Freitag, November 22, 2024

Wirtschaftsfaktor. Über Windkraft werden in Österreich rund 2 Mrd. KWh Strom jährlich erzeugt. Das sind bereits knapp 3,2 Prozent des gesamten Stromverbrauchs.Windkraftanlagen boomen neuerdings wieder. Die Betreibergesellschaften versprechen Investoren sichere Wertsteigerungen und vor allem eines: eine saubere Zukunft.

Dieser Tage geschah Historisches in Österreich, genauer: in Nieder­österreich. Ein Windrad wurde in Maustrenk, Bezirk Gänserndorf, aufgestellt. Es war nicht irgendein Windrad. Lokale Prominenz aus Politik und Wirtschaft feierte das Knacken der 1.000-Megawatt-Grenze installierter Windkraftleistung in Österreich. Die Besucher bekamen feierliche Ansprachen zu hören. Ein Energielandesrat drückte ernst, aber bestimmt auf den Startknopf. Die Anlage konnte in Betrieb gehen.

Die Energiezukunft Österreichs scheint unter einem guten Stern zu stehen – zumindest, solange es um Wind geht. Der Boom zur sauberen Energie ist weltweit zu spüren. In den USA wurden bereits unter der Ära Bush Windpark um Windpark ausgebaut. In China verdoppelt sich die Windenergie-Wirtschaft jährlich. Und in der Alten Welt beträgt der Anteil der Windräder an der gesamten Energieerzeugung bereits acht Prozent. Betrachtet man aktuelle Zuwachszahlen, liegen die Mühlen sogar mit zuletzt 39 Prozent Gesamtanteil an erster Stelle. Seit drei Jahren ist die Windenergie die gefeierte Nummer eins im Kraftwerksbau in Europa. Die selbst gesteckten Ziele der EU für das Jahr 2020 wurden zuletzt aufgrund der ambitionierten Projekte in den Ländern nach oben revidiert. Nach neuesten Schätzungen werden im kommenden Jahrzehnt 230 Gigawatt Leistung durch die Windkraft geschaffen werden. Bis zum Jahr 2030 soll sogar auf 300 bis 400 GW aufgesteckt werden – das wären bis zu 36 Prozent des europäischen Stromverbrauchs. »Der Großteil der neu gebauten Leistungen in der Stromgewinnung wird über Windkraft passieren«, schwärmt Stefan Hantsch, Interessensgemeinschaft Windkraft, von einem Riesenpotenzial auch für heimische Unternehmen. Hierzulande sind die Windverhältnisse im Marchfeld und Wiener Becken optimal. In Ost-Nieder­österreich und im Nordburgenland herrschen ähnlich gute Windverhältnisse wie an der Nordseeküste. Grund dafür ist das Zusammentreffen zweier großräumiger Windsysteme. Das erklärt auch die regionale Verteilung der Windkraftanlagen –  mit Schwerpunkt in Niederösterreich mit 541 Megawatt Leistung, gefolgt vom Burgenland mit knapp 370 Megawatt.

Die Windenergiebetreiber arbeiten bereits an den Windparks der Zukunft. Für den ambitionierten Ausbau in den kommenden Jahren fordern sie seit jeher ökonomisch vertretbare Einspeistarife des erzeugten Ökostroms in die Netze der Landesenergieversorger. »Mit dem neuen Einspeistarif für 2010 kommt auch in Österreich der Windkraftausbau wieder in Gang. Im Gegensatz zum weltweiten Trend herrschte bei uns seit vier Jahren Stillstand. Mit dem neuen Tarif in der Höhe von 9,7 Cent kann nun an den effizientesten Standorten in Österreich wieder gebaut werden«, kommentiert Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. Die Branche warnt dennoch vor einem neuerlichen Stocken der Investitionen. Denn der Fördertopf ist mit einem Boden versehen. Mit 21 Mio. Euro jährlich werden Projekte aus dem Bereich erneuerbare Energie gefördert. 18,9 Mio. davon muss sich die Windkraft mit Projekten aus den Bereichen Geothermie, Biomasse und Biogas teilen. Es herrscht das Windhundprinzip. Wer mit seinen Einreichungen zuerst kommt, mahlt zuerst.

Mitte Juni begab sich Wirtschafts- und Ener­gieminister Reinhold Mitterlehner höchstpersönlich auf eine Baustelle im Windpark Scharndorf bei Bruck an der Leitha. Auch hier wurde ein neuer Ausbauschub in der Windkraft gefeiert. Mitterlehner besichtigte die Bauarbeiten ab den Windpark der Raiffeisen-Leasing. »Windkraft ist ein wichtiger Beitrag für eine saubere und sichere Energieversorgung. Sie steht knapp vor der Marktreife, daher messen wir ihr auch in der Energiestrategie Österreich große Bedeutung bei«, so Mitterlehner. Er weiß, dass aufgrund der höheren Einspeisetarife wieder in den Ausbau der Windkraft investiert wird. »Das schafft Arbeitsplätze und hilft der Umwelt durch einen niedrigeren CO2-Ausstoß«, bringt der Politiker Nebeneffekte auf den Punkt. Auch Peter Engert, Geschäftsführer von Raiffeisen-Leasing, betont, endlich wieder in heimische Projekte investieren zu können. In den vergangenen Jahren projektiere sein Unternehmen aufgrund der fehlenden Förderlandschaft ausschließlich im Ausland.

Im jüngsten Ökostromgesetz ist ein Ausbauziel von zusätzlich 700 MW Windkraftanlagen bis zum Jahr 2015 enthalten. Die Ener­giestrategie Österreich sieht einen Ausbau von 1.400 MW bis zum Jahr 2020 vor. Neben Anlagen in den Windparks Scharndorf, Berg und Maustrenk sind bereits Windkraftanlagen mit 34 MW in Nieder­österreich bewilligt und stehen in der nahen Zukunft zur Realisierung an. Alleine im Burgenland laufen derzeit Genehmigungsverfahren für 170 Windkraftanlagen mit 500 MW Leistung. Die Branche fordert deshalb eine Vergrößerung des Fördertopfes und gesicherte Zusagen von Einspeistarifen und Fördergrößen für die kommenden Jahre. Die Branche – das sind Unternehmen wie W.E.B Windener­gie AG, Windkraft Simonsfeld AG oder die Ökoenergie GmbH. Sie alle versprechen ihren Aktionären und Teilhabern nachhaltige Investmentmöglichkeiten in eine wachsende, saubere Branche. Und verdient darf dabei auch noch werden. 40 Prozent der österreichischen Windkraftanlagen gehören lokalen Bürgerinitiativen. 7.000 Österreicherinnen und Österreicher sind heute Miteigentümer von Windkraftanlagen.

Pionier der ersten Stunde
Um gleich bei einer Gesellschaft zu beginnen: Der Vorläufer der W.E.B Windenergie AG wurde Ende 1994 gegründet und ist heute einer der größten Windkraftbetreiber in Österreich. Von Anfang wurde die lokale Bevölkerung in die Projekte mit einbezogen. Als Vorbild dienten Projekte in Dänemark. Um das Ertragsrisiko zu minimieren – Wind bläst schließlich auch an optimalen Standorten nicht stets durchgehend stark – wurden europaweit Anlagen errichten und betrieben. Bereits 1997 gründete die W.E.B ein Tochterunternehmen in Deutschland. Im September 1998 erfolgt die Konzeption eines EU-Windfonds mit dem Ziel, Beteiligungen an deutschen Windkraftprojekten zu erwerben. Ab 2002 entstehen weitere Gesellschaften in Tschechien, Italien und Frankreich.

Heute ist die W.E.B Windenergie AG eine echte Publikumsgesellschaft mit knapp über 3.000 Kleinaktionären. Sie ist das größte Unternehmen dieser Art im Bereich erneuerbarer Energie in Österreich. Unternehmensentscheidungen werden gemeinsam von vielen engagierten Aktionären getroffen, denen die Entwicklung der Windkraft ein persönliches Anliegen ist. W.E.B-Aktien sind nicht an der Börse erhältlich, stehen aber in einem eigenen Traderoom im Internet zu Verfügung. Dort treffen sich Aktiennachfrage und Angebote. Die Kaufabwicklung erfolgt spesenfrei und erfordert kein Wertpapierdepot. W.E.B.-Vorstandsvorsitzender Andreas Dangl steht derzeit vor der mittlerweile zehnten Kapitalerhöhung in der Geschichte des Unternehmens. 33 Mio. Euro Umsatz werden bereits jährlich generiert, und die weiteren Ziele sind mehr als ambitioniert. »Wir wollen uns in fünf Jahren verdoppeln«, lädt er weitere Interessenten ein, sich an der AG zu beteiligten. Bieten kann er als Pionier der ersten Stunde eine gehörige Portion Branchen-Know-how – und Respekt vor einem Börsengang auf einen öffentlichen Marktplatz. »Wir wissen es zu schätzen, dass unsere Aktien nicht öffentlich gehandelt werden. So bleiben wir vor Fremdeinflüssen und Kurs­turbulenzen verschont, die nichts mit dem stabilen Feld der Windkraft zu tun haben«, so der W.E.B.-Gründer.

Dangl sieht sein Erfolgsgeheimnis in der Reinvestition der Gewinne in Neuanlagen und die optimale Wartung bestehender Windkraftwerke. Dividenden werden bei dieser AG keine ausgeschüttet. Dafür steigen die Aktien beständig im Wert. Der Firmenwert pro Aktie ist um 156 % von 160 Euro im Jahr 2001 auf 410 Euro 2009 gestiegen – so jemand überhaupt verkaufen möchte. Gute Windkraftanlagen werfen auch mal zweistellige Renditen ab. In der Regel belaufen sich die (reinvestierten) Gewinne aber auf 7 bis 9 Prozent. Die W.E.B betreibt nach der Inbetriebnahme von Maustrenk gesamt 142 Kraftwerke, die nun 221 MW liefern. Die Mehrheit der Anlagen, nämlich 77, liegen in Österreich, 51 in Deutschland und die übrigen in Tschechien, Frankreich und Italien.

Fokus auf Dienstleistung
Die Windkraft Simonsfeld AG begann 1996 mit einem Startkapital von gerade einmal 200.000 Schilling. Heute kann Vorstand Martin Steininger auf ein Eigenkapital von 40 Mio. Euro bauen. Um weitere 10 Mio. Euro will der umtriebige Windmüller demnächst aufstocken. Die Windkraft Simonsfeld erzielte 2009 Umsätze in Höhe von 18,5 Mio. Euro. Mindererträge als Folge eines unterdurchschnittlichen Windjahres wurden zum Teil durch hohe Erträge aus der technischen Betriebsführung für andere Betreiber ausgeglichen. Der gesamte Cashflow 2009 belief sich auf 1,5 Mio. Euro, gestützt durch die  Projektentwicklungsaufträge für Dritte. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit beläuft sich auf 2,3 Mio. Euro. Das gesamte Umsatzvolumen soll nun im laufenden Geschäftsjahr auf 19,5 Mio. Euro steigen. 2010 will die Windkraft Simonsfeld AG durch Kapitalakquisitionen und Projektentwicklungen die Grundlage für die eingeschlagene Wachstumsstrategie schaffen.

Steininger könnte derzeit an zahlreichen Standorten gleichzeitig bauen – Anfragen von Gemeinden gibt es genug. Seit 25. Mai können im Rahmen einer aktuellen Kapitalerhöhung junge Aktien der Windkraft Simonsfeld AG gezeichnet werden. Ausgegeben werden bis zu 73.498 neue Aktien, die Kapitalerhöhung läuft voraussichtlich bis 5. November, sofern nicht bis dahin bereits alle Aktien gezeichnet sind. Der Unternehmenswert wird jährlich durch einen externen Wirtschaftsexperten errechnet. Derzeit gibt es knapp 900 Aktionäre. Die AG verfügt über 44 Windkraftwerke im Weinviertel und zwei in Bulgarien mit einer installierten Leistung von insgesamt 101 Megawatt. Die Jahresstromproduktion betrug zuletzt 240 Mio. Kilowattstunden, das entspricht dem Jahresverbrauch von 65.000 Haushalten. Steininger kann mit ähnlichen Wertsteigerungen wie die Kollegen der W.E.B. für seine Investoren aufwarten.

Feste Verzinsung
Bei der ÖkoEnergie-Gruppe begann das Geschäft mit dem Wind vor nunmehr 14 Jahren. 1996 nahm die Windkraft Wolkersdorf GesmbH mit einem Projekt namens Drahdiwaberl die erste Windkraftanlage des Weinviertels in Betrieb. Geschäftsführer Fritz Herzog hatte damals zu seinem Erstaunen bereits 200 Beteiligte an Bord. Also wurde das Engagement fortgesetzt. Mittlerweile hat sich die Gruppe zu einem gefragten Spezialisten in Sachen erneuerbare Energien und umweltfreundlicher Technologien entwickelt. Auf dem Gebiet der regenerativen Energien zählt sie mittlerweile zu einem der größten Investoren des Weinviertels  Heute betreibt die ÖkoEnergie bei 12 Mio. Euro Umsatz 45 Windräder in neun Windparks, ist an vier Windparks in Österreich sowie an der Biomasse Wolkersdorf beteiligt und hält Anteile an Windprojekten in Nieder­österreich. Seit 2006 plant die ÖkoEnergie Gruppe ebenfalls an internationalen Projekten. Die ökologisch gewonnene Energie wird von der Gruppe über einen Stromvertrieb in Kooperation mit der AAE Alpen Adria Energie direkt weitergegeben.

Neuere Projekte sind derzeit Erweiterungen bestehender Anlagen in Großengersdorf und Schrick. Die Möglichkeit, sich zu beteiligen, besteht über ein Bürgerbeteiligungsmodell als Ökobaustein-Darlehen oder als stiller Gesellschafter an einzelnen Windparks. Investiert werden pro Nase mindestens 3.000 Euro. Der Zinssatz eines Darlehens beträgt fest verzinst drei Prozent, zuzüglich ein Prozent Windbonus in besonders ertragreichen Jahren. Bei Beteiligungen ab 50.000 Euro werden individuelle Vereinbarungen getroffen. »Wer einmal in ein Windrad investiert hat, will nicht mehr aufhören«, kann sich Herzog der Begeisterung seiner Investoren sicher sein. Er möchte nun gut weitere 5 Mio. Euro über stille Gesellschafter, die eine bessere Verzinsung bekommen, oder eben Darlehen für neue Projekte gewinnen.

Schöne Aussichten
Die Zukunft der erneuerbaren Energien scheint vorprogrammiert zu sein. Regenerative Energiequellen werden Prognosen zufolge ab 2020 zeitweise schon Spitzenlasten in den Netzen abdecken können. Doch wird beim Ausbau von Energiequellen wie Photovoltaik oder Windenergie stets die Abhängigkeit von der Wettersituation – Sonne oder Wind – bedacht werden. So muss zur Erreichung der gleichen Jahresenergieproduktion im Vergleich zu Wasserkraft bei Photovoltaik beispielsweise die fünffache Leistung, bei Windkraft etwas mehr als die doppelte Leistung installiert werden, um wetterbedingte Schwankungen bei der Produktion auszugleichen.

Eines ist aber auf jeden Fall bereits gelöst: Mit Bürgerbeteiligungsmodellen konnte in den vergangenen Jahren das Gros der ansässigen Bevölkerung für Windkraftprojekte gewonnen werden. Die Windräder werden heute nicht mehr als Verschandelung der Landschaft, sondern als Tor in die Zukunft gesehen.

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