Sonntag, Dezember 22, 2024

Wie war 2012, wie wird 2013 und was sind aktuell die größten Herausforderungen? Wenn man wissen will, wie es der heimischen Bau- und Immobilienwirtschaft wirklich geht und mit welchen Gefühlen in die Zukunft geblickt wird, fragt man am besten bei denjenigen nach, die das Ohr ganz nah an der Branche haben. Der Bau & Immobilien Report hat sich aufgemacht in die Wirtschaftskammer und den bauaffinen Innungen und Verbänden die drei entscheidenden Fragen gestellt.

Die Fragen:

1. Wie fällt Ihr Branchen-Fazit für 2012 aus?
2. Mit welchem Gefühl gehen Ihre Mitgliedsunternehmen ins Jahr 2013?
3. Wo sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen?

Wolfgang Herzer, Obmann Fachverband Güterbeförderungsgewerbe: »Brauchen flexiblere Rahmenbedingungen«

1.) Im Rahmen der Transportbranche fällt die wirtschaftliche Betrachtung 2012 durchaus gemischt aus. Aufgrund der Heterogenität der unterschiedlichen Transportsegmente lässt sich daher auch kein pauschales Fazit abgeben. Faktum ist jedoch, dass die österreichische Transportbranche sowohl im sogenannten »Nah-« als auch im »Fernverkehr« zunehmend unter Billigkonkurrenz und Dumpingpreisen für die Erbringung von Transportdienstleistungen leidet. Seriös agierenden und kalkulierenden Transportbetrieben wird es aufgrund des Preisdrucks zunehmend schwieriger gemacht, sich am Markt zu behaupten. Die Liberalisierung des Transportmarktes führt zu einer Verschärfung der Situation!

2.)
Mit gemischten, denn die Transportbranche ist direkt abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung sowohl in der Industrie, dem Gewerbe und Handwerk als auch dem Handel. Die Transporteure sind direkte Dienstleister für diese Branchen und merken jede Veränderung – sowohl im positiven als auch im negativen Sinne – direkt.

3.)
Hier sehen wir vor allem Herausforderungen im Hinblick auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen. Transportbetriebe, die z.B. im Rahmen von Baustellen tätig sind, kämpfen mit den unflexiblen gesetzlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Ausgestaltung von Lenk- und Ruhezeiten sowie von Arbeitszeitvorschriften. Dies führt vor allem bei saisonalen Geschäftsfeldern wie im Bau zu großen Problemen, zumal die Nichteinhaltung dieser vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten sowie Arbeitszeitvorschriften zu horrenden Bestrafungen für den Unternehmer als auch den Lenker, bis hin zur Aberkennung der Zuverlässigkeit des Unternehmers, führen.

 

Franz Stefan Huemer,  Geschäftsführer Bundesinnung Baunebengewerbe: »Erwarten stabile Entwicklung«

1.) Laut KMU Forschung Austria war für 21 % der Unternehmen im Baunebengewerbe 2012 ein gutes Jahr und 62 % meldeten einen »normalen« Geschäftsverlauf. Für die restlichen 17 % verlief 2012 nicht erfreulich. Insgesamt lag der Auftragsbestand im Schnitt um 1,9 % unter dem Vorjahresniveau. Etwa 77 % des Gesamtauftragsbestandes entfielen auf private/gewerbliche Auftraggeber. Der Anteil öffentlicher Aufträge ist von 23,7 % auf 23,2 % gesunken. Rückläufig waren vor allem die Direktvergaben durch Bund, Länder und Gemeinden.

2.)  Zu Jahresbeginn 2013 rechnen 63 % der Unternehmerinnen und Unternehmer mit einer im Vergleich zum Vorjahr stabilen Entwicklung. Der Anteil der Optimisten, der steigende Auftragseingänge erwartet, ist von 14 % auf 9 % zurückgegangen. 28 % der Unternehmen befürchten Rückgänge, im Vorjahr waren es 24 %. Obwohl das Stimmungsbarometer damit den tiefsten Wert seit 2009 erreicht und derzeit jedes zweite Unternehmen zusätzliche Aufträge sofort übernehmen könnte, zeichnen sich keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigungssituation ab.

3. )Für Unternehmen mit guter Auftragslage ist der Mangel an qualifizierten Fachkräften bzw. geeigneten Lehrstellensuchenden die zentrale Herausforderung. Für Unternehmen mit Auslastungsproblemen verschärft die gedämpfte Nachfrage den seit Jahren tobenden Preiskampf weiter und lässt kaum Spielraum für die notwendige Verbesserung der Ertragskraft. Eigenkapitalschwache Unternehmen werden in zunehmendem Maße mit Finanzierungsproblemen konfrontiert sein.



Manfred Katzenschlager, Geschäftsführer Bundesinnung Bau: »Finanzierung sichern«


1.) Es war ein schwieriges Jahr, in dem es uns trotz aller Erschwernisse – Stichwort Sparmaßnahmen bei öffentlichen Aufträgen – gelungen ist, den Bauproduktionswert leicht zu steigern. Das wurde besonders durch ein Plus von 2,4% im Hochbau ermöglicht. Wichtig war auch das Investitionsverhalten der privaten Auftraggeber, wo es die Menschen vorgezogen haben, ihre Ersparnisse in ihre Häuser und Wohnungen zu investieren, statt schlecht verzinst auf den Sparbüchern liegen zu lassen.

2.) Mit gemischten Gefühlen. Es gibt zwar einen Stau bei Bauprojekten, aber nach wie vor Budgetnöte. Es ist wichtig, im Zuge der Finanzausgleichsverhandlungen wichtige Weichenstellungen zu setzen und ebenso im Zuge des Superwahljahres Positionierungen vorzunehmen, die in der Folge dann auch in den Regierungsprogrammen Niederschlag finden. Einige Lichtblicke haben sich bereits im ersten Quartal ergeben. So hat die Politik mehr und mehr die positiven Effekte von notwendigen Bauinvestitionen erkannt, wie es die jüngsten Vorstöße aller Parteien in Richtung Zweckwidmung der Wohnbauförderung zeigen.

3.) Eine wichtige Voraussetzung ist die Sicherung der Finanzierung von notwendigen Projekten der öffentlichen Hand ebenso wie die ausreichende Zweckbindung von Wohnbaufördermitteln. Wir werden weitere Maßnahmen zur Ankurbelung der Baukonjunktur über fiskalische Anreize wie z.B. Abschreibungsmöglichkeiten, reduzierte Mehrwertsteuer, Bauhandwerkerbonus sowie die verpflichtende Rechnungslegung für Förderungen verlangen. Auch die Weiterentwicklung von öffentlich- privaten Partnerschaften als Finanzierungsinstrument ist notwendig.  Die Bekämpfung von Scheinfirmen sowie von Lohn- und Sozialdumping ist ohnehin ein Dauerthema. Optimierungspotenziale liegen in der Vermeidung von Verzögerungen bei Projekten durch verbesserte Planung und einfachere Genehmigungsverfahren. Ebenso in der Qualitätssicherung zur Vermeidung von Bauschäden, einer kooperativer Projektabwicklung, in der fairen Risikoverteilung bei Bauverträgen und in einer verbesserten Streitbeilegungskultur. Man sollte wieder mehr Energie für das Bauen verwenden können anstatt Kapazitäten mit dem Austragen von Konflikten zu blockieren.

 

Andreas Pfeiler, Geschäftsführer Fachverband Steine – Keramik: »Akzeptabel, aber keine Jubelschreie«


1.) Der Umsatz der Mitgliedsbetriebe des Fachverbandes Steine – Keramik ist 2012 nominell um 0,22 Prozent von 3,34 Mrd. Euro auf 3,35 Mrd. Euro gestiegen. Real, unter Berücksichtigung der Inflationsrate, bedeutet das einen Absatzrückgang. In Anbetracht der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation ist das ein akzeptables Ergebnis, auch wenn es keine Jubelschreie gibt.

2.) Die Erwartungen der Unternehmen sind verhalten optimistisch. Gerechnet wird mit einer im Vergleich zum Vorjahr stabilen Entwicklung. Die Auftragslage ist zurzeit akzeptabel. Die zahlreichen Wahlen werden eher keinen Auftragsboom mit sich bringen. 30 Prozent des Umsatzes werden mit der öffentlichen Hand gemacht – solange hier mit Investitionen gespart wird, tut sich die Branche schwer.

3.) Eine Herausforderung sieht die Branche in den steigenden Energiepreisen sowie im geplanten Energieeffizienzgesetz, das Einsparungen von 1,125 Prozent querbeet verlangt – auch von Firmen, die bereits nach dem modernsten Standard arbeiten und kein weiteres Einsparungspotenzial mehr besitzen. Und auch die Ankündigung der EU-Kommission, CO2-Zertifikate einzubehalten, um den Preis zu erhöhen, bereitet Kopfzerbrechen. Auch das Thema Transportoptimierung ist eine Herausforderung der Zukunft. Ziel der Baustoffbranche ist es, ihre jährlichen Lkw-Fahrten um 15 Prozent zu reduzieren. Das sind etwa 1,2 Mio. Fahrten pro Jahr oder 74,4 Mio. Straßenkilometer weniger. Einsparen könnte man damit 60.000 Tonnen CO2-Emissionen. Erreicht werden kann dies durch eine Anhebung der höchst zulässigen LKW-Gesamtgewichte um 10 %.

Gottfried Rücklinger, Geschäftsführer Fachverband Immobilien- und Vermögenstreuhänder : »Befürchten regulatorische Eingriffe«

1.) Auch das Jahr 2012 war von dem Gedanken »Grundbuch statt Sparbuch« geprägt. Dies führte einerseits dazu, dass Eigentumsobjekte sehr schnell vermittelt werden konnten, andererseits aber nicht genügend Objekte am Markt vorhanden waren, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Der große Bedarf an Anlageobjekten führte auch zu einer gesteigerten Produktion von Vorsorgewohnungen durch gewerbliche Bauträger und damit einer verstärkten Beauftragung der Bauwirtschaft mit sehr vielen positiven  gesamtwirtschaftlichen Aspekten.

2.)
Das Jahr 2013 ist durch viele Wahlen geprägt. Da das Thema »Wohnen« jeden betrifft, eignet es sich aus Sicht der Wahlkampfmanager natürlich besonders für klassenkämpferische Wahlslogans und entsprechende Polemik. Dabei wird  aber offensichtlich nicht bedacht, dass eine Verunsicherung der Anleger und Investoren einen unmittelbaren Effekt auf Investitionsentscheidungen hat. Natürlich verunsichert diese Diskussion auch die Immobilientreuhänder, da zu befürchten ist, dass der Gesetzgeber regulatorische Eingriffe vornimmt welche letztendlich der gesamten Immobilien- und Baubranche schaden.

3.)
Es muss uns gelingen, die Politik davon zu überzeugen, dass ohne private Immobilieninvestoren ( z.B. auch Pensionskassen), welche natürlich auch Renditen erzielen wollen und müssen, der immer stärker steigende Wohnraumbedarf in den Ballungszentren nicht gedeckt werden kann. Es ist nicht Aufgabe der Anleger, dafür zu sorgen, dass sozial schwächeren Mitbürgern günstige Mietwohnungen zur Verfügung gestellt werden, sondern dies ist die ureigene Aufgabe des Staates, welcher in solchen Fällen über eine Individualförderung unterstützend eingreifen kann.

Georg Matzner, Geschäftsführer österreichischer Stahlbauverband: »Billigstbieterprinzip schafft Probleme«

1.) Das Jahr 2012 ist von einem massiven Rückgang öffentlicher Aufträge und gleichzeitigem Einbruch der Preise um 10 bis 15 % gekennzeichnet. Gleichzeitig sind aber Vormaterialkosten gleich geblieben und Lohnkosten um 3,4 % angestiegen. Bei den Margen der Bauwirtschaft weiß man, was den Unternehmen übrig bleibt. Der Dokumentationsaufwand durch Normforderungen steigt jährlich, ohne dass bessere Produkte entstehen. Im privaten Bereich war es 2012 ok, hier können Unternehmen sich auf die Befriedigung des Kundennutzens einstellen und damit etwas bessere Preise erzielen. 

2.)
Das Billigstbieterprinzip wird auch 2013 weiterhin regieren – mit allen negativen Konsequenzen. Mit diesem Prinzip sind Probleme vorprogrammiert, trotz stetig steigender Anforderungen durch Normen und Regelwerke. Die Märkte, in denen die österreichischen Stahlbauer aufgrund ihrer noch vorhandenen Ingenieurskompetenz Aufträge gewinnen können, liegen außerhalb Österreichs. Der Exportanteil der Branche spricht für sich. 

3.) Das Billigstbieterprinzip wird Österreich teuer zu stehen kommen: 1.) Know-how-Verlust durch Abbau von Ingenieuren, die Bauten mit geringen Lebenszykluskosten planen können. 2.) Durch Kosten für Rechtsstreitigkeiten aufgrund von Mehrkostenforderungen. 3.) Durch Ineffizienz des Gesamtsystems, weil Misstrauen in der gesamten Branche vorherrscht, da jeder in Sorge ist, zu verlieren: der eine, dass er nicht das qualitative hochwertige und langfristig mangelfreie Produkt bekommt, und der andere, der auf Dauer nicht unter Einstandskosten produzieren kann. Die Nachbarländer Österreichs zeigen, dass es zum EU-Recht kompatible Lösungen gibt: eine klare Abkehr vom Billigstbieterprinzip. Dort hat man es schon verstanden: There is no free lunch!

 

Christian Atzmüller, Geschäftsführer Bundesinnung Sanitär-, Heizungs- und Lüftungstechniker: »Probleme durch Auflagen und Vorschriften«

1.) Angesichts des unsicheren Umfelds und der weltweiten Entwicklungen kann man insgesamt in den Bereichen Metall, Elektro, Sanitär zufrieden sein. In Summe fällt das Umsatzergebnis in etwa gleich hoch aus wie im Vorjahr, allerdings hat sich die Stimmungslage in den Unternehmen etwas verschlechtert.

2.) Die Einschätzung der Geschäftslage für das erste Quartal 2013 ist etwas pessimistischer als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

3.) Es gibt genügend Arbeit, die Probleme ergeben sich durch zunehmende Auflagen und Vorschriften, wie z.B. eine neue Zertifizierung im Bereich Metalltechnik, die die Produktion verteuert und den bürokratischen Aufwand erhöht. Weiters ist der Preisdruck in allen Branchen enorm.

 

Roman Stiftner, Geschäftsführer der Fachverbände Bergwerke und Stahl & NE-Metallindustrie: »Neue Märkte erschließen«

1.) Der österreichische Bergbau ist abhängig von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf den Rohstoff- und Finanzmärkten und von der Entwicklung der nachgelagerten Industriebranchen. Nach der positiven Konjunkturentwicklung 2011 kam es im 2. Halbjahr 2012 auf Grund der Entwicklungen auf den Finanzmärkten und der zunehmend verhaltenen Nachfrage zu einer rückläufigen Entwicklung. Die NE-Metallindustrie geriet durch die weltweit rückläufige konjunkturelle Entwicklung ab dem 2. Halbjahr 2011 zunehmend unter Druck.

2.) Die österreichischen Bergwerke, die Stahl- und NE-Metallindustrie sind von der Krise ebenso getroffen worden wie ausländische Konkurrenzbetriebe. Gezielte Personallenkungsmaßnahmen wie Kurzarbeit, die Forcierung von Forschung und Entwicklung oder azyklische Investitionen bewirkten, dass die Auswirkungen der Krise Österreich in etwas abgeschwächter Form erreichten. Zudem wurde durch die Krise verstärkt versucht, die Exporte in neue Märkte zu intensivieren.

3.) Der Standort Österreich muss für unsere Betriebe mit entsprechenden Rahmenbedingungen gesichert werden. Die Kommission hat diese Herausforderung für die Stahlindustrie schon erkannt und wird bis Mitte 2013 einen Aktionsplan erarbeiten. Zur Sicherung der Rohstoffe und damit des Bergbaus wurde die Rohstoffinitiative initiiert. Weitere Schwerpunkte sind der Energiebereich und die Verpflichtung der Stahlindustrie, Emissionen abzubauen. Diese Bereiche und die laufende Verschärfung der umweltrelevanten Auflagen werden für unsere Mitgliedsbetriebe zu einem immer größeren Kostenproblem.

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