Frauen in Technikberufen sind in Österreich nach wie vor eine Ausnahmeerscheinung. Nur 15 Prozent der Fachkräfte sind weiblich. In der Bau- und Immobilienbranche ist der Anteil noch etwas niedriger, wie eine Umfrage des Bau & Immobilien Report zeigt. Um das zu ändern, ist die Politik ebenso gefragt wie die Unternehmen.
Die Situation ist altbekannt: Rund 90 % der Industrieunternehmen Österreichs sehen sich laut Studien aktuell mit dem Problem konfrontiert, ihren Bedarf an Fachkräften im Bereich Produktion und Technik nicht oder nicht ausreichend decken zu können. Gleichzeitig liegt der Frauenanteil technischer Fachkräfte in Österreich bei gerade einmal 15 %. In der Bau- und Immobilienwirtschaft ist der Frauenanteil sogar noch etwas niedriger, wie eine aktuelle Umfrage des Bau & Immobilien Report unter 20 führenden Branchenvertretern ergab. Demnach finden sich in der ersten und zweiten Führungsebene 11 % Frauen, technische Angestellte sind zu 10 % weiblich und von den technischen Lehrlingen sind 14 % Frauen.
Traditionell ein ganz anders Bild liefern die kaufmännischen Abteilungen der Unternehmen, die zu 48 % mit Frauen besetzt sind und über 51 % weibliche Lehrlinge verfügen. »Der Anteil der Frauen in der Bauwirtschaft ist leider noch immer sehr gering. Das belegen auch unsere eigenen Zahlen«, sagt auch Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr AG. Selbst bei einem reinen Handelsunternehmen wie Würth sind Frauen eine absolute Minderheit. Von über 6.000 Bewerbungen im Jahr 2014 waren nur 19 % der Bewerber weiblich, im Außendienst lag der Anteil sogar nur bei 8 %.
Die Gründe dafür sind auch regional-kulturell bedingt, weiß Brigitte Ratzer, Leiterin der Abteilung Genderkompetenz an der TU Wien. »Das Phänomen, dass Frauen in typische Frauenberufe gehen und Männer in typische Männerberufe, ist speziell in der DACH-Region, in Deutschland, Österreich und der Schweiz, sehr stark ausgeprägt. Das ist in anderen Ländern weit weniger schlimm.« Die Versuche, dies zu ändern, bringen laut Ratzer noch nicht den erhofften Erfolg. Dafür seien viel weitreichendere politische Maßnahmen nötig. »Man könnte die Vergabe von öffentlichen Aufträgen an eine Frauenquote koppeln«, schlägt Ratzer vor, nimmt aber auch die Unternehmen selbst in die Pflicht. »Das ist auch eine Frage der Unternehmenskultur. Da braucht es eine umfassende Change Policy für Unternehmen, die Änderung wollen. Es geht um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Arbeitszeiten und ein Betriebsklima, das Diversität fördert.« In vielen Fällen erscheint es auch sinnvoll, die Integration von Frauen in klassische Männerdomänen bewusst zu begleiten.
»Dass sich reine Männer-Teams schwer tun, wenn plötzlich eine Frau mit an Bord ist, ist nicht ungewöhnlich und nichts Verwerfliches. Deshalb ist es wichtig, dass dieser Prozess gut gemanagt wird.« Wenn Unternehmen die Vorteile, die sich aus gemischten Teams ergeben, erkennen, sind sie in der Regel auch bereit, den Mehraufwand zu tragen. »Diversität bringt immer verschiedene Sichtweisen ins Spiel und steigert die Qualität des Produkts«, sagt Ratzer und belegt ihre Aussage mit einem Beispiel aus der Bauwirtschaft. »Früher hat auch niemand von Barrierefreiheit gesprochen, einfach weil man nicht daran gedacht hat. Und ich bin überzeugt, es gibt auch jetzt Themen, an die noch keiner denkt.« Ähnlich sieht das Porr-Chef Strauss: »Meine Erfahrung deckt sich mit den Ergebnissen zahlreicher Studien. Gemischte Teams performen besser, und zwar auf allen Hierarchieebenen.« Deshalb engagiert sich die Porr am Wiener Töchtertag oder bei der Aktion HTS4Girls, um das Interesse an der Bauwirtschaft schon im Teenageralter zu wecken. »Derzeit überlegen wir auch ein eigenes Frauenförderprogramm«, so Strauss.
Konkrete Maßnahmen
Bereits 2013 hat es sich Strabag zum Ziel gesetzt, den weltweiten Frauenanteil im Konzern Jahr für Jahr zu steigern. Um die Verbindlichkeit dieses Zieles zu unterstreichen, unterschrieb der damalige Vorstandsvorsitzende Hans Peter Haselsteiner die UN Women’s Empowerment Principles – die »Grundsätze zur Stärkung der Frauen im Unternehmen«.
Die Aktivitäten zur Erhöhung des Frauenanteils und zur Förderung von Karrieren von Frauen setzen an mehreren Stellen an. Das Personalmarketing spricht gezielt weibliche Studierende, Absolventinnen und Bewerberinnen an und verwendet in sämtlichen Texten durchgängig sowohl die weibliche als auch die männliche Form. Weiters wurde 2014 ein Leitfaden hinsichtlich Elternkarenz und Rückkehrmanagement erarbeitet, dem 2015 ein erstes Pilotprojekt folgen soll und im Rahmen des bestehenden Potenzialmanagements wird besonderes Augenmerk auf eine angemessene Repräsentation von Frauen gelegt. Das wird auch regelmäßig überprüft. Und schließlich mag die konsequente Verwendung der weiblichen Form der Strabag als »Arbeitgeberin« und »Generalunternehmerin« wie ein kleines Detail am Rande wirken, ist aber symbolisch wichtig, um zu zeigen, wie ernst dem Branchenprimus das Thema ist. Das vorläufige Ergebnis: 2014 betrug der Anteil von Frauen an der Beschäftigtenanzahl im gesamten Konzern 13,8 %. Das Konzernmanagement ist zu 8,5 % weiblich. Im fünfköpfigen Vorstand gibt es derzeit keine Frau, dafür sind zwei der elf Aufsichtsräte weiblich.
Auch die CA Immo hat es sich zum Ziel gemacht, den Frauenanteil im Unternehmen zu erhöhen. »Und zwar qualitativ, quantitativ und strukturell, in der Belegschaft insgesamt sowie auf allen Leitungs- und Führungsebenen«, erklärt CEO Bruno Ettenauer. 2014 waren von den konzernweit neu eingestellten Personen 22 weiblich, der Anteil weiblicher Arbeitskräfte stieg konzernweit von 58 auf 59 %, der Anteil weiblicher Führungskräfte hat sich von 25 % auf 26,5 % erhöht.
Eine Vorreiterrolle in Sachen Frauenförderung nimmt auch ATP architekten und ingenieure ein, was einem
Architekturbüro allerdings auch deutlich leichter fällt als einem klassischen Bauunternehmen. Denn knapp mehr als die Hälfte der Architekturstudierenden ist weiblich. Dennoch ist es bemerkenswert, dass ATP bereits 2012 eine Frauen-Taskforce eingerichtet hat, um »notwendige Schritte zur Verbesserung des Gleichgewichts zwischen Beruf, Familie und Freizeit zu setzen«. Dazu zählte vor allem das Identifizieren von Hindernissen für weibliche Karrieren bei ATP und das Schaffen von Möglichkeiten zur Prozess- oder organisatorischen Veränderung. Ziel ist es, nicht nur den bestehenden Frauenanteil in Administration und dem Bereich Architektur zu fördern, sondern auch den traditionell sehr geringen Frauenanteil in den technischen Sparten auf etwa ein Viertel der Belegschaft zu erhöhen, insbesondere in den Führungspositionen.
Schwierig ist es auch, weibliche Lehrlinge für technische Berufe zu finden. Eine der wenigen ist Kathrin Fürnschuss,
die im zweiten Lehrjahr bei Baumit Wopfinger in der Instandhaltung arbeitet. Sie ist laut Lehrlingsbeauftragten Karl Postl eine absolute Bereicherung für das gesamte Team. Auch ihre Ausbildnerin ist weiblich. Gabriele Taschek ist seit 36 Jahren bei Baumit Wopfinger und war damals der erste weibliche Lehrling im Technikbereich.
Glossar: Leaky Pipeline
Ein Erklärungsmodell für den Frauenmangel in technischen Berufen ist das »Leaky Pipeline«-Konzept. Diese Metapher einer Rohrleitung beschreibt die potenziellen Leaks in der Biografie von Frauen, an denen Frauen die technische Berufslaufbahn verlassen. Das beginnt bei der fehlenden frühkindlichen Förderung des technischen Interesses von Mädchen und reicht über die Abwesenheit von entsprechenden Vorbildern und das fehlende aktive Anwerben von weiblichen Lehrlingen und Studierenden bis hin zum für viele abschreckenden Minderheitenstatus von Frauen in technischen Berufen.
Der Bau & Immobilien Report hat 20 führende Vertreter der heimischen Bau- und Immobilienbranche nach dem Frauenanteil in ihrem Österreichgeschäft befragt. Zählt man die Angaben aller Unternehmen zusammen, ergibt sich folgendes Bild:
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
691 |
76 |
11 % |
Kaufmännischer Bereich |
4050 |
1950 |
48 % |
Technischer Bereich |
6806 |
669 |
10 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
35 |
18 |
51 % |
Lehrlinge (technisch) |
73 |
10 |
14 % |
Einzelne Unternehmen:
ATP architekten ingenieure
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
|
1. & 2. Führungsebene |
20 |
1 |
5 % |
Kaufmännischer Bereich |
56 |
26 |
46,43 % |
Technischer Bereich |
503 |
156 |
31,01 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
10 |
4 |
40 % |
Baumit Wopfinger
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
23 |
3 |
13,04% |
Kaufmännischer Bereich |
178 |
59 |
33,15% |
Technischer Bereich |
355 |
30 |
8,45% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
14 |
1 |
7,14% |
CA Immo
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
19 |
5 |
26,30% |
MitarbeiterInnen |
64 |
36 |
56,20% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Doka
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
23 |
2 |
8,7 % |
Kaufmännischer Bereich |
376 |
174 |
46,28 % |
Technischer Bereich |
178 |
18 |
10,11 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
8 |
2 |
25 % |
Lehrlinge (technisch) |
11 |
2 |
18,18 % |
Fischer
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
8 |
2 |
25 % |
Kaufmännischer Bereich |
12 |
7 |
58 % |
Technischer Bereich |
8 |
1 |
12,50 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Kirchdorfer Gruppe
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
37 |
1 |
2,70% |
Kaufmännischer Bereich |
56 |
39 |
69,64% |
Technischer Bereich |
170 |
30 |
17,65% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
1 |
1 |
100,00% |
Lehrlinge (technisch) |
9 |
2 |
22,22% |
Knauf
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
2 |
1 |
50 % |
Kaufmännischer Bereich |
91 |
31 |
34 % |
Technischer Bereich |
100 |
3 |
3 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
5 |
4 |
80 % |
Lehrlinge (technisch) |
3 |
0 |
0 % |
Lahofer Baumeister
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
3 |
1 |
33 % |
Kaufmännischer Bereich |
11 |
6 |
54,55 % |
Technischer Bereich |
9 |
3 |
33 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
3 |
0 |
0 % |
Mapei
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
12 |
3 |
25,00% |
Kaufmännischer Bereich |
18 |
11 |
61,11% |
Technischer Bereich |
15 |
2 |
13,33% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Oberndorfer
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
29 |
5 |
17,24 % |
Kaufmännischer Bereich |
100 |
41 |
41 % |
Technischer Bereich |
84 |
5 |
5,95 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
1 |
0 |
0 % |
Lehrlinge (technisch) |
3 |
0 |
0 % |
Peri
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
k.A. |
k.A. |
30 % |
Kaufmännischer Bereich |
k.A. |
k.A. |
70 % |
Technischer Bereich |
k.A. |
k.A. |
20 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
k.A. |
k.A. |
100 % |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Porr
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
99 |
5 |
5,05 % |
Kaufmännischer Bereich |
901 |
590 |
65,48 % |
Technischer Bereich |
2000 |
158 |
7.9 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
10 |
7 |
70 % |
Lehrlinge (technisch) |
4 |
0 |
0 % |
Saint Gobain in Österreich
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
70 |
15 |
21,43 % |
Kaufmännischer Bereich |
253 |
123 |
48,62 % |
Technischer Bereich |
592 |
40 |
6,76 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
3 |
1 |
33,33 % |
Lehrlinge (technisch) |
7 |
0 |
0 % |
S Immo
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
2 |
0 |
0 % |
Kaufmännischer Bereich |
32 |
15 |
47 % |
Technischer Bereich |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Steinbacher Dämmstoffe
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
3 |
1 |
33 % |
Kaufmännischer Bereich |
68 |
22 |
32,4 % |
Technischer Bereich |
217 |
28 |
12,9 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
7 |
1 |
14,3 % |
Strabag
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
240 |
12 |
5 % |
Kaufmännischer Bereich |
983 |
580 |
59 % |
Technischer Bereich |
2328 |
163 |
3 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
5 |
3 |
60 % |
Lehrlinge (technisch) |
300 |
3 |
1 % |
Waagner Biro
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
19 |
3 |
15,79% |
Kaufmännischer Bereich |
46 |
12 |
26,07% |
Technischer Bereich |
169 |
13 |
7,69% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Wienerberger Ziegelindustrie
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
12 |
3 |
25,00% |
Kaufmännischer Bereich |
7 |
5 |
71,43% |
Technischer Bereich |
11 |
2 |
18,18% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
0 |
0 |
- |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |
Wisag
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
28 |
7 |
25 % |
Kaufmännischer Bereich |
20 |
10 |
50 % |
Technischer Bereich |
43 |
13 |
30,23 % |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
1 |
0 |
0,00% |
Lehrlinge (technisch) |
- |
0 |
- |
Würth
|
Gesamt |
Davon Frauen |
Frauenanteil |
1. & 2. Führungsebene |
28 |
4 |
14,29 % |
Kaufmännischer Bereich |
779 |
163 |
20.92% |
Technischer Bereich |
16 |
4 |
25,00% |
Lehrlinge (kaufmännisch) |
1 |
0 |
0% |
Lehrlinge (technisch) |
0 |
0 |
- |