Die thermisch-energetische Sanierung von Wohnimmobilien gestaltet sich in der Praxis oft deutlich schwieriger als in der Theorie. Aktuell wird eine Genossenschafts-Wohnanlage im 2. Bezirk in Wien umfassend saniert. Der Bau & Immobilien Report hat mit dem Bauträger Sozialbau über Vorbereitung, Finanzierung und technische Details gesprochen.
Report-Autorin Karin Legat ist Bewohnerin der Wohnhausanlage in der Wehlistraße und berichtet direkt von den aktuellen Sanierungsarbeiten
Bauträger Sozialbau hätte, wenn verlässliche Jahreswettervorschauen möglich wären, sicher ein anderes Jahr für die Generalsanierung der drei Wohnblocks in der Wiener Wehlistraße gewählt. Die Vielzahl an Regentagen hat die Außenarbeiten an Fassade und Dach teils massiv eingeschränkt und das Projekt zu einer scheinbar nie enden wollenden Geschichte mutieren lassen. »Durch die Witterungsverhältnisse gibt es natürlich Engpässe«, bestätigt der Leiter der Sanierungsabteilung bei Sozialbau, Hannes Nutz, der aus eigener Erfahrung spricht: Er wohnt selbst in einer Genossenschaftswohnung in Niederösterreich. »Unser Gebäude wurde vor einigen Jahren gedämmt. Meine Wohnung war von Juli bis September verklebt. Es war nicht sehr angenehm, dass bereits in der Früh die Arbeiter am Gerüst vorbeigelaufen sind. Aber das Ergebnis zählt. Abstrahlend kalte Wände sind Geschichte, die Fenster dicht und die Heizkostenersparnis unglaublich. Ich stehe persönlich voll zur Wärmedämmung.« Und er ist sich sicher, dass nach Abschluss der Arbeiten niemand mehr von den negativen Faktoren spricht, weil das Positive dominiert.
Organisations-Steps
Wärmedämmung hat bei Sozialbau einen großen Stellenwert. »Bei Bauten, errichtet zwischen 1950 und 1970, verzeichnen wir eine thermische Sanierungsrate von 81 Prozent. Wir sprechen dabei von einer Nutzfläche von 1,3 Millionen Quadratmetern, 20.300 Wohnungen und Investitionskosten für die thermische Sanierung von 270 Millionen Euro«, informiert Hannes Nutz. Resultat der Maßnahmen sind 30 bis 40 Prozent Einsparung der Energiekosten, wie bereits vollendete Sanierungen beweisen.
Gestartet wurde das Sanierungsprojekt in der Wehlistraße im Juni 2010. Der erste Schritt war eine Bestandserhebung der Anlage. »Es wurde kontrolliert, welche Bausubstanz vorhanden ist. Für diese Voruntersuchungen haben wir teils auf externe Fachleute zurückgegriffen. Für Tätigkeiten wie behördliche Einreichungen oder architektonische Gestaltungen kooperieren wir mit einem Architekturbüro. Ziviltechniker werden etwa für statische Berechnungen zur Bestimmung und Dimensionierung der Dübel für die Dämmplatten engagiert. Den Rest erledigen wir im Haus. Wir setzen dazu auf unsere zertifizierten Energieausweisrechner, d.h. auf jene Mitarbeiter, die eine Ausbildung zum Erstellen von Energieausweisen haben.«
Nach der Statuserhebung folgte die öffentliche Ausschreibung über das Amtsblatt der Wiener Zeitung, die Prüfung des Vergabevorschlags durch Sachverständige, die Freigabe durch den wohnfonds wien gefolgt von der Auftragsvergabe. »Wir stellen immer wieder fest: Speziell bei Baumeisterarbeiten dieser Größe ist die Bieteranzahl gut. Beim Projekt Wehlistraße haben im Bestbieterverfahren acht Bewerber ein Angebot gelegt«, erinnert sich Nutz. Nach einigen finanziellen Schritten begannen die Modernisierungsarbeiten.
Finanz-Steps
Ein wesentlicher Aspekt bei jeder Sanierung sind natürlich die zu erwartenden Kosten. »Die Höhe der reinen Baukosten der Gesamtsanierung liegt bei 4,3 Millionen Euro«, informiert Nutz. Der wohnfonds wien übernimmt 30 Prozent der förderbaren Maßnahmen. Aufgrund der Projektgröße und der damit verbundenen Projektdauer waren die Voraussetzungen für eine Kombination mit einer Bundesförderung nicht gegeben. »Die laufenden Einnahmen für das Instandhaltungskonto sowie die Thewosan-Fördergelder des wohnfonds wien waren nicht ausreichend für die Finanzierung. Daher musste der monatliche Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag für ältere Mietverträge im Ausmaß des 1,27-Fachen des derzeit gesetzlichen EVB angehoben werden. Die Schlichtungsstelle der MA50 hat diesen über der gesetzlichen Höchstgrenze liegenden Betrag genehmigt. Mietverträge, die erst nach 1990 abgeschlossen wurden, bleiben aufgrund des bereits bestehenden höheren EVB konstant«, so Nutz. Nach Vorliegen der Endabrechnung wird auf Basis der abgerechneten Summen und Förderungen der tatsächliche Erhöhungsbetrag für die Restlaufzeit von 15 Jahren festgesetzt.
Sanierungs-Steps
Die Dämmarbeiten sind zentraler Teil der Generalsanierung. Neben Holz-Alu-Wärmeschutzfenstern und dem Einbau von Heizkörper-Thermostatventilen sowie außenliegenden RaffStore-Systemen als Sonnenschutz sollen 15.000 m² Dämmstoff für mehr Lebensqualität sorgen. Sozialbau greift dabei auf Polystyrol zurück. Hannes Nutz: »Wir mussten eine wirtschaftliche Lösung finden, die Investitionen müssen sich in einer gewissen Zeit amortisieren. Gleichzeitig ist es unser ambitioniertes Ziel, den Niedrigenergiestandard möglichst zu erreichen. Das ist bei einem Bestandsgebäude aus den 70er-Jahren ein hohes Ziel. Mit Polystyrol gibt es sehr gute Erfahrungen.« Daher werden allein an den Fassaden 12.000 m² dieses Materials angebracht. Sozialbau vertraut hier Sto, dem Technologieführer im Bereich Fassadendämmung. »Die Kärntner verkaufen nicht nur ihr Dämmmaterial, sie bieten auch technischen Support«, weiß Nutz zu schätzen. Verwendet wird die Sto-Dämmplatte Top 31. Als Stärke wurden 10 cm gewählt, da danach aus brandschutztechnischen Gründen zusätzliche Maßnahmen notwendig werden, etwa Brandschutzriegel. Die Loggienunterseiten werden mit 4 cm starken Sto Steinwolle-Dämmplatten versehen, die Garagengeschoße mit der 3 cm starken Sto Sockelplatte PS 30 SE. Die Geschoßdecke fungiert als eigener Brandabschnitt. Daher wird sie mit 22 cm starken Steinwolldämmplatten versehen. Die Schlussbeschichtung soll ein Silikonharzputz werden. Dazu Alexandra Bauer von »die umweltberatung«: »Die Investition in eine Außenwanddämmung wie z.B. in ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) lohnt sich vor allem dann, wenn die Fassade ohnehin renoviert werden soll. Das Gerüst muss in jedem Fall errichtet werden. Der finanzielle Mehraufwand für eine Wärmedämmung ist bei gekoppelten Maßnahmen überschaubar und amortisiert sich relativ rasch.«
Info (Bild): Sto-Top31 ist eine Wärmedämmplatte aus expandiertem Polystyrol-Hartschaum nach ÖNORM EN 13163 für den Außenbereich. Durch hochwirksame Infrarotreflektoren wird der Durchgang der Wärmestrahlung stark reduziert. Üblicherweise wird die Verklebung als Randwulst-Punkt-Methode ausgeführt. Dabei werden eine ca. 5 cm starke umlaufende Randwulst sowie drei ca. 15 cm große, mittig positionierte Klebepunkte auf die Dämmplatte aufgetragen.
Bei einer thermischen Sanierung muss das Gebäude als Gesamtes betrachtet werden – Außenwände, Dach, Keller, Fenster und Heizsystem. Einzelmaßnahmen bringen nur begrenzt Energieeinsparungen. Sie sind daher in der Regel nicht förderbar. Die Ausnahme bilden Schall- und Wärmeschutzfenster. (Quelle: »die umweltberatung«).
Glossar: Thewosan
Thewosan ist ein Förderprogramm der Stadt Wien, abgewickelt über den wohnfonds wien, für die thermisch-energetische Sanierung des mehrgeschoßigen Bestands. Die Baugenehmigung muss älter als 20 Jahre sein. Gefördert wird die Dämmung der Außenbauteile, die Erneuerung von Fenstern und Außentüren, Maßnahmen zur Beseitigung von Wärmebrücken und zur Erhöhung passiv-solarer Wärmegewinne. »Entscheidend ist der Gesamtenergiebedarf. Es gilt, das Objekt möglichst nah an den Niedrigenergiegebäudestandard zu führen«, berichtet Martin Grabler vom wohnfonds wien.