Sonntag, Dezember 22, 2024

Aufzüge bilden einen wesentlichen Bestandteil moderner Architektur. Der Bau & Immobilien Report hat mit führenden Herstellern über innovative Lösungen und Herausforderungen hinsichtlich Sicherheit, Komfort und Energieeffizienz gesprochen.

Von Karin Legat

Wir benützen sie täglich: Aufzüge im Wohn- und Bürobau, Rolltreppen in der U-Bahn, Fahrstege in Einkaufszentren. Österreichweit befördern über 100.000 Anlagen Tag für Tag Millionen an Menschen. Die durchschnittliche Lebensdauer liegt bei sachgemäßem Gebrauch und richtiger Wartung laut Otis bei mehr als 30 Jahren. Entscheidend ist das Nutzungsverhalten, also wie oft der Aufzug benützt wird, welche Güter transportiert werden oder ob er rein für den Personenverkehr eingesetzt wird. Aufzüge in einem »sauberen« Bürohaus haben andere Lebenszeiten als in produzierenden Betrieben, verlautet es aus der Branche.
 
Sicherheit in Theorie …

Weltweit gibt es geschätzte elf Millionen Aufzüge, vier Millionen davon befinden sich in der EU. 50 Prozent dieser Anlagen sind älter als 20 Jahre, sind also im Pensionsalter. »Viele Unfälle passieren, weil die Benutzer das Bewusstsein für die Gefahren älterer Anlagen verlieren«, warnt Günter Baca, Mitglied der Geschäftsführung bei Kone. Die Aufzuggesetze stellen sicher, dass bestehende Aufzugsanlagen an den Stand der Technik angepasst werden. »Die SNEL (Safety Norm for Existing Lifts), in Österreich ÖNORM EN 81-80, betrachtet alle realistischen Gefährdungspunkte -  das sind in Summe 74 – sowie entsprechende Abhilfemaßnahmen. Sie sind je nach Verletzungsschwere und Häufigkeit in die Risikostufen 1 bis 3 gewichtet«, informiert Hans Hauser, technischer Direktor bei Schindler Österreich. Aber nicht in jedem Bundesland besteht diese Rechtslage. Aufzuggesetze gibt es in Wien, Salzburg, Burgenland und Vorarl­berg. In Niederösterreich, Tirol und der Steiermark sind sie in Ausarbeitung. Kärnten hat lediglich Türzubauten mit einer zehnjährigen Übergangsfrist vorgeschrieben.
 
… und Praxis

Aufgrund der langen Lebenszyklen existieren verschiedene Generationen und damit Sicherheitsniveaus parallel. Oberste Priorität muss die Hebung des Sicherheitsstandards sein. »Die fehlende Fahrkorbtüre bildet die größte Gefahrenquelle«, warnt etwa Thomas Büttner, verantwortlich für die Bereiche Technik und Support bei Otis Österreich. »Hier gilt es zuerst nachzurüsten, gefolgt von Fernnotrufsystemen und Antrieben, die eine Stufenbildung zwischen Haltestellen- und Fahrkorbfußbodenniveau möglichst vermeiden.« Die Stufenbildung wird auch von Hans Hauser angesprochen, denn nur eine niveaugleiche Abstellung gewährleistet sicheres Ein- und Aussteigen, die Stolpergefahr wird reduziert, das Türüberwachungssystem verbessert. Ein technologisches Update hat für ihn noch andere Vorteile. Antriebe der neuesten Generation erhöhen Verfügbarkeit und Leistungsfähigkeit, Energieverbrauch und Verschleiß sinken, die Immobilie erfährt eine Wertsteigerung. Mit Otis e*touch hält zudem die Tablet-Kultur Einzug in Foyers und Stiegenhäuser. Die Eingabe des gewünschten Stockwerkes erfolgt per Touchscreen. Die erreichbaren Vorteile lassen sich aber erst durch eine Evaluierung der betreffenden Aufzugsanlage feststellen.
 
Grünes Aufzugsleben

Dunkler Aufzugsschacht und lebendige Ökologie – auf den ersten Blick keine gute Kombination. Bei näherer Betrachtung zeigen sich jedoch grüne Aspekte. Diese reichen vom energiesparenden Antrieb bis zum ersten Photovoltaikaufzug. Das PV-Kapitel hat Schindler mit einem Solaraufzug in Barcelona aufgeschlagen. Die benötigte Energie bezieht die Anlage von Solarmodulen am Hausdach. Schon seit Jahren bewährt ist auch das Steuerungssystem Miconic 10, das den Aufzug gemäß einer simulierten Realität verwaltet. »Passagiere werden z.B. zu dem Aufzug geleitet, der die schnellste Route mit den wenigsten Zwischenstopps zum Ziel bietet. Das reduziert den Energieverbrauch um bis zu 20 Prozent«, informiert Hauser. Asynchrone und synchrone (Permanentmagnet-)Motoren mit ACVF-Technologie bieten energieeffiziente Lösungen ebenso wie Low-Consumption-Bauteile. Auch Günter Baca unterstreicht die grüne Philosophie seines Unternehmens. »Der EcoDisc-Motor von Kone hat eine Energieeinsparung zwischen 50 und 66 Prozent beim Fahrstrom gebracht.« Entscheidend ist Smart Simplification. »Je weniger sich bewegt, umso weniger Widerstände sind zu überwinden. Unser Motor hat nur einen einzigen bewegten Teil.« Und weil der Rotor etwa elfmal weniger Umdrehungen erfährt als üblich, ist auch eine höhere Lebensdauer sichergestellt. Einsparpotenzial gibt es auch im Bereich der kontrollierten Schachtbelüftung, die im Aufzugswesen unumgänglich ist. Heiz­energie darf dabei nicht aus dem Gebäude entweichen. »Unser System HVS-EVO dichtet die Lüftungsöffnung im Aufzug ab. Spezielle Rauchmeldesysteme analysieren permanent die Luft im Schacht, die Lüftungsklappe reagiert flexibel auf spezielle Situationen wie Rauch, Stromausfall oder überhöhte Temperaturen«, beschreibt Hans Hauser. Die Innovation von Otis: Der GeN2 Switch ist ein bis zu 75 Prozent effizienterer Aufzug, der mit erneuerbarer Energie betrieben werden kann und aufgrund seiner Akkutechnologie einen zuverlässigen Betrieb gewährleistet.
 
Die Zukunft

»Wir sind noch lange nicht auf der obersten Etage angekommen. Energierückgewinnende Antriebe können in Kombination mit LED und Standby-Optionen den Energieverbrauch um mehr als 70 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Aufzügen und Fahrtreppen senken. Daran muss weiter gearbeitet werden. Nicht vergessen werden darf auf die Hybrid-Technologie«, blickt Thomas Büttner in die Zukunft.

 

>> Wiener Aufzuggesetz:

Seit März 2013 müssen alle Personenaufzüge in Wien gemäß Wiener Aufzuggesetz mit Fahrkorbtüren, Fernnotrufsystemen und Antrieben ausgestattet sein. Laut aktueller Schätzung des TÜV sind noch etwa 1.000 Aufzüge der insgesamt 40.000 Aufzugsanlagen ohne Fahrkorbtüre unterwegs. Nachgerüstet werden müssen laut KONE noch 300 Notrufsysteme, bei 1.400 Aufzügen besteht durch mangelnde Abstellgenauigkeit weiterhin ein erhöhtes Sturzrisiko. Anfangs haben laut einer Otis Studie Wissensdefizite und fehlende finanzielle Mittel die Nachrüstung verzögert. Das sollte inzwischen behoben sein. »Einigen Betreibern ist nicht bewusst, dass neben Verwaltungsstrafen erhebliche zivilrechtliche und strafrechtliche Haftungsrisiken bestehen«, warnt Baca.

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