Building Information Modeling ist zwar immer noch nicht flächendeckend im Einsatz, fast täglich werden es aber mehr Projekte, die mit BIM geplant und umgesetzt werden. Der Bau & Immobilien Report präsentiert aktuelle Vorzeigeprojekte.
Strabag: FH Campus Wien – Ein Haus für die Gesundheit
Die Strabag realisierte das neue Gebäude der FH Campus Wien als Totalunternehmerin. Mit der BIM-Modellierung wurde bereits im Stadium des Vorentwurfs begonnen, das BIM-Modell wurde über alle Leistungsphasen hinweg weiterentwickelt. Um die bestmögliche Qualitätskontrolle zu garantieren, wurde sogar ein eigenes BIM-Dashboard als Steuerungstool entwickelt. Dieses setzt die verschiedenen Entwicklungsstände der Fachmodelle miteinander in Bezug und macht so ein optimales As-built-Monitoring inklusive lückenloser Qualitätssicherung über alle Phasen möglich. Abweichungen, aber auch, wie genau gebaut wurde, werden somit unmittelbar sichtbar.
»Bei diesem Projekt erreichte die BIM-Planung einen sehr hohen Standard, da das Gesamtmodell nun auch für die Verknüpfung der Baudokumentation und das Facility Management genutzt wird«, erklärt Florian Hornyik, BIM-Experte Strabag Österreich. Die Fachmodelle wurden nicht nur in der Bauabwicklung, der Lean-Taktsteuerung und der Kommunikation und Koordination zwischen den Gewerken genutzt, sondern auch das Raumbuch wurde modellbasiert umgesetzt. Hier geben verschiedene Farbcodes Auskunft über die Nutzungsform und die technischen Daten der einzelnen Räume.
Hornyik nennt noch ein weiteres Highlight: »Im Gebäude sind überall QR-Codes angebracht, die beim Scannen direkt auf das entsprechende Bauteil im BIM-Modell, die dazugehörigen Daten und Informationen verweisen und die Nutzung des Modells für den Gebäudebetrieb somit möglichst einfach gestalten.«
Das neue FH-Gebäude der FH Campus Wien wurde speziell für die Anforderungen der Gesundheitswissenschaften und der Angewandten Pflegewissenschaft konzipiert und bietet auf über 42.000 m2 großzügige, lichtdurchflutete Räume, die das Lernen und Forschen im modernsten Umfeld möglich machen. Mit seiner energieeffizienten Bauweise erfüllt das Gebäude hohe Nachhaltigkeitsstandards und ist ein Vorzeigeprojekt für moderne Bildungsarchitektur.
Bild: Bereits im Stadium des Vorentwurfs wurde mit der BIM-Modellierung des neuen Gebäudes der FH Campus Wien begonnen.
Mensch und Maschine (MuM): Digitaler Zwilling für Schwabach
Unterstützt durch das Förderprogramm TwinBy des Bayerischen Staatsministeriums für Digitales hat Mensch und Maschine (MuM) für die Kreisstadt Schwabach einen digitalen Zwilling entwickelt, damit Planungen und Projekte auf der Grundlage datenbasierter Entscheidungen schneller, besser und kostengünstiger realisiert werden können. Dabei werden statische Daten wie Baujahr, Hausanschlüsse oder Geländeinformationen mit Echtzeitdaten von Sensoren oder Kameras verknüpft, um daraus neue Informationen zu generieren. So kann man künftig etwa an heißen Tagen sehen, wo man sich wegen der Hitze besser nicht aufhält, wo die Temperaturen erträglich oder gar kühl sind und wo man einen Brunnen findet, der Trinkwasser spendet. Auch bei den häufiger auftretenden Extremwetterereignissen soll der digitale Zwilling helfen. So kann man im Voraus berechnen, wie sich eine Flächengestaltung auf das Stadtklima auswirkt und welche Folgen eine Versiegelung bei Starkregen hätte. Im Rahmen des Projekts hat MuM auch ein Solarkataster entwickelt, der Bürger*innen und Planer*innen aufzeigt, ob sich die Installation einer Photovoltaikanlage lohnt. Der Zwilling liefert Informationen über geltende Bebauungspläne sowie detaillierte Ingenieurberechnungen der Sonneneinstrahlung und Verschattung. »Die Möglichkeiten des Digitalen Zwillings sind schier unendlich«, sagt Bürgermeister-Pressesprecher Jürgen Ramspeck.
Die Zusammenarbeit zwischen MuM und Schwabach begann vor rund 20 Jahren. »MuM konnte schon damals 2D-Zeichnungen und Pläne nahtlos mit Sachdaten verknüpfen und hat uns dabei größtmögliche Flexibilität bei der Auswertung und Darstellung gegeben«, erzählt GIS-Administrator Thomas Schöll. Das GIS wuchs mit der Leistungssteigerung der IT: Die Produktfamilie MuM MapEdit erfüllte die Anforderungen an Erfassung, Fortführung, Auswertung, Bürgerportal und mobiles Arbeiten. Auch Arbeiten in 3D wurde möglich.
Bild: Mit dem digitalen Zwilling sollen Planungen und Projekte schneller, besser und kostengünstiger realisiert werden können.
ATP: Plodine Tower in Rijeka
Der von ATP architekten ingenieure geplante Plodine Tower ist ein außerordentliches Revitalisierungsprojekt: Architektonisch modernisiert sowie funktional und technisch optimiert, präsentiert sich das Bürohaus heute mit eleganter Silhouette als ikonischer Blickfang an der Kvarner Bucht in Rijeka. Für dessen effiziente Planung und Ausführung spielte BIM eine zentrale Rolle. Um das ursprünglich postmoderne Design des Bestandsgebäudes gemäß den Wünschen des Auftraggebers umzubauen und dabei aktuelle Anforderungen mit der bestehenden Stahlbetonhülle zu vereinen, setzte ATP auf eine integrale Planung mit BIM. Die digitale Erfassung und Analyse des Bestandsgebäudes ermöglichte präzise Pläne und die frühzeitige Identifikation potenzieller Probleme. Die kontinuierliche Überprüfung der Modellqualität, die Sicherstellung der Datenkonsistenz sowie die lückenlose Dokumentation von Änderungen verbesserten Transparenz, Kommunikation und Koordination aller Projektbeteiligten.
Die präzisen und realitätsnahen 3D-Darstellungen der Innen- und Außenräume und der Fassade halfen dem Auftraggeber auch bei der Entscheidungsfindung. Änderungswünsche und Vorschläge konnte er direkt im Modell realisiert sehen. Das Ergebnis ist ein nachhaltig maßgeschneidertes Revitalisierungsprojekt: So konnte die bestehende Konstruktion mit wenigen, aber komplexen statischen Anpassungen erhalten werden. Zudem erfüllt das umfassend sanierte Gebäude nun die Anforderungen eines »Fast-Null-Energie-Gebäudes«. Für die Architektur wurde der Plodine Tower kürzlich mit dem ICONIC AWARD 2024 ausgezeichnet.
Bild: Dank der integralen Planung mit BIM konnten beim Plodine Tower in Rijekapräzise Pläne erstellt werden und potenzielle Probleme frühzeitig erkannt werden.
pde Integrale Planung GmbH: Süderweiterung des Wiener Flughafens
Beim Totalunternehmerprojekt Süderweiterung des Wiener Flughafens liegt der Fokus von Beginn an auf der Nutzung zukunftsweisender Werkzeuge und Methoden. Die Auftraggeberin Flughafen Wien AG setzt dabei auf den frühzeitigen Einsatz der BIM-basierten Projektabwicklung, um sämtliche Anforderungen an die digitalen Modelle und die Erfordernisse für den Betrieb zu gewährleisten. Diese Vorgaben werden zwischen den Projektpartnern und der pde, die die BIM-Gesamtkoordination verantwortet, laufend harmonisiert. »Der Auftraggeberin ist es unter anderem wichtig, dass sämtliche Standards für Datenqualitäten und -quantitäten mittels openBIM und der zugehörigen Projektorganisation sichergestellt werden. Die Nutzung der Daten für frühzeitige Simulationen wurde in der frühen Leistungsphase durch hohe Qualitätsstandards definiert und umgesetzt«, erklärt Clemens Neubauer, Abteilungsleiter bei der pde Integrale Planung GmbH.
Neubauer ist auch überzeugt, dass die Innovationskraft und die gezielte Umsetzungsanforderung, die in dieses Projekt gelegt werden, in die gesamte Branche ausstrahlen. »Wenn BIM in solch spannenden und komplexen Totalunternehmer-Projekten für Planung, Bauausführung und Betrieb von Beginn an auf Basis von heute vorhandenen Regelwerken und Standards eingesetzt wird, profitiert auch die gesamte Branche von den Erkenntnissen. In der partnerschaftlichen Zusammenarbeit werden sämtliche Empfehlungen diverser Gremien und Ausschüsse in Österreich auch auf den Prüfstand gestellt, um den kontinuierlichen und vor allem praxisbezogenen Verbesserungsprozess im Kontext von BIM voranzutreiben«, so Neubauer.
Bild: Um sämtliche Anforderungen an die digitalen Modelle und die Erfordernisse für den Betrieb zu gewährleisten, setzt der Flughafen Wien frühzeitig auf den Einsatz von BIM.
Allplan: Wien Museum
Vor 63 Jahren wurde das vom Architekten Oswald Haerdtl geplante Wien Museum eröffnet. Nachdem der Platzmangel schon lange ein Problem für das Museum war, wurde beschlossen, dem Gebäude durch eine Erweiterung neues Leben einzuhauchen. Das Grundkonzept des Projekts der Architekten Certov, Winkler + Ruck sah vor, zwei historische Epochen miteinander zu verschmelzen und somit das Alte mit dem Neuen zu verbinden, anstatt die alte Struktur vollständig zu verändern. Der Grundgedanke ist einfach: Es sollte eine »schwebende« Betonfassade als zusätzliches Stockwerk über dem alten Museum errichtet werden. Zusätzlich wurde der Raum zwischen den beiden Gebäuden in einen Glaspavillon im Eingangsbereich umgewandelt.
Um eine qualitativ hochwertige Tragwerksplanung zu sichern, wurden die Experten von Bollinger+Grohmann hinzugezogen, die auf die BIM-Software von Allplan vertrauen. Die Besonderheit des Tragwerksentwurfs liegt darin, dass das architektonisch schlüssige Gebäude aus einem Hochbau mit zwei voneinander getrennten Bauteilen, dem »Altbau« und einem »Neubau« besteht. Der große, architektonisch und statisch komplexe Neubau schließt nicht direkt an den Altbau an, sondern ist in das ehemalige Museumsatrium »eingeschoben«. Zu diesem Zweck wurde im Atrium ein neues Fundament gelegt, auf dem die Stahlbetonkonstruktion des Erweiterungsbaus wächst.
Um diese Herausforderung zu bewältigen und die Grundfläche des Museums zu vergrößern, wurde die alte freitragende Stütze entfernt und ein neuer Stahlträger in die Decke eingesetzt, um das hohe Gewicht zu tragen. Die längeren freitragenden Balken wurden durch einen zweigeschossigen Stahlträger und einen ringförmigen Stahlträger mit Punktauflager im vierten Stockwerk ersetzt. So entstanden eine neue Halle, eine Treppe sowie zwei neue Stockwerke.
Bild: Bei der Trasgwerkplanung kommt die BIM-Software von Allplan zum Einsatz.
Weiterbildungstipp: Neuer Studiengang Bauprozessmanagement
Gemeinsam mit der Universität für Weiterbildung Krems hat die BAUAkademie BWZ OÖ den neuen Studiengang » Professional Bauprozessmanagement« ins Leben gerufen. Start ist im März 2025. »Ziel des Studienlehrgangs ist es, perfekt ausgebildete Führungskräfte für die Zukunft am Bau zu sichern«, sagt Erich Kremsmair, MBA, Lehrgangsleiter des Bachelors Bauprozessmanagement. Das Studium will Theorie und Praxis verknüpfen und verspricht die bestmögliche Vorbereitung auf die ständigen Herausforderungen und Veränderungen in der Bauprojektsteuerung. Zudem geht es im Studiengang um Fähigkeiten im Projektmanagement und in der Teamführung sowie um die Anwendung modernster Technologien.
Kommentar: Das 1 × 1 für kooperative Projektabwicklung
Auf den ersten Blick scheint alles sehr klar und einfach: Es gibt Handbücher für Projektmanagement, Kommunikationsratgeber und Fortbildungen zum SCRUM-Master und noch vieles mehr, um Projekte erfolgreich abzuwickeln. Ein Kommentar von Martina Kapsammer. Sie leitet mit Hildegard Utermöhlen die Kulturworkshops der DELTA.
Bild: »Ohne Vertrauensvorschuss arten Projekte schnell in überbordender Bürokratie aus«, sagt Martina Kapsammer.
Wir wissen, dass Vertrauen unter anderem die Basis guter Beziehungen ist. Das Vertrauen, das wir Menschen gegenüber aufbringen müssen, die wir nicht gut kennen oder einschätzen können, ist größer als jenes gegenüber Personen aus unserem engsten sozialen Kreis. Das fällt uns sicherlich manchmal schwer, doch ohne diesen Vertrauensvorschuss geht es nicht; ohne ihn können Projekte in überbordender Bürokratie ausarten.
Um Vertrauen stabil aufzubauen und zu stärken, benötigt es gemeinsame Zeit, außerhalb der klassischen Jour fixes und Besprechungen. Gemeinsame Aktivitäten, Workshops oder Ausflüge als Projektteam fördern die Akzeptanz in der Gruppe, verbessern die gemeinsame Ausrichtung und stärken so das Vertrauen innerhalb des Teams. Hierbei hat man Zeit, um mit dem nötigen Feingefühl Unstimmigkeiten oder Herausforderungen im Team zu erkennen und vielleicht auch deshalb ins Gespräch zu kommen.
Ein neutraler Ort oder Raum kann oft hilfreich sein, um Anliegen, Wünsche oder Herausforderungen im Projekt oder im Team anzusprechen. Sehr häufig stellen wir fest, dass die Art der Kommunikation im Team sich allein durch verschiedene Gespräch-Settings verändern kann, dabei erleichtert eine moderative Begleitung die Kommunikation und beleuchtet Anliegen, Erwartungen und etwaige Probleme.
Diese Art und Weise mit den verschiedenen Themen und Herausforderungen umzugehen, formen die Kultur im Team und etablieren Handlungsweisen und Muster, wie damit umgegangen wird – zum Beispiel indem auch unangenehme Themen im Team offen angesprochen werden. Gehört-werden und zuzuhören formt unbewusst die gemeinsamen Teamregeln. Über Szenarien zu sprechen, die etwaige Probleme aufzeigen, sie greifbarer und damit leichter verdaulich machen, lässt das Team resilienter gegenüber unvorhersehbaren Herausforderungen werden. Ebenfalls können so auch Lösungsvarianten diskutiert werden. Denn in jenen Teams, in denen der Fokus auf Lösungen liegt, dreht man sich weniger um Probleme.