Der Holzbau gewinnt auch abseits des Einfamilienhauses massiv an Bedeutung. Wir haben Bauunternehmen, Bauträger und Hersteller nach aktuellen Vorzeigeprojekten gefragt.
Are: Grüne Stadtvillen in Mödling (Bild oben)
In Mödling entwickelt die Austrian Real Estate (ARE) das neue Stadtviertel »Im Grünen Mödling«. Startschuss für das Stadtentwicklungsgebiet im Neusiedlerviertel erfolgt mit dem Bau der »Grünen Stadtvillen« in der Quellenstraße. Die Fertigstellung der 47 Wohnungen ist für 2026 geplant. Die gesamte Wohnanlage wird oberirdisch komplett aus Holz errichtet – von den Wänden bis hin zum Liftschacht. Dabei bleiben Holzelemente in den Wohnräumen teilweise sichtbar und schaffen eine Wohlfühlatmosphäre. Ausschließlich das Untergeschoß besteht aus Beton.
Dank Erdwärmesonden und Photovoltaikanlagen auf den Dächern werden die Stadtvillen überwiegend mit klimaneutraler Energie versorgt. Über die Fußbodenheizung wird im Winter geheizt und im Sommer temperiert. Das nachhaltige Projekt ist bereits mit klimaaktiv Gold vorzertifiziert. Zwischen den Stadtvillen entstehen Grünflächen mit Sitzgelegenheiten, Gemeinschaftsgärten und Kinderspielplätze. Begrünte Fassaden verbessern das Mikroklima zusätzlich. Während für Fahrräder Abstellplätze und Räume im Erdgeschoß vorgesehen sind, werden PKW in der Tiefgarage mit 71 Stellplätzen geparkt.
Stora Enso: Neues Head Office von Stora Enso in Helsinki (FIN)
Im Herbst wurde das neue Wahrzeichen der Holzbauarchitektur und Finnlands größtes Massivholzgebäude direkt an Helsinkis Waterfront feierlich eröffnet. Natürlich errichtet mit Stora Ensos eigenen Massivholzelementen des SylvaTM Bausatzes – wie Sylva CLT Wände, Sylva LVL Pfosten und Träger. Verbaut wurden 2.000 tragende Holzelemente, die in nur 171 Just-in-Time-Lieferungen eine Bauzeit von nur sieben Monaten möglich machten. Nicht nur optisch konnte sich das Vorzeigeprojekt in das örtliche Erscheinungsbild im Zentrum des Hafengebietes perfekt einbetten, sondern durch den Einsatz von Holz konnten außerdem 6.000 Tonnen CO2 gespeichert werden. Das Mixed-Use Gebäude beherbergt neben dem Hauptsitz des schwedisch-finnischen Konzerns auch ein Hotel, ein Café und ein Restaurant und ist somit der Öffentlichkeit zugänglich. Die Struktur wurde so geplant, dass spätere Anpassungen an zukünftige Bedürfnisse flexibel umgestaltet werden können – ein Beispiel also nicht nur für nachhaltige Architektur, sondern auch dafür, wie Planung und Struktur nachhaltig gestaltet werden können.
Wohnwagon: Vom Tiny House zum modularen Holzhaus
Vor zehn Jahren begann das österreichische Unternehmen Wohnwagon mit der Entwicklung von autarken Tiny Houses, die neue, nachhaltige Wohnkonzepte ermöglichten. Jetzt erweitert Wohnwagon das Angebot um individuelle Modulhäuser und errichtet nun auch Massivholzhäuser bis zu 500 m2. Die Module werden in der Werkstatt in Gutenstein bereits fertig eingerichtet: Boden, Heizung, Dusche und Küche sind auf Wunsch bereits eingebaut. Von der Planung bis zum Einzug vergeht nur rund ein halbes Jahr. Die Baustelle vor Ort dauert dabei nur wenige Tage. Die Häuser bestehen aus Vollholz, werden mit Lehm verputzt und mit Schafwolle gedämmt. Photovoltaikanlagen am Dach sorgen für Strom und Warmwasser. Bei einem bewussten Umgang mit Energie und einem sonnigen Standort können laut Wohnwagon 100 Prozent Autarkiegrad »geknackt« werden.
Rhomberg Bau: Wohnanlage Heiligenberg (D)
Auf einem rund 3.800 m² großen Grundstück in Heiligenberg, einem kleinen Örtchen auf der »Aussichtsterrasse des Bodensees«, errichtet eine Projektgesellschaft rund um Rhomberg Bau sechs Holz-Systemgebäude mit 40 geförderten Miet- und voraussichtlich sechs Eigentumswohnungen. Zum Einsatz kommen vorgefertigte Decken- und Wandelemente des Rhomberg Bauunternehmens Sohm Objektbau. Durch den Verzicht auf fossile Energieträger wird die ressourceneffiziente und umweltfreundliche Bauweise abgerundet und erfüllt den KfW-55-Standard. Die Wärmegewinnung erfolgt über Luft-Wärmepumpen in Kombination mit Photovoltaik auf den Dächern. Dank optimierter Planung und Bauweise sowie Fördermitteln des Landes Baden-Württemberg vereint das Holzensemble eine architektonisch ansprechende Gestaltung mit hoher und nachhaltiger Bauqualität zu leistbaren Preisen. Die Mieten beispielsweise liegen 33 Prozent unter der ortsüblichen Vergleichsmiete.
UBM: Leuchtturmprojekt in der Leopoldstadt
Mit dem LeopoldQuartier im zweiten Wiener Gemeindebezirk entwickelt die UBM auf einer Fläche von knapp drei Hektar Europas erstes Stadtquartier in Holzbauweise, das Platz für Wohnungen, Büros und City-Apartments bieten wird. Die tragende Struktur des 22.000 m² Bürogebäudes wird ab dem ersten Obergeschoss bis ins letzte neunte Geschoss in einer Holz-Hybridbauweise, als Skelettbau aus Holzelementen und Stahlbeton-Fertigteilen, errichtet. Insgesamt kommen im Office-Bau ca. 2.800 m³ Holz aus Brettschichtholzstützen, Brettsperrholzparapeten und Holzbetonverbunddecken zur Anwendung.
Das LeopoldQuartier Living mit seinen 253 Wohnungen stellt das größte aus Holz gebaute Wohnbauprojekt Österreichs dar. Hierfür werden vorgefertigte Elemente aus insgesamt 3.800 m³ Holz zusammengefügt. 20.000 m² Brettsperrholzdecken und -wände, 7.000 m² Holzrahmenaußenwände und 204 Fertigbadzellen ermöglichen eine rasche Bauabwicklung in der Rohbauphase.
Das Gesamtprojekt LeopoldQuartier wird mittels 200 geothermischer Erdsonden und drei Brunnenanlagen sowie Photovoltaik und Heiz-Kühlsegel in den Büros versorgt. Für das LeopoldQuartier OFFICE ist eine Zertifizierung nach DGNB Gold geplant. Das Bürogebäude soll Ende Oktober 2025 fertiggestellt werden, die drei Wohngebäude im Februar 2026. Generalunternehmerin für das LeopoldQuartier ist die Porr.
Leyrer + Graf: Spektakuläre Notenbandskulptur für EXPO 2025
Ein Notenband aus Holz ist der architektonische Blickfang des Österreich-Pavillons auf der Weltausstellung 2025 in Osaka. Die Idee und architektonische Gestaltung stammen vom Wiener Architekturbüro BWM Designers & Architects, für die Umsetzung zeichnet Graf Holztechnik gemeinsam mit dem Ingenieurbüro Werkraum Ingenieure ZT-GmbH verantwortlich.
Für die Herstellung der 16,5 Meter hohen Holzskulptur wurde ausschließlich PEFC-zertifiziertes Fichtenholz aus heimischen Wäldern verwendet. Mit der Entscheidung für »Schrauben statt Leimen«, also dem weitestgehenden Verzicht auf Klebstoffe und Verbundmaterialien, wird eine vollständige Demontierbarkeit der einzelnen Komponenten und Wiederverwendbarkeit der Holzelemente nach der EXPO ermöglicht. Die Konstruktion der Schleife, für die 32 m³ Holz verwendet wurden, folgt einer geodätischen Bandkonstruktion, die somit abwickelbar und einfach herzustellen ist. Geodäten sind jene Linien auf einer gekrümmten Fläche, entlang derer sich Bänder ohne Widerstand abrollen lassen – der Querschnitt wird nur um seine schwache Achse verkrümmt und tordiert, hat aber keine Krümmung entlang seiner starken Achse. Diese Eigenschaft wird ausgenutzt, um die Tragkonstruktion mit geringem Kraftaufwand und ohne komplexe 3D-Fräsungen aus einzelnen, dünnen Holzlamellen zu flechten, die erst nach ihrer Verkrümmung verdübelt wurden. Sie formen dadurch gemeinsam einen hoch leistungsfähigen Querschnitt, bei dem das Ganze mehr als die Summe seiner Teile ist. So können komplexe Tragwerkstrukturen mit einfachem Aufwand erreicht werden. Maßgebend für die Auslegung sind die potenziell starken Taifun-Windlasten in Osaka. Die Schleifenkonstruktion muss somit auf Windgeschwindigkeiten bis zu 201 km/h ausgelegt werden.