Frage 1: Die Baubranche geht mit der Politik derzeit hart ins Gericht. Es wird heftig kritisiert, dass die im letzten Sommer zugesagten Millionen aus dem Baukonjunkturpaket immer noch nicht bauwirksam sind. Andererseits haben Maßnahmen wie der Sanierungsscheck Ihrer Branche gute Dienste erwiesen. Wie bewerten Sie die Performance der Regierung? Wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Frage 2: Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für Ihre Branche?
Frage 3: Mit welchen Innovationen ist mittelfristig zu rechnen?
Peter Schmid, Geschäftsführer Austrotherm
1. Jeder weiß, dass der Motor der Wirtschaft der Bau ist. Es wurde mehrmals bewiesen, dass diesbezügliche Förderungen nicht nur Schwarzarbeit eindämmen und Arbeitsplätze schaffen bzw. erhalten, sondern dass durch das zusätzliche Steueraufkommen der Staat mehr einnimmt, als er ausgibt. Durch thermische Sanierung werden unnötige CO2-Emissionen eingespart. Mir hat bis heute kein Politiker erklären können, warum es besser ist, Milliarden Euro Strafzahlungen wegen dem Verfehlen des CO2-Zieles zu zahlen, statt sie in die Wirtschaft zu investieren und Arbeitslosigkeit zu reduzieren.
2. Eine große Herausforderung ist es, das in Österreich positive Image von Wärmedämmung zu erhalten. Die Medien sollen nicht selbsternannten Experten auf den Leim gehen und einfach falsche Berichte kopieren. Die Entwicklung in der Ukraine zeigt uns ein weiteres Mal die Wichtigkeit von Energieunabhängigkeit, welche durch gute Dämmung forciert wird. Die beste Energie ist die, die nicht verbraucht wird. Gegen Gaslieferschwierigkeiten aus Russland sind wir am besten durch hohe Energieeffizienz geschützt!
3. Wir haben im Vorjahr mit Austrotherm Resolution einen Hochleistungsdämmstoff auf den Markt gebracht, der um über 40 % besser dämmt als herkömmliche Dämmstoffe und damit bestens für Anwendungen geeignet ist, wo wenig Platz vorhanden ist. Weiters haben wir heuer unsere XPS-Produktpalette erweitert. Erwähnenswert ist das neue Austrotherm XPS Premium mit einem Lambdawert ab 0,027 W/(mK).
Roland Hebbel, Geschäftsführer Steinbacher
1. Der Regierung liegt ein durchdachter Maßnahmenkatalog zur Belebung der Baukonjunktur vor – jetzt sind Taten gefordert! Es geht darum, die einzelnen Maßnahmen zu realisieren, aber nicht halbherzig, sondern in vollem Umfang. Nehmen wir beispielsweise den Handwerkerbonus, der zunächst auf der Kippe stand, dann doch eingeführt wurde – jedoch um die Hälfte reduziert! Nun wäre es notwendig, den bürokratischen Aufwand ebenfalls zu reduzieren, denn für 3.000 Euro tut sich keiner diese Arbeit an. Weiters muss im Förderbudget 2015/16 seniorengerechtes Sanieren – zusätzlich zur thermischen Sanierung für Private und Gewerbe – mit 20.000 Euro Umbaukosten pro Kopf berücksichtigt werden. Der Staat profitiert ohnehin am meisten selbst von den Förderungen: Bei 100 Mio. Förderung wird eine Investition von ca. 650 bis 850 Mio. ausgelöst – davon gehen ca. 400 Mio. durch Dienstgeberbeitrag, Lohnsteuer, Mehrwertsteuer etc. wieder an den Staat zurück. Der Rest beflügelt die Bauwirtschaft.
2. Laut Prognosen sollte es in diesem Jahr bergauf gehen – das Konjunkturtief scheint überwunden. Dennoch haben die anhaltende Sparpolitik der letzten Jahre und die allgemeine Wirtschaftskrise ihre Spuren hinterlassen. Die größten Herausforderungen werden sein, sich wieder auf eine faire Preispolitik zu einigen, maximal effiziente Dämmstoffe zu entwickeln, weitere Überkapazitäten zu vermeiden und nicht zuletzt die aktuell positive Aufbruchstimmung beizubehalten. Dann steht einem kleinem Wachstum nichts im Wege.
3. Generell lautet der Anspruch, Dämmstoffe effizienter zu machen und bei reduzierten Dicken noch höhere Leistungswerte zu erreichen. Bei all unseren Produktentwicklungen haben wir immer den Kunden im Blick, dem wir sowohl in der Verarbeitung als auch in der Handhabbarkeit der Dämmstoffe entgegenkommen und ihm noch einfachere Prozesse bieten möchten. Dadurch werden sich auch mittelfristig unsere Neuheiten auszeichnen.
Georg Bursik, Geschäftsführer Baumit Wopfinger
1. Sinn und Zweck des Sanierschecks ist ja primär, den CO2-Ausstoß, welcher zu einem Drittel aus dem Bereich Haushalt kommt, zu reduzieren, um somit die Kyoto-Ziele zu erreichen. Denn bevor wir nach Brüssel Strafzahlungen überweisen, ist es doch sinnvoller, dass mit Instrumenten wie mit einem Sanierscheck Geld in Energieeinsparung investiert wird. Abgesehen davon ist der Sanierscheck ein adäquates und sinnvolles Mittel zur Arbeitsplatzsicherung und auch -beschaffung. Ein Punkt, bei dem ich absoluten Handlungsbedarf bei der Regierung orte, ist das Thema Technologiefreiheit. Ich halte nichts davon, wenn die Politik sich nur auf die Forcierung von Holz als Baustoff beschränkt. Der Konsument soll frei entscheiden können, mit welchem Baustoff er bauen will. Eine absolute Frechheit finde ich es, dass die Politiker vor der Wahl dezidiert versprochen haben, die aus dem Verkauf der Telekomlizenzen lukrierten 676 Millionen Euro in den Wohnbau zu investieren. Jetzt – nach der Wahl – will die Regierung das Geld plötzlich nur freigeben, wenn die Länder auch etwas beisteuern. Das ist ein absoluter Schildbürgerstreich.
2. Ich sehe die größte Herausforderung darin, die Gesetzesvielfalt im Baubereich einzuschränken und EU-weite Normen zu reduzieren. Meiner Meinung nach ist es seitens der EU der komplett falsche Weg, immer strengere Bauvorschriften zu erlassen. Die Überlegung der europäischen Gemeinschaft sollte viel mehr in Richtung leistbares Wohnen gehen. Die Politik darf einfach nicht beeinflussen, welche Baustoffe zum Bauen verwendet werden oder wie viel Technik ein Haus haben muss. Die Menschen müssen selbst entscheiden dürfen, ob sie beispielsweise eine kontrollierte Wohnraumlüftung haben wollen oder nicht.
3. Die Themen optimierte Wärmedämmung oder Multifunktionsfassade sind sicherlich Bereiche, die uns in der Forschung und Entwicklung in den kommenden Jahren weiterhin begleiten werden. Was wir hier konkret entwickeln, können wir jedoch im Vorhinein noch nicht verraten. Baumit strebt permanent nach sinnvollen Innovation – lassen Sie sich überraschen!
Walter Wiedenbauer, Geschäftsführer Sto
1.Der Sanierungscheck ist eine durch und durch positive Maßnahme, die ich sehr begrüße. Die Gelder aus der Wohnbauförderung müssen von den Ländern eingefordert und zweckgebunden eingesetzt werden. Wenn die Regierung es schafft, dieses Maßnahmenpaket effizient umzusetzen, kann man ihr nur ein gutes Zeugnis ausstellen.
2. Der viel zitierte Fachkräftemangel ist auch für uns ein großes Thema. Gut ausgebildete Facharbeiter sind sehr schwer zu finden. Und nur mit den besten Leuten können wir die hohe Verarbeitungsqualität unserer Wärmedämm-Verbundsysteme sicherstellen. Eine andere Herausforderung ist das Billigstbieterprinzip. Viele Auftraggeber, Bauherren usw. suchen sich ihre Dienstleister und Partner nur nach dem Preis aus. Das ist keine besonders gute Entscheidung, denn man muss das große Ganze sehen. Durch Qualität bei den Produkten, durch ihre Langlebigkeit und durch leichtere, schnellere Verarbeitung holt man einen etwas höheren Preis schnell wieder herein. Ein Umdenken ist da gefragt.
3. Sto setzt derzeit einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Immer mehr unserer Kunden fragen gezielt nach nachhaltigen Bauprodukten. Wir haben da bereits eine ganze Palette an klimaschonenden Farben, Dämmstoffen, Fassadensystemen und anderen Lösungen entwickelt. Zum Beispiel haben wir die biozidfreie Fassade im Programm, die natürlichen Schutz gegen Algen und Pilze bietet, oder Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen. Interessant ist hier auch unser Angebot an CO2-neutralen Produkten. Wir fördern gezielt den Humusaufbau in der Ökoregion Kaindorf, was einige unserer Produkte zertifiziert klimaneutral macht. Ein wichtiges Thema für die Zukunft!
Franz Böhs, Geschäftsführer Rockwool
1. Leider können oder wollen nicht alle Bundesländer die Kriterien für die von der Regierung zur Verfügung gestellten 276 Mio Euro erfüllen. Dieses Problem muss jetzt vorrangig von der Regierung gemeinsam mit den Ländern gelöst werden, um die erforderlichen Baukonjunkturimpulse zu erwirken. Der Sanierungsscheck war und ist eine Erfolgsstory, jedoch ist er bei weitem nicht ausreichend für die Klimazielerreichung.Durch die erheblichen negativen Abweichungen gegenüber der Zielerreichungsplanung haben wir wertvolle Jahre nicht ausreichend genützt und es werden Strafzahlungen in Millionenhöhe fällig. Diese Strafzahlungen sind in unserer aktuellen Konjunktursituation extrem kontraproduktiv.
Es müssten dringend effiziente Korrekturmaßnahmen für die thermische Verbesserung des Gebäudebestands umgesetzt werden. Gerade bei schwierigen konjunkturellen Rahmenbedingungen stärken nachhaltige Energieeffizienzmaßnahmen gleichzeitig die Beschäftigungssituation und reduzieren die Abhängigkeit von Energieimporten.
2. Derzeit werden fast 15.000 Wohnungen pro Jahr zu wenig gebaut. Trotzdem sind laut Wifo sowohl die Baubewilligungen als auch die Baubeginne rückläufig. Zur notwendigen Erhöhung der Wohnbauleistung ist auch die Zweckbindung der Wohnbauförderung ein zentrales Thema. Innovative und effiziente Wärmedämmmaßnahmen gewährleisten nicht nur niedrigste Energiekosten und höchsten Wohnkomfort in der Gebäudenutzung, sondern sind die Basis für auch zukünftig leistbares Wohnen. Neben den ausreichend dokumentierten Anforderungen für zukunftsorientierten Wärme- und Schallschutz finden wir sowohl in der Bevölkerung als auch bei Bauexperten immer stärker die Orientierung zu ausreichenden vorbeugenden Brandschutzmaßnahmen besonders im Dämmstoffsegment.
3. Die Dämmstoffbranche war schon in den letzten Jahren ganz besonders innovativ. Grundsätzlich konnten mit den entwickelten Dämmsystemen der Energieverbrauch erheblich gesenkt und der Wohnkomfort deutlich erhöht werden. Wir erwarten neben einer weiteren Verbesserung der Dämmwirkung einen höheren Fokus auf die Brandschutzeigenschaften der Dämmstoffe.
Josef Hackl, Geschäftsführer Synthesa
1.Es passiert eindeutig viel zu wenig. Unbedingt notwendig wäre es, endlich die Sanierungsrate deutlich zu erhöhen. Wir haben uns als Fortsetzung des Kyoto-Protokolls wiederum zu einer Absenkung des CO2-Ausstoßes verpflichtet. Der Zukauf der CO2-Zertifikate ist ein direkter Kaufkraftverlust für die österreichische Bevölkerung und die Wirtschaft. Ich kann die zugrundeliegende Denkweise nicht verstehen, auf der einen Seite vollmundige und teure international bindende Versprechen abzugeben, um dann nicht die notwendigen Maßnahmen zu tätigen. Zudem wurde das Bauen in den letzten Jahren durch viele Vorschriften unnötig verteuert. Förderungen sind oftmals recht komplex gestaltet und verlieren damit an Steuerungswirkung. Dazu ist es notwendig, dass ein Bauherr weiß, wie viel er für welche Maßnahme bekommt.
2. Der Preisdruck in unserer Branche ist sehr hoch. Unterschiede in den Angeboten werden den Kunden oft nicht erklärt. Dann entscheidet mangels Wissen natürlich ausschließlich der Preis. Es geht darum, dem Endkunden die Unterschiede in den Produktqualitäten, aber auch der Verarbeitung zu erklären. Die langfristige Zufriedenheit beim Kunden ist so erheblich höher, denn das günstigste Wärmedämm-Verbundsystem ist das mit der höchsten Lebensdauer. Gerade in der Sanierung sind die Inhaber gerne bereit, zu hochwertigen Produkten zu greifen – es muss Ihnen aber selbstverständlich erklärt werden.
3. Eine Neuerung muss wohl den Nutzern einen echten Mehrwert bieten, ansonsten ist sie aus meiner Sicht keine Innovation. Was generiert für den Kunden Mehrwert – was ist ihm wichtig? Hier tun sich vor allem die Felder Lebensdauer, Wirtschaftlichkeit und Ökologie auf. Mit der Carbon-Technologie und unserer Hanfdämmung beschreiten wir genau diesen Weg. Und aus tiefster Überzeugung sage ich: Die Zukunft gehört den nachwachsenden Rohstoffen.