Es hat in den letzten Jahren viele Studien zum Thema »Nachhaltige Immobilien« gegeben. Befragt wurden Investoren, Bauherren oder gewerbliche Mieter. Die Ergebnisse war so einheitlich wie vorhersehbar: »Nachhaltigen Immobilien gehört die Zukunft.« »Ohne Zertifikat wird es in den nächsten Jahren keinen Neubau mehr geben.« Wer bislang kaum zu Wort gekommen ist, sind die privaten Konsumenten. Dabei ist die Nachhaltigkeit auch im Wohnbau längst angekommen. Projekte wie das Green Village in Fernitz bei Graz oder die Campus Lodge in Wien zählen zu den ersten Wohnimmobilien Österreichs, die von der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilien zertifiziert wurden. Was fehlt, ist eine gesicherte Antwort, ob das die Wohnungssuchenden in irgendeiner Weise tangiert. Aus diesem Grund hat wiko, Beratungsunternehmen für Öffentlichkeitsarbeit und Wirtschaftskommunikation, in Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI), Rhomberg Bau, dem Aluminium-Fenster-Institut (AFI) und Pro Projekt Baumanagement & Planung eine Studie unter dem Titel »Nachhaltige Immobilien – was sagt der Konsument« initiiert. Die Basis der Studie ist eine von Karmasin Motivforschung unter 950 Konsumenten durchgeführte telefonische Umfrage, repräsentativ für Österreicher ab 18 Jahre. Ergänzt wurde die Konsumentenumfrage durch eine Online-Befragung bei Wohnungssuchenden von Immobilien.net unter weiteren 482 Befragten. »Wir wollen mit dieser Studie die Frage beantworten, wie der Konsument das Thema Nachhaltigkeit bei Wohnimmobilien sieht, welchen Stellenwert das Thema einnimmt und welche Kriterien als zentral eingestuft werden«, erklärt Helene Fink, Leiterin der wiko-Geschäftsstelle in Wien.
Überraschende Ergebnisse
Noch ohne eine Definition nachhaltiger Immobilien vorliegen zu haben, gaben mehr als zwei Drittel der Befragten an, dass Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema für die eigene aktuelle Wohnsituation ist. Den größten Stellenwert haben dabei die Kriterien Umweltschutz, Energie- und Kosteneinsparungen. Aber schon direkt dahinter folgen Kriterien wie Gesundheit, Wohn- und Lebensqualität. »Die Konsumenten sind viel besser informiert, als wir dachten. Das Konzept des Blue Buildings im Sinne des Dreiklangs von ökologischer, ökonomischer und sozialer Nachhaltigkeit ist auch bei den Konsumenten angekommen«, zeigt sich Fink überrascht. Besonders erfreulich für die Immo-Branche: Die Konsumenten sind auch bereit, für Blue Buildings tiefer in die Tasche zu greifen.
Aufholbedarf für die Branche
Ein sehr durchwachsenes Zeugnis stellen Konsumenten und Wohnungssuchende der Bau- und Immobilienbranche bei der Umsetzung des Nachhaltigkeitsthemas aus. Im Vergleich zu Bioprodukten aus dem Supermarkt oder Ökostromangeboten sieht nur ein Drittel der Befragten das Thema in der Immobilienbranche gut umgesetzt. Noch schlechter fallen die Bewertungen hier bei den Immobiliensuchenden aus. Während unter allen Konsumenten ein Drittel der Branche zugesteht, die Nachhaltigkeit recht gut umzusetzen, wird dies von gerade einmal 17 % der befragten Suchenden so gesehen. Noch deutlicher wird dies bei der Beurteilung mit »nicht ausreichend«: Hier stehen 19 % der Konsumenten 44 % der Suchenden gegenüber. Die Menschen suchen nachhaltigen Wohnraum, das Angebot entspricht aber nicht den Erwartungen. »Die Branche wäre gut beraten, mehr auf die Wünsche der Immobiliensuchenden einzugehen«, ist Alexander Ertler, Geschäftsführer von Immobilien.net überzeugt. Und dabei geht es nicht nur um die Lage, sondern vor allem die finanzielle Gesamtbelastung und gesundheitliche Aspekte.
Fazit
Die Ergebnisse der ImmoNachhaltigkeits-Studie 2012 zeigen, dass die Konsumenten den Paradigmenwechsel vom Green zum Blue Building mitgemacht haben. Dem Konsumenten ist nicht nur die Energieeffizienz, die auf der politischen Agenda steht, wichtig, sondern vielmehr alle Kriterien der gelebten Nachhaltigkeit: von der ökologischen über die soziokulturelle bis zur ökonomischen Qualität. Probleme gibt es bei der Umsetzung. Vor allem beim Thema Gesundheit hat die Immobilienbranche noch Aufholbedarf. »Wirtschaft und Politik sind aufgefordert, auf die Wünsche der Konsumenten besser einzugehen und diese umzusetzen«, fasst Helene Fink zusammen. Außerdem sei es notwendig, umfassender und nachhaltiger zu informieren. »Die massive Unwissenheit in Bezug auf wesentliche Instrumente wie den Energieausweis macht zudem deutlich, dass eine umfassende Informationsoffensive notwendig ist.«
>> Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:
1. Für 72 % der Konsumenten und 69 % der aktuell Wohnungssuchenden ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema für die aktuelle Wohnsituation.
2. Ein Drittel der Konsumenten, aber nur
17 % der aktuell Wohnungssuchenden sind der Meinung, dass die Immobilienbranche das Thema Nachhaltigkeit gut umsetzt.
3. 83 % der Konsumenten und 87 % der aktuell Wohnungssuchenden glauben, dass nachhaltige Gebäude in Zukunft stärker nachgefragt werden.
4. Die wichtigsten Kriterien für eine Wohnung sind die finanzielle Gesamtbelastung und gesundheitliche Aspekte wie Schimmel- und Schadstofffreiheit. Erst dann folgen die von der Branche favorisierten Themen Lage und Freiflächen.
5. 53 % der Konsumenten kennen keine Sanierungsförderungen. Die Wiener schneiden mit 71 % besonders schlecht ab.
6. 75 % der Konsumenten ist die Nutzung natürlicher Ressourcen für die Energiegewinnung wichtig.
7. 58 % der Konsumenten und 83 % der Wohnungssuchenden sind bereit, für eine nachhaltige Immobilie tiefer in die Tasche zu greifen.