Fassaden werden heute sehr vom Energieaspekt beeinflusst. Nach wie vor ist aber die Schutzfunktion ihre wichtigste Eigenschaft. Über Materialien, Konstruktion und neue Trends hat der Bau&Immobilien Report mit Fassadenverbänden gesprochen.
Von Karin Legat
Sie wird auch façade oder facciata genannt, die Fassade, der gestaltete, oft repräsentative Teil der sichtbaren Gebäudehülle. Neben Witterungs-, Schallschutz und Wandverkleidung obliegt ihr die Wärmedämmfunktion. Dazu Manfred Enz, Geschäftsführer der Fassadenwelt Bau: »Heute ist Energieeffizienz der zentrale Aspekt bei einer Gebäudefassade.« Das bestätigt auch Thomas Fröschl, Vertriebsleiter bei Rockwool. »Sie bildet das gestalterische Element und ist Spielwiese für jeden Architekten. Wesentlich ist aber ihre thermische Funktion.« Gesprochen wird laut Manfred Enz meist leider nur von der Heizersparnis. »Die Fassade isoliert gegen Wärmeverlust. Dabei beeinflusst die Wärmedämmung gerade im Sommer wesentlich das Klima im Rauminneren.« Im Businessbereich kommt die gestalterische Funktion stark zum Tragen. Medienfassaden sind Gebäudehüllen mit LED-Systemen, die wechselnde Muster oder Filmsequenzen einspielen. Damit werden Fassaden lebendig. Oft wird auch Gebäudetechnik in die Fassade integriert. Die Hauptfunktion der Fassade bleibt aber der Schutz gegen Regen und Spritzwasser und die Leitung von Feuchtigkeit aus dem Rauminneren nach außen.
Putz & VHF
Einen Überblick über die verschiedenen Fassadenkonstruktionen gibt Walter Krall, Geschäftsführer von WK Fassaden Bau. »Im Wohnbau herrschen Putzfassaden vor, fast immer in Verbindung mit Wärmedämmverbundsystemen. In der Businessszene dominieren vorgehängte hinterlüftete Lösungen, VHF, und Paneelfassaden.« Laut Simon Rümmele, planender Baumeister und Vorstandsmitglied des österreichischen Fachverbands für hinterlüftete Fassaden, feiert die VHF-Technologie auch im Wohnhausbereich erste Erfolge. »Bereits ein Viertel der Genossenschaften entscheidet sich für hinterlüftete Lösungen. Es könnte natürlich mehr sein«, lacht er. Welche Fassadenlösung nun die bessere ist, kann nicht so einfach entschieden werden. Oft ist es eine Frage des Geschmacks. Hier kommt Baumit ins Spiel. »Der Außenputz muss längst nicht mehr in den üblichen Weißabstufungen erscheinen. Unsere Farbpalette umfasst mehr als 800 Farbtöne, was selbst ausgefallene Farbkonzepte erlaubt«, betont Georg Bursik, Geschäftsführer von Baumit Wopfinger. Zum Preis: Hinterlüftete Fassaden und Paneelfassaden sind durch ihre Mehrschichtkonstruktion etwas teuer, dafür gelten sie größtenteils als wartungsfrei. Putzfassaden müssen dagegen gewartet werden, um ihre Lebensdauer – 80 bis 90 Jahren bei mineralischen Fassaden, 35 bis 40 Jahren bei WDVS – zu erreichen. Neben der regelmäßigen Reinigung und dem Schutz vor Algen und Pilzen müssen längstens nach zehn Jahren die An- und Abschlüsse geprüft werden. Alle zehn bis 15 Jahre empfiehlt es sich, sie zu überstreichen.
Fassadenkonstruktion
Bei der VHF ist die bewitterte Außenschicht mit einem gewissen Abstand zum Dämmstoff montiert. Am Sockel und an der Traufe befinden sich Lüftungsöffnungen, sodass die Luft zirkulieren kann. Das hat den Vorteil, dass die Außenwände diffusionsfähig sind und Feuchtigkeit von innen nach außen optimal abtransportiert werden kann. Gerade in der heutigen Zeit, in der Gebäude nach ihrer Errichtung nicht ausreichend austrocknen können, sondern so rasch als möglich bezogen werden, hat dieser Aspekt große Bedeutung. Auch Paneelfassaden überzeugen laut Martin Weinelt, Bereichsleiter bei Dywidag, durch ihren hohen Vorfertigungsgrad. Sie sind nach demselben System wie VHF aufgebaut, jedoch ohne Lüftungsöffnungen. Die Wärmedämmung ist in das Paneel integriert. »Der Dämmkern besteht zumeist aus Polyurethan-Hartschaum und weist bereits bei einer Stärke von 80 mm einen U-Wert von 0,27 W/m2K auf«, informiert Paul Neuburger, Geschäftsführer des NeuBauBüros. Paneelfassaden finden v.a. Anwendung im Gewerbe- und Industriebau.« Die Materialvielfalt ist bei der VHF und der Paneelfassade beträchtlich, beginnt bei Aluminium-Verbundplatten, geht über Glas und Holz und reicht bis zu Hochdrucklaminaten, Kunststoff und Natursteinen. Im Gegensatz dazu ist die Materialvielfalt bei Putzfassaden eingeschränkt bzw mit mehr Aufwand verbunden. »Man kann nicht einfach Putz auf Holz auftragen. Benötigt wird ein Putzträger auf der Holzschicht. Dieser muss verklebt bzw. mechanisch befestigt werden. Erst anschließend kann der Putz aufgetragen werden«, so Christian Lautner, Vorstand der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft Putz (ÖAP) und gerichtlich beeideter Sachverständiger. »Bei Putzfassaden ist die Planung besonders wichtig. Wir bauen heute viel dichter. Damit steigt der Anspruch an die Verarbeitung.« Wenn kein Architekt oder Planer im Spiel ist, obliegt dem ausführenden Fassadenunternehmen diese Verantwortung. Es muss z.B. entscheiden, für welche Windgeschwindigkeiten die Fassade ausgelegt sein muss. »Früher waren mineralische Fassaden Standard, heute wird immer mehr auf Kunststoff zurückgegriffen«, berichtet Manfred Enz aus seiner täglichen Arbeit. Alles gehe in Richtung Kunstharz-, Silikonharz- und Silikatputz. Lautner verweist auf den Fokus der ÖAP: »Unser Hauptaugenmerk gehört den Schwerputzsystemen wie Kalkzement- und Kalkputzen. Wir kooperieren aber auch sehr eng mit der Qualitätsgruppe WDVS und der Güteschutzgemeinschaft WDVS-Fachbetriebe. Das ist für viele Verarbeiter sehr wichtig, denn sie beschäftigen sich sowohl mit Schwerputzsystemen als auch mit Wärmedämmverbundsystemen.«
Fassadentrends
Für Christian Lautner ist die Fassadengeschichte längst noch nicht abgeschlossen. »Die Tendenz geht heute wieder vermehrt zu Schwerputzsystemen. Gerade im oberösterreichischen Raum sehen wir diesen massiven Trend.« Auf einen 50er-Ziegel wird Schwerputz aufgetragen, eine zusätzliche Dämmung entfällt. Ziegel und Mauerwerk weisen ausreichend niedrige U-Werte auf. Das ist aber nur bei hochwärmedämmenden Wandbildnern umzusetzen, also etwa bei 50er-Ziegeln und bei Mantelbeton. Änderungen sind auch in der Farbauswahl erkennbar. Immer öfter setzen Architekten auf dunkle Fassadenfarben. Im Trend der Zeit liegt Anthrazit. »Bei Architekturgebäuden sieht man heute vielfach dunkle Fassadenflächen mit hellem Touch oder Fassaden, die sich durch dunkle und helle Flächen teilen«, zeigt er auf. Bei Putzfassaden bedingt dies besondere Planung. Je dunkler die Fassade, desto größer ist die thermische Beanspruchung. Die VHF kann Temperaturspitzen an der Oberflächenverkleidung besser ausgleichen, da die eingetragene Wärme über den Hinterlüftungsquerschnitt abgeführt wird. Im mehrgeschoßigen Wohnbau kommt der Trend zur dunklen Fassadenfarbe weniger oft vor. »Hier versucht man, v.a. in Wien, bei gedeckten Farben zu bleiben. Weiß wird z.B. mit Ocker gemischt«, informiert der ÖAP-Vorstand. Fassadenhersteller sprechen auch den wachsenden Wunsch der Architekten nach immer feineren Kornmischungen an. »Es gibt eine Mindestkörnung von 1,5 Millimeter. Für Lösungen darunter muss ein feiner 0,5 Millimeter Füllputz aufgetragen werden. Damit werden aber leichter Strukturunterschiede erkennbar, diese werden oft als Mangel gesehen. Das sind sie aber nicht«, erklärt er und verweist auf entsprechende Richtlinien der ÖAP. Bei Materialien im Bereich Putzfassaden sieht Lautner den Trend zu Kalkputzen. »Kalkzementputze werden mit einem Leichtzuschlag versehen.« Auf einen weiteren neuen Trend weist Rockwool hin. »Fassaden bilden eine Spielwiese für Architekten. Bei Wärmedämmverbundsystemen ist ein gewisses Erscheinungsbild vorgegeben. Aber auch hier gibt es Systeme am Markt, die z.B. Steine in die Fassade einbauen. Das ist aber noch die Ausnahme.«