Mittwoch, Februar 05, 2025

Braucht es dafür wirklich Ziviltechniker und gerichtlich beeidete Sachverständige?

Im Zuge der Novelle der Wiener Bauordnung wird auch das Bauwerksbuch zur Überwachung des Bauzustandes eingeführt. Während die Maßnahme an sich begrüßt wird, gehen die Meinungen dahingehend auseinander, wer dieses Bauwerksbuch führen soll. Dass nur Ziviltechniker und gerichtlich beeidete Sachverständige zum Zug kommen sollen, wird etwa in der Wiener Landesinnung Bau kritisch gesehen. Der Report hat Daniel Gutmann und Rainer Pawlick zum verbalen Schlagabtausch gebeten.

PRO: Komplexität darf nicht unterschätzt werden

Daniel Gutmann, Architekt

Nicht selten beginnt ein Projekt mit der Suche nach Unterlagen. Ist der Aufbau eines Gründerzeithauses noch ohne Planungsunterlagen zu verstehen, so ist das bei modernen Gebäuden mit mehrschichtigen Bauteilaufbauten und einem hohen Anteil an Technik kaum mehr der Fall. Eine genaue und nachvollziehbare Dokumentation eines Gebäudes und sämtlicher Umbauten ist deshalb heutzutage absolut sinnvoll und notwendig. Praktisch alle Bauteile sowie die Haustechnik bedürfen in gewissen Intervallen einer Wartung. Was bei Brücken oder in gewerblichen Betriebsanlagen längst Alltag ist, ist auch für andere Gebäude sinnvoll: eine übersichtliche Aufstellung der notwendigen Wartungsintervalle. Die Erstellung und Führung des Bauwerksbuches muss jemandem übertragen werden, der auf Grund seiner Qualifikation und Erfahrung in der Lage ist, die Fülle an Unterlagen aus Plänen, Unterlagen der Statik, der Bauphysik und der Haustechnik sowie Dokumente verschiedenster Behörden zu verstehen und zu beurteilen. Für die Fertigstellungsanzeige ist dies per Gesetz ein Ziviltechniker. Ziviltechniker sind »Personen öffentlichen Glaubens« und dürfen ähnlich wie Behörden Urkunden ausstellen. Das ist in diesem Fall sinnvoll, da es auch um öffentliches Interesse geht. Gleiches gilt beim Bauwerksbuch, es dient nicht nur privaten Interessen, sondern auch der Sicherheit der Öffentlichkeit. Ziviltechniker sind per Gesetz ermächtigt »zu überwachen, prüfen,… « genau das ist der Sinn des Bauwerksbuches. Geht es um die Behebung von entdeckten baulichen Mängeln, wird dies selbstverständlich von gewerblich tätigen ausführenden Firmen gemacht, wie zum Beispiel einem Baumeister.

CONTRA: Diskriminierung der Baumeister

Rainer Pawlick, Wiener Landesinnungsmeister Bau

Um ein Bauwerk zu erhalten und dessen Wert zu sichern, müssen notwendige Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig durchgeführt werden. Nur so können eine lange Lebensdauer und Nutzungszufriedenheit gewährleistet werden. Diesem Zweck dient auch das neue Bauwerksbuch. Darin sind die regelmäßig zu prüfenden Bauteile, der Zeitpunkt der erstmaligen Überprüfung sowie die Überprüfungsintervalle festzuhalten. Damit können notwendige Sanierungsmaßnahmen rechtzeitig durchgeführt werden. Aus diesen Gründen ist die Einführung des Bauwerksbuches zu begrüßen. Unlogisch ist jedoch, dass die Erstellung des Bauwerksbuches Ziviltechnikern und beeideten Sachverständigen vorbehalten wird, Baumeister aber ausgeschlossen werden. Wer als Baumeister tätig sein will, muss die wahrscheinlich schwierigste Prüfung im Bereich der Bautechnik ablegen und zusätzlich qualifizierte Praxiszeiten, d.h. als Bauleiter oder Polier, nachweisen. Der Baumeister darf ein Bauwerk nicht nur planen und den Bau leiten, sondern auch bauen und sanieren. Aufgrund seiner Ausbildung und seines hohen Praxisbezugs ist auch der Baumeister in der Lage, das Bauwerksbuch zu erstellen. Mehr Konkurrenz wirkt sich für den Konsumenten günstig auf den Preis aus. Ich fordere deshalb, die Ausstellung des Bauwerksbuches allen bundesgesetzlich dazu Befugten, also auch dem Baumeister, zugänglich zu machen.

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