In Wahlkampfzeiten wird gern über Investitionen und konjunkturbelebende Maßnahmen gesprochen. Während die Wahlen im Burgenland und der Steiermark kaum Impulse brachten, wurde in Oberösterreich ein Konjunkturprogramm gestartet, das vor allem zusätzliches Geld für den Schulbau bringt. Welche konkreten Pläne die Parteien in Wien haben, zeigt eine Umfrage des Bau & Immobilien Reports.
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Die Bauwirtschaft gilt unter Experten als wichtiger Motor für die allgemeine Konjunktur. Welche Maßnahmen wollen Sie setzen, um diesen Motor in Gang zu bringen? Haben Sie konkrete Pläne für Landesförderungen, die der Bauwirtschaft zugutekommen sollen?
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Seit der letzten Nationalratswahl wird viel über das Thema »Wohnen« diskutiert. Wie hoch ist aus Ihrer Sicht der (jährliche) Bedarf an neuen Wohnungen in Wien und wie wollen Sie diesen Bedarf decken?
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Unter welchen Voraussetzungen würden Sie einer Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung zustimmen
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Thema Infrastruktur: Welche Projekte haben Priorität, welche müssen noch warten? Woher soll das Geld für die Bauvorhaben kommen?
Michael Häupl, SPÖ
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Wien wächst jedes Jahr in etwa um die Größe von Krems. Das bedeutet, dass wir nicht nur Wohnraum schaffen müssen, sondern auch Infrastruktur wie Schulen, Kindergärten, Ausbau der Öffis. So werden jährlich 10.000 Wohnungen in Wien fertiggestellt. Damit sorgen wir für eine sehr rege Bautätigkeit in Wien.
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In Wien werden jährlich 7.000 geförderte Wohnungen errichtet. Das ist so viel wie in keiner anderen europäischen Stadt. Wir schaffen damit nachfragegerechtes Angebot – insbesondere an besonders erschwinglichem Wohnraum. Die Angebotspalette reicht von den neuen Gemeindewohnungen über den geförderten Wohnbau bis hin zur Wiener Wohnbauinitiative – ein internationales Vorzeigemodell, das wir in Kooperation mit privaten Bauträgern und Finanzdienstleistern entwickelt haben.
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Wir investieren in Wien die gesamte Wohnbauförderung in den Wohnbau. Daran wird selbstverständlich auch nicht gerüttelt. Zudem kommen noch einmal 150 bis 200 Millionen zusätzlich, die wir hier nachhaltig investieren.
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Im Öffi-Bereich ist es natürlich der Bau der neuen U 5 sowie neuer Straßenbahnlinien etwa im zweiten Bezirk. In Floridsdorf wird mit dem Krankenhaus Nord gerade das modernste Spital Europas gebaut. Und im Bildungsbereich setzen wir den Bau der Schulcampusse fort, sowie die Errichtung neuer Kindergärten. All das können wir derzeit finanzieren, doch ist es meiner Meinung nach notwendig, dass wir als Stadt Investitionen in den Ausbau der Infrastruktur mit Fremdmitteln finanzieren können müssen. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Frau Lagarde, sieht das übrigens genauso.
Christoph Chorherr, Die Grünen
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Wien kann und muss angesichts eines jährlichen Bevölkerungswachstums von 25.000 Menschen seine Wohnbauleistung deutlich steigern. Mindestens 10.000, besser 12.000 Wohnungen sind möglich. Die wichtigste »Fördermaßnahme«: städtischen Grund mobilisieren. Aber nicht durch Verkauf, sondern durch die Vergabe von Baurechten. Wichtigste Reserve sind die städtischen Wohnbauten der 50er- bis 80er-Jahre, die unter der Rahmenbedingung der schrumpfenden Stadt sensibel nachverdichtet werden müssten.
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Wien hat einen Bedarf von 10.000 bis 12.000 Wohnungen pro Jahr derzeit. Dieser soll zu einem großen Teil im geförderten und Gemeindewohnbau gedeckt werden, weil dieser auch nachhaltige Leistbarkeit bedeutet. Das heißt einerseits Wohnungsgrößen, die an den Bedarf von Familien, aber auch Single-Haushalten angepasst sind, und andererseits hohe architektonische Qualität, die gemeinsame Freiräume schafft.
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Wir fordern die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung, weil wir diesen Kreislauf als zentral für das weitere Funktionieren des Systems Wohnbau sehen und der Anteil an geförderten Wohnungen wieder deutlich steigen soll. Jedoch: Im Unterschied zu anderen Bundesländern wird in Wien die gesamte Wohnbauförderung widmungsgemäß verwendet.
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Priorität haben Gesundheits- und Bildungseinrichtungen und öffentlicher Verkehr. Für das erwartete Bevölkerungswachstum braucht es zusätzlich 100 Schulklassen. Die extrem unintelligente Begrenzungen durch »Maastricht« sowie den Stabilitätspakt zwingen Wien zu PPP-Projekten, die jedoch absurderweise die Steuerzahler deutlich teuer kommen, als würde Wien selbst bauen. Da Wien deutlich geringere Zinsen bezahlt als alle Privaten, müssen Wege gefunden werden, Investitionen anders zu berechnen als öffentlichen Konsum.
Manfred Juraczka, ÖVP
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Derzeit werden lediglich 100 Wohneinheiten im Eigentumsbereich gefördert. Dies stellt bei insgesamt 7.000 geförderten Wohneinheiten geringe 1,5 % dar. Die ÖVP-Forderung sieht hingegen Fördermaßnahmen für 1.400 neue Wohneinheiten pro Jahr vor. Bei einem Zuwachs von prognostizierten 25.000 Bürgerinnen und Bürgern pro Jahr würden somit rund jede zehnte Familie die Möglichkeit bekommen, Eigentum zu generieren. Auf die derzeitige Gesamtbevölkerung bezogen wären dies immerhin 1,5 %, die somit einen Weg aus der Mietabhängigkeit finden könnten.
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Wien wächst. Laut aktuellen Daten der Statistik Austria wird Wien im Jahr 2028 die 2-Millionen-Einwohner-Grenze überschreiten. Dafür muss dementsprechender Wohnraum geschaffen werden. Auf der Hand liegt hierbei, dass die von der rot-grünen Stadtregierung oft kolportierten 8.000 Wohneinheiten nicht dem Anspruch der 25.000 Neuanmeldungen entsprechen. Es muss gebaut werden und zwar rasch! Denn ansonsten wird der Druck zu groß und dies hat wiederum Auswirkungen auf die Miet- und Eigentumspreise.
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Die Wohnbaupolitik muss in der Stadt Wien endlich den Stellenwert bekommen, der ihr zusteht. Das ist Chefsache! Die Finanzierung an sich ist über mehrere Möglichkeiten denkbar. Eine Zweckbindung der Wohnbauförderung ist zumindest diskussionswürdig. Wichtiger wäre hierbei aber, endlich die Ausgaben der Stadt Wien in Prioritätsstufen einzuteilen. Wohnbau muss hierbei an erster Stelle stehen!
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Wien hat ein jährliches Budget von rund 12 Milliarden Euro. Ersichtlich wird dadurch, dass Wien kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem hat. Singende Kanaldeckel und gegenderte Ampelpärchen sollten somit nicht an erster Stelle der Investitionen stehen, sondern, ersichtlich durch die Wachstumsprognosen der Stadt, die Wohnbaupolitik.
Beate Meinl-Reisinger, NEOS
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Der starke Anstieg bei den Baukosten ist einer der Hauptgründe für das fehlende Angebot an leistbarem Wohnraum in Wien. Das liegt vor allem an einer überregulierten Bauordnung. Wir treten für eine Rücknahme der teilweise überzogenen Regelungen – zum Beispiel bei der Stellplatzverordnung – ein und wollen so Bauen wieder günstiger machen. Gleichzeitig brauchen wir langfristige Finanzierungsinstrumente, z.B. projektgebunde Infrastrukturanleihen, und wir müssen Anreize schaffen, damit auch privates Kapital in den Wohnbau fließt.
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Bei einem Zuzug von jährlich 30.000 Personen bräuchten wir eine Neubauleistung von 10.000 bis 15.000 Wohnungen pro Jahr. Nur mit sozialem Wohnbau alleine, wie das die SPÖ vorsieht, wird das nicht gehen. Wir brauchen ein Zusammenwirken aller Marktkräfte – Gemeindebau, Genossenschaften und frei finanzierter Wohnbau. Die Stadt Wien verfügt über Grundstücksreserven von über zwei Millionen Quadratmetern. Hier sollen geförderte Mietobjekte entstehen – allerdings in Kooperation mit privaten Bauträgern und nicht mit »guten Freunden«, wie Michael Häupl das angekündigt hat.
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NEOS spricht sich für eine Beibehaltung der Wohnbauförderung und eine Wiedereinführung der Zweckwidmung aus. Darlehensrückflüsse rückzahlbarer Förderungen müssen für den Wohnungsneubau verwendet werden. Denkbar wäre eine Umschichtung hin zu der Förderung von Neubau bei gleichzeitigen Anreizen für Investitionen in energieeffiziente Sanierung.
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NEOS will den Ausbau multimodaler Mobilitätsinfrastruktur forcieren. Die großen Flächenbezirke brauchen mehr Öffis, v.a. kostengünstige und kapazitätsstarke Straßenbahnlinien. Weiters braucht es eine neue Flächenwidmung zur Verdichtung der gebauten Stadt. Wir brauchen multifunktionale Gebäude, die Wohnen, Leben und Arbeiten verbinden. Zur Finanzierung der Stadtentwicklung stellen wir uns Partnerschaften mit der Wirtschaft vor. Damit kann wie in Hamburg ein gesetzlicher Rahmen für sogenannte »Innovationsquartiere« geschaffen werden, in denen die öffentliche Hand gemeinsam mit der Wirtschaft öffentliche Räume aufwertet und belebt.
FPÖ
Anmerkung der Redaktion: Von der FPÖ kamen trotz mehrmaligem Nachfragen und entgegen der Zusage seitens des Presseteams von Heinz-Christian Strache bis Redaktionsschluss keine Antworten.