Georg Jungwirth von der Fachhochschule der Wirtschaft Campus 02 spricht über Erfolgsfaktoren und Herausforderungen von Hidden Champions in Österreich.
Report: Gerade in Technologiebereichen gilt Österreich als Land der Hidden Champions, die erfolgreich in ihren Nischen agieren. Gibt es einen gemeinsamen Nenner, der diese Unternehmen beschreibt?
Georg Jungwirth: International üblich wird als Hidden Champion ein mittelständischer Betrieb bezeichnet, der Weltmarktführer – wir haben 145 davon ausgemacht – oder im Falle Österreichs zumindest Marktführer in Europa ist. Fast alle dieser gesamt knapp 200 Unternehmen, die wir kennen, sind im Bereich Business-to-Business tätig, haben also ausschließlich Firmenkunden. Dabei bedeutet der Begriff »hidden« aber nicht, dass diese Firmen im Geheimen agieren. Er ist allein dem Umstand geschuldet, dass diese Unternehmen trotz ihrer Vorreiterrolle nicht der breiten Öffentlichkeit bekannt sind. Diese Firmen agieren in Nischenmärkten, in denen – anders als etwa bei Red Bull, Atomic oder Swarowski – auch eher selten Marktforschung betrieben wird.
Aufgrund der teilweise fehlenden Vergleichsmöglichkeiten mit dem Mitbewerb hat man beschlossen, nicht nur die aktuelle Nummer eins, sondern auch Marktbegleiter an der zweiten und dritten Stelle dazuzurechnen. Da wir hier ausschließlich den Mittelstand behandeln – die ganz großen Unternehmen stehen ja in der Regel auch groß in der Öffentlichkeit –, hat man für Österreich eine Grenze von 200 Mio. Euro Jahresumsatz gezogen. Es sind häufig Familienunternehmen, die oft auch nicht über die klassischen Konzern- und Holdingstrukturen mit all ihren steuerschonenden Varianten verfügen. Internationalisierung ist ein Faktor: Rund 60 % der Hidden Champions haben von Anfang an am Weltmarkt agiert. Dies hängt meist von der Produktnische ab, die bedient wird – beispielsweise bei Schiebel, einem Marktführer für Minensuchgeräte. Viele andere wieder sind Zulieferbetreibe in der Industrie, die schlichtweg keinen Heimmarkt in Österreich haben.
Report: Was sind die Erfolgsfaktoren dieser Unternehmen?
Jungwirth: Rund 90 % der Hidden Champions sind in Hightech-Bereichen tätig. Dort ist eine Technologieführerschaft für den Unternehmenserfolg absolut notwendig. Im Hochlohnland Österreich kann ein Unternehmen eben nicht mit billigen Arbeitskräften punkten. Die Betriebe kann man weiters auch als Qualitätsführer bezeichnen. Sie können deshalb auch mit höheren Preisen als die Konkurrenz agieren. Diese Gemeinsamkeit – höhere Preise erlangen zu können und gleichzeitig eine Marktführerrolle innezuhaben – zeichnet auch eine überdurchschnittlich hohe Profitabilität aus. 95 % der Hidden Champions schreiben auch in Krisenzeiten satte Gewinne. In der Regel befindet sich die Kapitalquote dieser Firmen über 40 %, das EGT liegt durchschnittlich bei über 10 %.
Der Unterschied in den Strukturmerkmalen und bei den Erfolgsfaktoren ist generell aber nicht besonders groß. Wir versuchen, diese Merkmale aus der Forschung heraus in der Lehre und in Veranstaltungen wie der Fachkonferenz envietech 2015 im Oktober darzustellen und zu kommunizieren. Wir wollen auch anderen Mittelständlern Mut machen und zeigen, dass es viele Unternehmen gibt, die auch in Krisenzeiten satte Gewinne vorweisen und erfolgreich am Markt tätig sind. Sie sind gute Beispiele, wie es funktioniert.
Report: Finden die Hidden Champions das Fachpersonal, das sie benötigen?
Jungwirth: Die Unternehmen wachsen und suchen Mitarbeiter – dies ist gleichzeitig auch eine ihrer Schwachstellen. Am Jobmarkt stoßen sie auf eine geringere Resonanz als bekannte Großunternehmen. Deshalb investieren die Firmen viel Zeit und Geld in das Halten der Beschäftigten, in Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter und in ein gutes Betriebsklima. Das scheint den Hidden Champions auch gut zu gelingen. Die Mitarbeiterfluktuation ist mit unter 3 % jährlich ausgesprochen gering. Es gibt Krankenstandszeiten von durchschnittlich acht Tagen, was für österreichische Verhältnisse ebenfalls sehr wenig ist.
All diese Bemühungen führen dazu, dass Know-how in der Firma verbleibt, dass sich die Ansprechpartner für die Kunden nur selten ändern. Das generell große Vertrauensverhältnis wirkt sich absolut positiv auf Kundenbeziehungen und den Geschäftserfolg aus.
Info: Untersuchung zu Hidden Champions Seit 2007 werden an der Studienrichtung International Marketing & Sales Management der FH Campus 02 in Graz systematisch die Erfolgsfaktoren und Strategien mittelständischer österreichischer Weltmarktführer erforscht. Parallel dazu wurden Zahlen, Daten und Fakten über diese wenig bekannten mittelständischen Erfolgsbetriebe gesammelt und eine Datenbank aufgebaut, die mittlerweile rund 200 österreichischen Hidden Champions umfasst.Weitere Informationen: www.campus02.at |