Sonntag, Dezember 22, 2024

Handschuhe, Helme, Sicherheitsschuhe – von vielen immer noch als notwendiges Übel gesehen, macht die per­sönliche Schutzausrüstung in vielen Fällen den Unterschied zwischen Unversehrtheit und schweren Verletzungen. Doch auch die beste Schutzaus rüstung bringt nichts, wenn sie nicht oder falsch getragen wird. Langsam am Vormarsch: Schutzausrüstung im Dienstleistungssystem.

Die heimische Bauwirtschaft verzeichnete im Jahr 2014 laut AUVA insgesamt 17.742 Arbeitsunfälle. Das sind 19 Prozent aller anerkannten Arbeitsunfälle. Die am stärksten gefährdete Berufsgruppe sind die Maurer mit 3.762 Arbeitsunfällen pro Jahr, gefolgt von den Bauspenglern und Sanitär- und Heizungsinstallateuren, den Zimmerern und Bautischlern, den Bauhilfsarbeitern und Elektroleitungsinstallateuren. Aber auch jeweils mehrere hundert Maler, Dachdecker, Schlosser, Boden- und Fliesenleger, Bauelektriker, Tiefbauer und Betonierer verunfallten 2014 am Bau. Im Schnitt verursacht ein Arbeitsunfall rund 15.000 Euro an betrieblichen und Allgemeinkosten. Die häufigste Unfallursache ist der Verlust der Kontrolle über ein Werkzeug, ein Gerät oder eine Maschine, gefolgt von Stürzen und unkoordinierten Bewegungen.

"Das Thema Sicherheit wird in Zukunft sicher weiter an Bedeutung gewinnen", ist Andreas Fuchs, Projektingenieur Arbeitsvorbereitung bei der Strabag, überzeugt. Dafür muss auf jeder Baustelle eine Vielzahl von technischen und organisatorischen Sicherheitsmaßnahmen durchgeführt werden. »Sind alle diese Maßnahmen ausgeschöpft und ist die Gefahr dadurch aber immer noch nicht gebannt, kommt die persönliche Schutzausrüstung ins Spiel«, berichtet Wilhelm Braunsteiner, Experte für Arbeitssicherheit im Bauwesen bei der AUVA, und gibt zu bedenken, dass es keine Sicherheitsausrüstung gibt, die vor allen Gefahren schützt. »Es gibt nicht den einen Sicherheitsschuh, der vor allen Gefahren schützt. Ein Asphaltierer braucht andere Schuhe als ein Eisenbieger«, mahnt Braunsteiner, dass die Schutzausrüstung immer zur Gefahr passen müsse. Der Arbeitgeber muss die korrekte Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, der Arbeitnehmer muss sie verwenden und der Vorgesetzte muss das Tragen überwachen. Wird bei einer Überprüfung durch das Arbeitsinspektorat eine Missachtung festgestellt, ist eine Verwaltungsstrafe im vierstelligen Euro-Bereich die Folge. Kommt es aufgrund mangelnder Schutzausrüstung tatsächlich zu einem Unfall, drohen auch strafrechtliche Konsequenzen. Fragt man die Experten, worauf es beim Thema persönliche Schutzausrüstung (PSA) ankommt, erhält man eine vermeintlich banale Antwort: »Das Wichtigste ist, dass die persönliche Schutzausrüstung auch tatsächlich getragen wird. Aber genau daran scheitert es sehr oft«, sagt Gernot Gaiswinkler, Marketingleiter beim oberösterreichischen Arbeitsschutzspezialisten Reindl. Jede Menge Schutzausrüstung, die sich am Markt befindet, wird laut Gaiswinkler vor allem nach dem Preiskriterium ausgewählt und weil es eben sein muss. »Diese Schutzausrüstung wird dann oft nicht getragen, weil Tragekomfort, Passform und Design völlig daneben sind.« Dabei sollte die PSA den Träger oder die Trägerin motivieren, die Ausrüstung auch tatsächlich zu tragen. »Schutzkleidung darf auch gut aussehen«, sagt Gaiswinkler. Ganz ähnlich der Standpunkt von Heidi Vitez, Pressesprecherin bei Engelbert Strauss: »Passt die Workwear, ist sie bequem, funktionell, praktisch, macht jede Bewegung mit und schaut sie zudem stylisch bzw. flott aus, sind das wesentliche Faktoren, die da zu beitragen, dass aus einem ›Muss‹ ein ›eh klar‹ wird.« Auch Bernd Feketeföldi, kaufmännischer Geschäftsführung der Mewa Textil-Service GmbH, findet, dass der Bequemlichkeitsfaktor oft übersehen oder zumindest unterschätzt wird. »Viele schwere Unfälle passieren nur deshalb, weil Schutzbekleidung nicht wie vorgeschrieben getragen wurde.« Wer Schutzbekleidung anschafft, sollte deshalb nicht nur auf den Schutzfaktor achten, sondern auch auf den Tragekomfort.

In Richtung Dienstleistung

Was in vielen Teilbereichen der Baubranche bereits der Fall ist, setzt sich langsam, aber sicher auch in Sachen PSA durch: der Trend weg vom reinen Produktlieferanten hin zum Gesamtlösungsanbieter. Zwar ist Textilleasing laut Gaiswinkler mit Ausnahme jener Bereiche, in denen es aus hygienischen oder technischen Gründen erforderlich ist, eine vergleichsweise kostspielige Variante. »Wir sehen aber auch, dass sich immer mehr Unternehmen das leisten wollen.« Auch Mewa bietet Schutzkleidung im Dienstleistungssystem an. Dabei erhalten Unternehmen von der Beratung bei der Produktauswahl über die Bereitstellung bis zur Pflege und zum Austausch der PSA alles aus einer Hand. Die Kleidung wird bereitgestellt, abgeholt, instandgesetzt und frisch gewaschen wieder angeliefert. »Wir sorgen dafür, dass die Kleidung sachgemäß behandelt wird und die Schutzleistung auch nach dem Waschen dem Stand der Technik entspricht. Sorgfältige Kontrolle und fachgerechte Instandhaltung der Kleidung gehören zum Service dazu«, sagt Feketeföldi. 


PSA-Trends

Insgesamt wird Schutzkleidung modischer in der Optik. Lange Zeit war Schutzkleidung ein Stiefkind für Schick und Komfort. Nachdem sie in den vergangenen Jahren deutlich bequemer geworden ist, wird sie nun auch ansehnlicher. Sicherheitsschuhe sind laut Mewa-Geschäftsführer Bernd Feketeföldi ein gutes Beispiel. »Wenn Sie in unser Schuhsortiment schauen, werden Sie viele Modelle nicht von modernen Sneakern unterscheiden können.« Auch bei Engelbert Strauss wird verstärkt darauf geachtet, dass Menschen bei der Arbeit Spaß haben. »Dazu trägt auch die richtige Workwear bei«, ist Pressesprecherin Heidi Vitez überzeugt. Zudem spielen bei Engelbert Strauss auch Aspekte wie Ressourcenschonung, Umweltschutz und soziale Aspekte eine Rolle. Beispiele dafür sind etwa der Einsatz von Baumwolle von »Cotton made in Africa« , mit dem Kleinbauern unterstützt werden, Biobaumwolle oder die Kombination von natürlicher Baumwolle mit Recycling-Polyester – verarbeitet in energiesparender, ressourcenschonender Fertigung.

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