wird. Über die gemessene örtliche Verteilung der Spannung wird die Position der Leckage ermittelt.
Moderne Leckmeldesysteme haben den Vorteil, dass man sofort bemerkt, wenn Schäden an der Abdichtung entstanden sind. So wird verhindert, dass Feuchtigkeit in das Bauwerk eindringt. Auch kleinste Leckagen werden zuverlässig erkannt. Auf Wunsch des Kunden können die Messwerte über einen Webbrowser abgerufen und visualisiert werden. So lässt sich der Dichtheitszustand der Dachabdichtung jederzeit über den Bildschirm kontrollieren. Auf diesem Weg ist es auch möglich, bei Leckagen Alarmmeldungen per Email oder SMS zu senden, Daten für Langzeitauswertungen zu archivieren und Fernwartungen durchzuführen.