Neueste Studien zeigen: Ohne intelligente Gebäude gibt es keine Klimawende. Gelebtes ESG ist dabei der Schlüssel.
Environmental, Social and Governance ist entscheidend als Wettbewerbsvorteil und auf lange Sicht ausschlaggebend für den Erfolg eines Unternehmens. Immer mehr Baubetriebe erkennen das. »Was bisher nur Vorreiter mit Hilfe von Nachhaltigkeitszertifikaten gemacht haben, wird sukzessive auf breite Teile des Marktes ausgerollt« – damit hat zuletzt Robert Lechner, Vorstand des Österreichischen Ökologie-Instituts und Geschäftsführer von pulswerk, der heimischen Baubranche gute Noten ausgestellt. »Unser erster ESG-Bericht wurde bereits 2009 publiziert«, berichtet etwa Karl-Heinz Strauss, CEO der Porr. Von den sechs Umweltzielen seien Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und der Übergang zur Kreislaufwirtschaft besonders relevant, da diese repräsentativ für das Kerngeschäft und den Markterfolg sind. »Natürlich spielen auch Themen wie Biodiversität und Wasserressourcen im Rahmen unserer Bauprojekte eine Rolle«, so Strauss.
Porr hat mit dem konsequenten Ja zu ESG natürlich kein Alleinstellungsmerkmal. Die Kirchdorfer Gruppe setzt ESG seit Juni 2022 konzernübergreifend um. Im Juni 2023 wurde die ESG- und Nachhaltigkeitsstrategie von den Gesellschaftern zur Umsetzung freigegeben, seitdem arbeiten spartenübergreifende Projektgruppen an den fünf strategischen Nachhaltigkeitszielen Fertigprodukte, Kreislaufwirtschaft, Dekarbonisierung, Optimierung des Energieeinsatzes in Produktion und Logistik sowie Förderung, Entwicklung, Schutz und Gesundheitsvorsorge bei den Arbeitskräften. »Parallel haben wir ein Berichtswesen aufgebaut, Roadmaps zur Dekarbonisierung erstellt und die IT-Infrastruktur für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele weiterentwickelt«, informiert Joao Paulo Pereira da Silva, Mitglied im Lenkungsausschuss der Kirchdorfer Nachhaltigkeitsstrategie. Im Bereich Social wurde zum Beispiel die gruppenweite Sicherheitskampagne LEO+S für Arbeitssicherheit und Unfallprävention geschaffen, ein regionaler Katastrophenfonds für betroffene Mitarbeitende sowie eine Initiative zur Förderung und Vernetzung von Frauen innerhalb der Gruppe.
»Hinsichtlich Governance ist seit einem Jahrzehnt ein verbindlicher Code of Conduct etabliert, der insbesondere die Verantwortung in unseren Lieferketten festschreibt«, ergänzt Geschäftsführer Michael Wardian. Das Thema Kreislaufwirtschaft sei ein zentrales, strategisches Nachhaltigkeitsziel.« Ein besonderer Fokus liegt dabei auf Recyclingbeton. Ziel ist es, den Anteil von Recyclingbeton von bis zu 30 % nicht nur über externe Lieferketten zu realisieren, sondern auch selbst herzustellen. »Wir arbeiten daran, Genehmigungen zu erwirken, um vermehrt Recyclingmaterial für höherwertige Anwendungen in unseren Rohstoffbetrieben selbst herzustellen«, so Wardian. Eine Herausforderung bleibt die Abbildung des angestrebten Recyclingbeton-Anteils im Normenwesen sowie die Herstellung von Recyclingmaterial aus Bodenaushub, wofür bereits eine ÖNORM in Vorbereitung ist.
UBM Development hat bereits 2017 einen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht, der sich an den Richtlinien der Global Reporting Initiative, GRI, orientierte. 2020 hat sich der Immobilienentwickler dann das Motto »green. smart. and more« gegeben und sich damit zur Entwicklung nachhaltiger, intelligenter und ästhetisch anspruchsvoller Immobilien verpflichtet. Von den Umweltzielen liegt der Fokus laut Österreich-Geschäftsführer Peter Schaller vor allem auf Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und Biodiversität. »Im Rahmen von Social und Governance forcieren wir Mitarbeiterzufriedenheit, Diversität, Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden sowie Anti-Korruption und Compliance, auch in der Lieferkette und transparente Berichterstattung. Mit über 300.000 m² Lebens- und Arbeitsraum in Holzhybridbauweise bis 2028 sind wir auf dem besten Weg, einer der führenden Entwickler von Holzbauprojekten in Europa zu werden«, betont Schaller und nennt das LeopoldQuartier, das gemeinsam mit Porr errichtet wird, als Vorzeigeprojekt. Das im Holz gebundene CO2 und das reduzierte Gewicht der Hybrid-Bauweise ermöglichen erhebliche Emissionseinsparungen und einen weitaus geringeren Rohstoffbedarf im Vergleich zum Massivbau. Durch die konsequente Nutzung von Erdwärme, Erdkälte und Photovoltaik ist das LeopoldQuartier zudem im Betrieb CO2-neutral.
Gegenüber einer herkömmlichen Energieversorgung mit Fernwärme spart das LeopoldQuartier jährlich etwa 330 Tonnen CO2. Die Bundesimmobiliengesellschaft verweist auf die Schonung von Ressourcen und Verhinderung von Bodenversiegelung und investiert verstärkt in die Sanierung bestehender Gebäude. Beim Projekt Modernisierung der Universität Wien – Sanierung des Bibliothekstrakts wird unter anderem die Energieeffizienz deutlich optimiert. Folgende Schritte setzt die BIG: Die alte Heizungsinstallation wird komplett erneuert, Niedertemperaturheizflächen wie Fußbodenheizungen und Deckenkühlungen sind geplant, die bestehenden mechanischen Lüftungsanlagen werden gegen moderne energieeffiziente Lüftungen mit hocheffizienten Wärmerückgewinnungsanlagen getauscht, die Räume gezielt temperiert und gelüftet sowie neue energiesparende LED-Lampen eingesetzt und Fernwärme genutzt.
ESG-Fortschritt
Bauunternehmen agieren als Teil eines großen Ganzen. »Von der Planung über die nachhaltige Beschaffung bis zum Bau und zur Entsorgung bzw. Wiederverwertung der Baustoffe im Sinne der Kreislaufwirtschaft greifen viele Räder ineinander«, betont Porr-Chef Karl-Heinz Strauss. »Wenn wir im Bau ein ESG-Optimum erreichen wollen, müssen wir alle an Bord holen. Das kann bedeuten, branchenübergreifende Kooperationen einzugehen, wie wir das im Recycling von Gips, Mineralwolle und EPS bereits tun, oder Kooperationen zur Entwicklung nachhaltiger Baustoffe zu schaffen.« Hilfreich ist auch Early Contractor Involvement, wenn die Expertise der Baufirmen bereits in der Planungsphase eines Bauprojekts hinzugezogen wird.
Bild: »Leicht ist die Erfüllung der ESG-Kriterien nur dann, wenn man sie nicht ernst nimmt und oberflächlich betrachtet«, sagt Porr-CEO Karl-Heinz Strauss. (Bild: Astrid Knie)