Wenn gewerbliche und und gemeinnützige Bauträger zur gemeinsamen Pressekonferenz laden und auch die Sozialpartner mit an Bord sind, dann muss die Not groß sein. Gemeinsam will man eine Allianz schaffen, in der Bund, Länder und Kommunen auf Augenhöhe mit allen Branchenverbänden Vorschläge und Maßnahmen erarbeiten, damit Initiativen wie das Wohnbaupaket bestmögliche Wirkung in der Praxis erzielen können.
Der letzte Minister, der das Portfolio „Bauten“ im Titel trug, war Heinrich Übleis in der Bundesregierung Vranitzky I bis 1987. „Seither wird der Wohnbau im Bund stiefmütterlich behandelt und niemand fühlt sich letztverantwortlich. Aus unserer Sicht fehlt es an zwei wesentlichen Elementen: Der Koordination zwischen Bund, Ländern und Kommunen in Wohnbau und Stadtentwicklung sowie der Vermittlung und Koordination zwischen der europäischen und nationalen Ebene. Wir stehen mit unserer Expertise gerne bereit, bei der Umsetzung mitzuwirken", erklärt Andreas Köttl, Präsident der Vereinigung Österreichischer Projektentwickler VÖPE.
Das Wohnbaupaket der Bundesregierung wird ausdrücklich begrüßt, doch ginge die Umsetzung nur schleppend voran. Was es daher jetzt brauche, um ins Handeln im Interesse der Bevölkerung zu kommen, wäre ein koordiniertes und abgestimmtes Vorgehen zwischen Politik und Wirtschaft. Dafür brauches es eine neue Perspektive für neue Strukturen. "Was hilft es, wenn die Bundespolitik Geld bereitstellt, dieses aber nicht auf unseren Baustellen ankommt? Das zugesagte Geld muss vom ‚Papier in Wien‘ so schnell wie möglich auf den Baustellen in ganz Österreich ankommen – sowohl in der Sanierung als auch im bedarfsorientierten Wohnungsneubau. Wir brauchen keine leeren Versprechen und Überschriften, sondern durchführbare Lösungen. Nur durch gemeinsames Handeln können wir diese Krise bewältigen und einen positiven Wohnungsmarkt sichern“, fordert Gewerkschaftschef Josef Muchitsch.
Zahlen und Fakten
Stark gestiegene Bodenpreise, hohe Baupreise und gestiegene Kapitalmarktzinsen bremsen die Immobilien- und Bauwirtschaft aktuell. Wurden 2019 vor Corona noch rund 85.000 Baugenehmigungen erteilt, so war für 2023 ein Rückgang auf nur mehr rund 47.000 Genehmigungen zu beobachten (Quelle: Statistik Austria, Baumaßnahmen). Dazu kommt, dass viele genehmigte Bauprojekte zurzeit „on-hold“ sind und nicht begonnen werden.
Auch die Zahlen der gemeinnützigen Wohnbauträger sprechen eine deutliche Sprache: Wurden 2023 noch 14.900 Wohnungen fertiggestellt (diese Bauleistung lag bereits 10 % unter dem 10-Jahres-Schnitt), so werden 2024 14.100 Fertigstellungen erwartet. 2025 dann eine Bauleistung von nur mehr 10.000 bis 11.000 Wohnungen.
Köttl appellierte an die Politik, dass diese heute handeln müsse, damit die Menschen morgen wohnen könnten. „Oft wird unterschätzt, was für eine Vorlaufzeit wir bei den Projekten haben. Jede Wohnung, die heute nicht geplant wird, wird uns in drei bis fünf Jahren fehlen. Wesentlich für unser Arbeiten sind die Beschleunigung von Verfahren, eine Reduktion von Bürokratie und die Attraktivierung von klimagerechtem Bauen und Sanieren. Dabei ist es unerheblich, welche Rechtsform ein Bauträger aufweist."
Klaus Baringer, Verbandsobmann der gemeinnützigen Bauvereinigungen sieht in den gemeinnützigen Bauvereinigungen einen wesentlicher Hebel der Problembewältigung. „Wir brauchen aber dringend nachhaltige Maßnahmen, beispielsweise in Sachen Wohnbauförderung. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt lagen wir Anfang der 1990er Jahre bei 1,4 % des Bruttoinlandsproduktes, aktuell stehen wir nur mehr bei 0,4 % des Bruttoinlandsproduktes. Eine Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung ist daher das Gebot der Stunde.“
Peter Krammer, Obmann Fachverband der Bauindustrie, zeigt die in der Baubranche schon seit längerem alarmierende Entwicklung im Bereich des leistbaren Wohnens auf. „Der Wohnbausektor erlebt derzeit den stärksten Einbruch seit mehreren Jahrzehnten. Die aktuelle Prognose des WIFO für 2024 geht von einem realen Rückgang der Wohnbauinvestitionen um 5,8% aus."
Die Entwicklung der Baubewilligungen spricht eine deutliche Sprache: