Sonntag, Dezember 22, 2024
»Ich möchte Aluminium aus der Nische holen«
Harald Greger und Agnes Hartl teilen dieselbe Vision: Die Akzeptanz in der Branche für die Leistungen des AFI steigern und damit neue Lizenznehmer zu gewinnen, um die Schlagkraft zu erhöhen.

... das sagt Agnes Hartl, die die Agenden Marketing und Kommunikation im Aluminium-Fenster-Institut AFI von Harald Greger übernommen hat. Im gemeinsamen Interview sprechen sie über Meilensteine und Herausforderungen der Vergangenheit, Trittbrettfahrer und notwendige Strategieänderungen sowie konkrete Aufgaben und Ziele für die Zukunft.

Herr Greger, Sie waren 37 Jahre lang Geschäftsführer des AFI. Was wird Ihnen aus dieser Zeit positiv in Erinnerung bleiben, was negativ?
Harald Greger: Wir haben mit dem AFI eine vorher nicht vorhandene Stelle für das Marketing von Metallbau und Alukonstruktionen geschaffen, die bis heute besteht. Wenn Sie so wollen, ein Sprachrohr für die Branche. Das AFI hat fast mein gesamtes Berufsleben bestimmt. Das wird auf jeden Fall positiv in Erinnerung bleiben.

Was wird negativ in Erinnerung bleiben?
Greger: Sagen wir so, natürlich gab es auch viele Herausforderungen (lacht). Die größte Herausforderung einer Organisation, die sich aus freiwilligen Beiträgen der Lizenznehmer finanziert, ist die kontinuierliche Sicherstellung des Budgets. Da geht es auch darum, die unterschiedlichen Lizenznehmer – Firmen und Personen – auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, der in der Öffentlichkeit gehört wird und allen etwas bringt. Das war nicht immer einfach, ist uns aber bei allen wichtigen Entscheidungen durch intensive Gespräche immer wieder gelungen. Es war auch sehr hilfreich, dass in unseren Ausschüssen immer die zentralen Entscheidungsträger wie Eigentümer oder Geschäftsführer gesessen sind.

Die letzten Jahren waren durchaus turbulent. Dem AFI gingen wichtige Systempartner verloren, die Folge war eine komplette strategische Neuausrichtung und Öffnung. Ihr kürzlich gezogenes Fazit dazu fiel sehr positiv aus. Kann man sagen, dass der Schritt zu spät gekommen ist?
Greger: Die Ausrichtung war früher getragen von den Lizenznehmern. Wir hatten sechs, dann sieben, dann vier Systemhäuser als Lizenznehmer. Aus unterschiedlichen Gründen wie zum Beispiel Fusionen hat sich die Zahl der Lizenznehmer zuletzt auf zwei reduziert. Solange sich die beiden Lizenznehmer über einen gemeinsamen Weg einig waren, gab es keine Probleme. Aber natürlich ist man bei einer Gemeinschaftswerbung mit zwei Partnern am absoluten Limit.

Inwieweit würden Sie die anderen Systemhäuser als Trittbrettfahrer der Gemeinschaftswerbung sehen?
Greger: Zu 100 %. Sie dürfen zwar die Marke nicht führen, profitieren aber natürlich von unseren Aktivitäten.

Waren Sie über die Austritte der Unternehmen enttäuscht?
Greger: Ja, zum Teil sicher. Aber wenn wie bei Wicona die Geschäftsleitung nach Ulm wechselt und der Bezug zu Österreich deutlich reduziert wird, kann man den Schritt natürlich verstehen. Dasselbe gilt für die angesprochenen Fusionen. Da sind Emotionen fehl am Platz. Aber wenn die Grundbedingungen nicht mehr gegeben sind, dann gibt es zwei Möglichkeiten: aufhören oder sich ändern. Wir haben uns mit der strategischen Neuausrichtung für Letzteres entschieden.

Das AFI ist so etwas wie Ihr Lebenswerk. Jetzt ist es soweit, dass Sie das Zepter weitergeben. Was möchten Sie Ihrer Nachfolgerin mit auf den Weg geben?
Greger: Das AFI ist ein zentrales Sprachrohr für den Metallbau und speziell für Aluminium. Es geht darum, sich gegenüber anderen Werkstoffen zu positionieren und unternehmensneutral zu informieren und das Marketingpotenzial zu schärfen. Nach der strategischen Neuausrichtung haben wir jetzt 25 Lizenznehmer und die gilt es zu unterstützen. Trittbrettfahrer wird es immer geben, aber ihre Zahl soll sukzessive verkleinert werden.

Frau Hartl, wo sehen Sie als Nachfolgerin von Herrn Greger ihre Hauptaufgaben?
Agnes Hartl: Der erste Schritt ist, mit den Lizenznehmern in Kontakt zu treten und ein Netzwerk aufzubauen. Ein inhaltlicher Fokus wird sicher auch auf Social Media liegen, da sehe ich das Potenzial bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Meine Aufgabe sehe ich darin, dieses Potenzial aufzuzeigen und die Unternehmen bei der Umsetzung zu unterstützen. Ich selbst bin das beste Beispiel. Bevor ich im AFI angefangen habe, wusste ich nur sehr wenig über die ökonomischen und ökologischen Vorzüge von Aluminium. Ich war ehrlich überrascht, wie nachhaltig Aluminium ist. Das einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen und auch die Medien dafür zu begeistern, habe ich mir zum Ziel gesetzt.

Wenn wir die verschiedenen Stakeholder betrachten, wo sehen Sie die meiste Arbeit auf sich zukommen?
Hartl: Der Fokus wird sicher auf Architekten, Designern und Bauherren liegen. Die müssen die Entscheidung treffen, mit Aluminium zu bauen. Dafür wiederum werden wir die Medien brauchen. Und dann geht es natürlich darum, den Unternehmen zu zeigen, wie wichtig das AFI als Institution ist.

Wie sehen die langfristigen Ziele aus?
Hartl: Langfristiges Ziel ist eine gelebte Community. Es sollen wirklich alle an einem Strang ziehen. Nicht nur die Metallbau-Unternehmen, sondern auch die ganzen Zulieferer und Generalunternehmer. Da sind uns andere Baustoffe wie etwa Holz derzeit noch ein Stück voraus. Ich möchte Aluminium aus der Nische holen.

Wir haben schon darüber gesprochen, dass Sie in gewisser Weise das Lebenswerk von Herrn Greger übernehmen. Was werden Sie ähnlich machen wie er, was anders? Wo wird man Ihre Handschrift sehen?
Hartl: Ich gehöre einer anderen Generation an. Ich bin mit dem Internet aufgewachsen und Werkzeuge wie Social Media sind für mich eine Selbstverständlichkeit. Die Art zu kommunizieren ist eine andere. Da wird man meine Handschrift auch relativ früh sehen – hoffe ich (lacht).
Ich habe Spaß daran, Neues zu entdecken und zu erforschen, und finde es extrem reizvoll, ein Thema, das nicht so in der öffentlichen Aufmerksamkeit steht, bekannter zu machen.

Wenn wir uns in einem Jahr wieder unterhalten. Was muss in diesem Jahr passiert sein, damit Sie von einem erfolgreichen Start sprechen?
Hartl: Wenn wir die Zahl der Lizenznehmer verdoppelt haben, wenn ich das Gefühl habe, dass meine Leistungen und meine Handschrift angenommen werden, dass ich den Leuten und Unternehmen helfen kann und dass man spürt, dass sich in der Branche etwas tut.

Herr Greger, was muss aus Ihrer Sicht passieren, damit auch Sie von einem erfolgreichen ersten Jahr sprechen?
Greger: Ich kann nur unterstreichen, was Frau Hartl sagt. Ich würde es aber nicht nur an der Zahl der Lizenznehmer festmachen, sondern vielmehr an der Akzeptanz in der Branche. Natürlich ist eine Budgetsteigerung wünschenswert, um noch mehr Raum und Möglichkeiten zu haben, die Aufgaben des AFI erfolgreich zu erfüllen. Das Wichtigste ist die Community, wie Frau Hartl gesagt hat. Die muss von den Leistungen und der Arbeit des AFI überzeugt sein.


Über das AFI
35 Jahre lang waren die großen Systemhäuser die Lizenznehmer und Partner des AFI. Anfang 2023 folgte eine Strategieänderung und das AFI öffnete sich für alle österreichischen Metallbauunternehmen. In Kooperation mit der AMFT – Arbeitsgemeinschaft der Hersteller von Metall-Fenster/Türen/Tore/Fassaden will man gemeinsam mit Systemanbietern, Oberflächenveredelungsbetrieben, Glasproduzenten und anderen Unternehmen bzw. Organisationen der Branche tätig sein. Kernbereiche sind die interne Kommunikation und das neutrale Metallbau-Marketing. Im Rahmen der internen Kommunikation ermöglicht der Verein die Entwicklung von Positionen die Lizenznehmer und Lizenzpartner von innen her stärken. Nach außen fungiert das AFI als neutrales öffentliches Sprachrohr für den hochwertigen Metallbau. Als Vision wurde der Aufbau einer »Metallbau.Influencer.Community« genannt, die selbstbewusst kommuniziert, was der Metallbau kann.

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