Mittwoch, Februar 05, 2025

Strabag-Vorstand Franz Urban spricht im Interview über Stärken und Schwächen der heimischen Bauindustrie und erklärt, warum PPP als Beschaffungsalternative der öffentlichen Hand an Akzeptanz gewinnen wird.

 


(+) plus: Die heimische Bauindustrie wurde 2012 von einigen Turbulenzen erschüttert. Wie schätzen Sie den Markt in Österreich aktuell ein?
Franz Urban: Die österreichische Bauwirtschaft ist wie jene in anderen europäischen Ländern von den Sparbemühungen der öffentlichen Hand gekennzeichnet. Generell ist die derzeitige Auftragslage im Vergleich zu den vergangenen Wachstumsjahren rückläufig, wobei zusätzlich regionale Unterschiede festzustellen sind. Die Auftragslage im Großraum Wien ist zum Beispiel stabiler als in den Bundesländern.
Darüber hinaus kam es zu unterschiedlichen Auslastungen zwischen den Sparten: So verzeichnet die Branche einen überproportional starken Rückgang im Verkehrswegebau. Dieser negativen Entwicklung steht eine gute Auftragslage im Wohnbau in den Ballungsräumen gegenüber, ganz besonders in der Bundeshauptstadt. Wir haben derzeit in Österreich spartenübergreifend einen soliden Auftragsbestand. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Organisation rechtzeitig auf die sich ändernden Anforderungen am Markt reagiert hat.

(+) plus: Neben den Kernmärkten Österreich und Deutschland ist die Strabag vor allem auch in Ost- und Südosteuropa aktiv. Wie entwickeln sich diese Märkte?
Urban: Generell ist die Entwicklung in den meisten europäischen Ländern ähnlich wie in Österreich, denn öffentliche Investitionen werden immer weniger. In manchen Ländern, wie z.B. Polen, kehrt man vom Boom direkt in eine Stagnation ein. Die öffentliche Hand in Polen hat bereits angekündigt, Investitionen in die Infrastruktur 2013 aus Budgetgründen aufzuschieben. Viele Wettbewerber werden um die wenigen Projekte kämpfen, was zu einem noch härteren Preiskampf führen wird.
Während aber in mittel- und osteuropäischen Märkten wie Tschechien, Polen und die Slowakei im Vergleich noch von einem »Geschäft« gesprochen werden kann, ist dies in Südosteuropa fast nicht mehr der Fall. Der Markt ist ausgetrocknet, es fehlt schlichtweg die Finanzierung.

(+) plus: Die öffentliche Hand wird sich voraussichtlich auch 2013 mit Investitionen zurückhalten. Werden private Investoren dieses Minus kompensieren können?
Urban: Die privaten Aufträge decken die fehlenden öffentlichen Investitionen nur zu einem Teil. In Österreich und Deutschland gelingt dies sehr gut, in osteuropäischen Ländern herrscht grundsätzlich ein schwieriges Finanzierungsumfeld, das auch die privaten Investitionen erschwert.

(+) plus: Welche Rolle werden PPP-Modelle in Zukunft spielen?
Urban: Der Markt für Konzessions- bzw. PPP-Projekte in Europa ist wettbewerbs­intensiver geworden. Die Rahmenbedingungen werden schwieriger, und in einigen Ländern kommen kurzfristig keine weiteren Verkehrswegebau-PPPs zur Ausschreibung  bzw. werden Projekte zurückgestellt. Daher sondieren wir hier Märkte wie Kanada, Türkei, Indien, ausgewählte Länder Südamerikas und den Nahen Osten.
Ein wenig anders sieht es indes im Bereich der Hochbau-PPPs aus: Der Markt für PPP-Maßnahmen im Hochbau dürfte mittelfristig weiter wachsen, da PPP als Beschaffungsalternative der öffentlichen Hand an Akzeptanz gewinnt, vor allem in Deutschland. Hinzu kommt, dass der durch die Verschuldung der öffentlichen Hände eingeschränkte Handlungsspielraum für notwendige Investitionen mittels projektfinanzierter PPP-Vorhaben Maastricht-konform erweitert werden kann.
Auf der anderen Seite wirken sich die Folgen der Finanzkrise nach wie vor hemmend auf die Finanzierung von PPP-Vorhaben aller Art aus. Dies gilt in besonderem Maß für Projektfinanzierungen; hier sind deutlich höhere Margenaufschläge und Liquiditätskosten bei tendenziell verkürzten Finanzierungslaufzeiten zu verzeichnen. Wir sind jedoch der Überzeugung, dass PPP-Maßnahmen für komplexe und großvolumige Hochbauvorhaben auch künftig einen beachtlichen Anteil bei der Beschaffung öffentlicher Güter haben werden. Die erreichbaren Effizienzvorteile aus der Planung, der Bauerstellung und dem Betrieb werden insbesondere bei mittleren und großen Vorhaben strukturierungsbedingte Mehrkosten durch den ganzheitlichen Lösungsansatz übertreffen.

(+) plus: In Österreich wird immer wieder die Wohnbauförderung heftig diskutiert. Wie sehen Sie die Zukunft der Wohnbauförderung?
Urban: Die Wohnbauförderung ist und bleibt auch weiterhin ein wichtiges Instrument, um den Bedarf an leistbaren Wohnungen annähernd erfüllen zu können. Dies unter anderem vor dem Hintergrund ständig steigender Grundstückskosten.
Eine Rückkehr zur viel diskutierten Zweckbindung der Wohnbauförderung erwarte ich infolge der Sparmaßnahmen öffentlicher Hände auch in Zukunft ebensowenig wie eine betragsmäßige Inflationsanpassung der Fördermittel.
Die zahlreichen Initiativen im Kampf um leistbares Wohnen, bei welchen wir auch unseren Beitrag leisten, werden als Ergänzung zu Fördermaßnahmen jedoch an Aufmerksamkeit gewinnen.

(+) plus: Was erwarten Sie vom österreichischen Markt in den nächsten zwei Jahren?
Urban: Wir gehen davon aus, dass auch 2013 keine Erholung der Nachfrage vonseiten der öffentlichen Auftraggeber auf breiter Basis erfolgt. Zusammengefasst könnte man von einem stabilen Geschäft auf eher niedrigem Niveau sprechen.n

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