Freitag, November 22, 2024

Gerhard Schenk, Geschäftsführer HSG Zander GmbH Austria, spricht im Interview über Lippenbekenntnisse in der Baubranche, Chancen und Risiken der Wirtschaftskrise und warum er sich nicht freuen kann, wenn ein Mitbewerber einen Auftrag verliert.

Report: In der Immobilienbranche ist viel von Nachhaltigkeit die Rede. Nur heiße Luft – oder sehen Sie tatsächlich einen Trend zu effizienteren Immobilien?
Gerhard Schenk: Leider nein. Eine Entwicklung in diese Richtung ist leider immer noch nicht erkennbar. Ich muss aber dazu sagen, dass wir in letzter Zeit keine neuen Immobilien ins Portfolio genommen haben. Also steht mir eigentlich kein Urteil zu. Aber ich verfolge die qualifizierte Diskussion sehr genau und da merkt man schnell, dass Effizienz und Nachhaltigkeit noch nicht den Stellenwert einnehmen, den sie eigentlich sollten.

Report: Jeder spricht von Nachhaltigkeit, keiner tut etwas dafür?
Schenk: Ja, leider. Das Bekenntnis ist in vielen Bereichen sicher vorhanden, aber das Problem der getrennten Interessen bleibt bestehen. Vom Errichter bis zum Mieter klaffen die Interessen weit auseinander. Es stellt sich immer noch die Frage, ob ein Objekt günstig in der Errichtung oder im Betrieb sein soll. Und aktuell sind die Baukosten immer noch das zentrale Argument.

Report: Was müsste geschehen, dass die Nachhaltigkeit zumindest im öffentlichen Bereich eine größere Rolle spielt?

Schenk: Es müsste mehr in Richtung Gesamtvergaben vergehen. Wie etwa in St. Pölten, dort wurde die Fachhochschule auf Lebenszykluskosten ausgeschrieben. Dafür brauchen beide Seiten Mut, der Errichter ebenso wie die öffentliche Hand, denn es gibt nach wie vor sehr wenig Erfahrungswerte. Man braucht eine sehr klare Vorstellung über die eigenen Kosten, um einen wirtschaftlichen Vergleich anstellen zu können. Außerdem sind langfristige Verträge – und unter 20 Jahren macht das ja keinen Sinn – immer mit einem gewissen Risiko behaftet. Die Komplexität der ganzen Geschichte ist sehr hoch und es gibt hier noch jede Menge Aufholbedarf.

Report: Wo würden Sie den Hebel ansetzen?
Schenk: Im Bereich der thermischen Sanierung ist viel in Bewegung, aber das ist zu wenig. Das Thema Energieeinsparungen wird immer noch weitgehend ausgeklammert, das ist kurzsichtig. Wenn es ein Konjunkturpaket für die Baubranche gibt, dann braucht es ganzheitliche Auflagen. Da sind in den letzten Jahren wenig bis keine Veränderungen erkennbar. Die Diskussionen sind immer noch die gleichen. 

Report: Der Facility-Management-Markt ist hart umkämpft. Neue Anbieter drängen mit Kampfpreisen in den Markt. Ist der Preis in Ihrer Branche immer noch das zentrale Argument?

Schenk: Die Preisdiskussion gibt es immer noch. Obwohl es uns auch schon gelungen ist, trotz eines höheren Preises den Zuschlag zu bekommen. Vor allem dann, wenn die Performance eines Mitbewerbers nicht berauschend war. Die Kunden erkennen erst langsam, dass sie Geld in die Hand nehmen müssen, um auf der sicheren Seite zu sein. Viele prüfen noch nicht einmal, ob ein Anbieter überhaupt in der Lage ist, sämtliche Bereiche abzudecken. Das kann dann schnell ins Geld gehen, etwa beim Thema Brandschutz. Die Versicherungen verstehen da keinen Spaß.

Report:
Eine suboptimale Performance von FM-Anbietern kann für die Mitbewerber von Vorteil sein. Allerdings besteht auch die Gefahr, dass die Kunden statt einem Anbieterwechsel auf Insourcing setzen.

Schenk: Das ist tatsächlich ein Problem. Deshalb sind auch Anbieter, die sich über den Preis definieren, aber keine Qualität liefern, schlecht für die ganze Branche. Natürlich könnte ich mich kurz freuen, wenn ein Mitbewerber einen Auftrag verliert, aber in Wirklichkeit ist es eine Katastrophe für die gesamte Branche. Wenn über eines der fünf Leitunternehmen schlecht geredet wird, dann betrifft das den ganzen Markt und nicht nur das einzelne Unternehmen. Interessant sind auch Einzelfälle, bei denen der Kunde den Objektmanager vor Ort dazu überredet, sich selbstständig zu machen. Das FM-Unternehmen wird ausgebremst, die Kosten gehen runter und alle sind glücklich, bis auf das FM-Unternehmen natürlich. Aber auch für den Kunden währt die Freude oft nicht lange. Es wird übersehen, dass hinter einem jedem FM-Unternehmen eine Organisation steht. Der Objektmanager, der sich selbstständig gemacht hat, kann die Flut an neuen Normen und Vorschriften gar nicht bewältigen und auch das Reporting leidet unter dem Ressourcenmangel.

Report:
In Krisenzeiten konzentrieren sich viele Unternehmen auf ihre Kernkompetenzen. Das eröffnet Chancen für Outsourcing-Unternehmen. Gehören Sie zu den Profiteuren der Krise?
Schenk: Es ist richtig, dass eine Krisensituation Chancen für Outsourcer eröffnet. Als Profiteur würde ich uns trotzdem nicht se­hen, denn auch das Risiko steigt enorm. Vor einem Jahr hätte ich mich über jeden Industriekunden gefreut. Heute muss man sich die Frage stellen, ob sich das Risiko lohnt. Wenn ich etwa einen Betrieb im Waldviertel als Kunden gewinne, dafür 20 Leute einstelle und der Betrieb in Konkurs geht, dann habe ich ein Problem. Was mache ich mit 20 Leuten im Waldviertel? Ich glaube aber auch, dass die Auswirkungen der Krise in unserer Branche erst Mitte des Jahres richtig spürbar werden. Dann wird auch der Druck in den Ausschreibungen größer.

Report: Man hört immer wieder den leisen Vorwurf, dass sich viele Kunden immer noch schwertun, die Arbeit eines Facility Managers richtig einzuschätzen. Teilen Sie diese Kritik?

Schenk: Die Qualifizierung der Kunden ist ein heikles Thema. Wenn Preise abgefragt werden, ohne dass ein Leistungsverzeichnis erstellt wird, ist das unseriös. In letzter Zeit sind aber auch positive Tendenzen erkennbar. Es gibt mittlerweile auch Planer, die einen Qualitätskatalog zum Thema Facility Management erstellen und sich beim Kunden dafür stark machen, dass es auch zu einer Umsetzung kommt. Das ist ein Anfang. Interessant ist auch, dass immer wieder Referenzen abgefragt werden, aber kaum jemand sich die Mühe macht, sich die Leistungen vor Ort auch anzusehen. Ich hatte erst einen Kunden, der zu den Referenzen gegangen ist und dort mit den Objektmanagern gesprochen hat. Das kann ich jedem Kunden nur empfehlen, denn das ist die Realität und nicht irgendeine Power-Point-Präsentation mit hübschen Grafiken und Zahlen. Ich bin immer wieder bestürzt, wie uninformiert die Betroffenen sind. Der allgemeine Tenor ist: Solange es keine Strafen gibt, tun wir auch nichts. Dabei stellt sich die große Frage nach der Rechtsfolge, wenn der Energieausweis nicht vorgelegt wird. Immobilienkäufe können angefochten werden, weil es keinen Energieausweis gibt, oder weil er nicht sorgfältig gemacht wurde. Da muss sich auch die Judikatur Gedanken machen, ob hier nicht doch ein rigoroseres Vorgehen Sinn macht. Der Energieausweis ist aus meiner Sicht ein wichtiges Instrument, das dringend nachjustiert werden muss. Ich rate aber auch schon jetzt zu einer guten Dokumentation, denn damit stehen und fallen die Kosten des Ausweises. Wenn gar nichts da ist, ist man sehr schnell mit Kosten in sechsstelliger Höhe konfrontiert. Diese Dringlichkeit wird aber noch nicht gesehen. Die Ersten, die sich ernsthafte Gedanken machen, sind die Fonds.

Report: Aus M+W Zander wurde HSG Zander. Was ändert sich für die Kunden?

Schenk: Kurze Antwort: Gar nichts. Wir haben dieselben Strukturen und handelnden Personen. Das ist wie bei einer Hochzeit. Da ändert auch in der Regel ein Ehepartner seinen Namen, bleibt aber dieselbe Person. Das gilt auch für uns. Wir wurden geheiratet und der neue Partner hat seinen Namen in die Ehe mitgebracht. 

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