Scharfkantige Werkstoffe, Kälte, offene Flammen, elektrische Risiken und schlechte Sichtbarkeit – Schutzkleidung reduziert das Gefährdungspotenzial.
Der Fachkräftemangel am Bau in Österreich ist ein wachsendes Problem. Es gilt daher umso mehr, das bestehende Personal zu halten und vor Unfällen zu schützen, denn diese passieren noch zu oft. Im Jahr 2023 ereigneten sich in Österreich 76.581 Arbeitsunfälle bei unselbständig Erwerbstätigen, 15.000 davon am Bau. Arbeiten ist laut AUVA in Österreich zwar wesentlich sicherer geworden, die Rate der Arbeitsunfälle ist zwischen 1980 und 2020 deutlich zurückgegangen, in der Baubranche sind Arbeiter*innen aber nach wie vor deutlich stärker gefährdet als in anderen Berufssparten. Häufige Verletzungen sind z. B. Brandwunden bei Schweißarbeiten, Verätzungen und Vergiftungen durch Säuren oder Gase, Stromschläge sowie Stoß-, Quetsch- und Schnittwunden.
Die Arbeitsinspektion listet bei ihren Unfallberichten den Absturz von einem Schwerlastregal ebenso auf wie den Tod durch einen umgefallenen Stapel an Lärchenholz, den Arbeitsunfall mit einer Hubarbeitsbühne, bei Schalungsarbeiten, durch lockere Ladestellenschranken eines Bauaufzugs sowie durch ein falsch dimensioniertes Arbeitsgerüst. Am häufigsten in Mitleidenschaft gezogen werden Hände (31,9 %), Füße und Knöchel (18,9 %) sowie Kniegelenke und Unterschenkel (12,2 %). Zwei Drittel aller Unfälle am Bau sind laut einer Studie der EU auf Fehler bei der Bauplanung und mangelnde Baustellenkoordination zurückzuführen.
Der SiGePlan (Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan) führt zu mehr Sicherheit, aber auch eine vorschriftsmäßige Schutzkleidung reduziert die Unfallquote. Je nach Gewerk umfasst die Ausrüstung Helme, Handschuhe, spezielle Arbeitsschuhe, schnittfeste Jacken und Hosen, Schutzbrillen, Atem- und Gehörschutz aber z. B. auch ein Sicherheitsgeschirr. Farbe und Reflektoren erhöhen bei regem Verkehr auf der Baustelle die Sichtbarkeit. Regelungen zur Verwendung von persönlicher Schutzausrüstung finden sich im Arbeitnehmer*innenschutzgesetz sowie in der Verordnung Persönliche Schutzausrüstung. Auch die europäische Norm EN ISO 20471 definiert Anforderungen an Kleidung für Mitarbeitende, die aufgrund ihres Arbeitsplatzes in puncto Sichtbarkeit und Erkennbarkeit einem hohen Risiko ausgesetzt sind.
Richtig geschützt
Ob falsch angelegte Schutzkleidung bzw. der Verzicht darauf für eine Vielzahl der Unfälle am Bau verantwortlich sind, lässt sich nicht belegen. Laut AUVA gibt es keine Statistik über die Unfallursache. Es werde selten Meldung erstattet, ob ein fehlender Helm, unpassende Regenstiefel oder ein falscher Arbeitsmantel schuld waren. Viele erwarten von einer Schutzkleidung, dass sie möglichst viele Schutzfunktionen abdeckt. »Die PSA sollte aber besser passgenau für die Anforderungen der Tätigkeit ausgewählt werden«, empfiehlt Stefan Janzen, technischer Geschäftsführer von Mewa Österreich. Je mehr Tragekomfort eine Schutzkleidung bietet, umso eher werde sie freiwillig und vorschriftsmäßig getragen. »Viele Multinormgewebe enthalten einen Chemikalienschutz, wodurch sich der Tragekomfort der Kleidung deutlich verringert«, nennt er ein Beispiel.
Durch die Entwicklung spezifischer, funktionaler Lösungen habe sich viel verbessert, z. B. durch ergonomische Schnitte und komfortable Hightech-Gewebe, ergänzt Silvia Mertens, Leiterin des Produktmanagements. Mewa führt eine eigene Entwicklungsabteilung für Berufs- und Schutzkleidung. In intensiven Testverfahren im hauseigenen Technikum wie auch in zertifizierten Instituten, werden die Belastbarkeit und Haltbarkeit der Berufskleidung überprüft. Das Ergebnis: Verbesserte und langlebige Gewebe mit neuen und zusätzlichen Schutzfunktionen, wie Antistatik-, Schweißer- oder Chemikalienschutz.
Leyrer + Graf macht regelmäßige Begehungen durch Mitarbeiter*innen aus dem Bereich Arbeitssicherheit. »Diese führen persönliche Gespräche mit den Verantwortlichen der jeweiligen Baustellenteams, um zum einen die Sensibilität zu erhöhen und zum anderen auch darauf zu achten, dass die Kleidung korrekt eingesetzt und getragen wird«, informiert Firmenchef Stefan Graf. Generell ist die Arbeitskleidung laut Graf mit Piktogrammen gekennzeichnet, um festzustellen, welche Normen sie erfüllt. Beim aktuellen Mewa-Markenkatalog für Arbeitsschutz wurde bei der Produktauswahl verstärkt auf ressourcensparende Herstellung und auf ein nachhaltiges Nutzungskonzept geachtet.
Bild: Für den Arbeitstag in der bevorstehenden Sommersaison bietet Mewa ein komplettes Outfit inklusive Sunblocker.
»Unter anderem wurden Fleecejacken von Hakro aufgenommen, die zu hundert Prozent aus recyceltem Polyester hergestellt sind. Zu unserer Eigenmarke Korsar zählt das neue Handschuhmodell Kori-Flex Eco, zu 96 Prozent aus recyceltem Polyester«, informiert Janzen. Nachhaltigkeit verfolgt auch das schwedische Unternehmen Fristads, das Arbeitskleidung aus leichtem Material mit einem mechanischen Stretchanteil bietet. Alle Kleidungsstücke sind metallfrei, UV-geschützt und Oeko-Tex-zertifiziert. Haberkorn unterstützt ebenso Sicherheit für Mitarbeiter*innen am Bau, das Portfolio reicht vom Warnschutz-Shirt über die Schweißmaske bis zur Sturmhaube und einem Exoskelett, das dem Ermüden des Bewegungsapparates vorbeugt. 3M bietet mit der Aura-9300+Gen3-Partikelmasken-Serie eine neue Generation an Atemschutzmasken.
Sommer 2024
Während der Sonnenschutz im Urlaub am Strand eine Selbstverständlichkeit ist, wird er bei der Arbeit im Freien nach wie vor oft vernachlässigt. Die AUVA empfiehlt die Einhaltung des TOP-Prinzips, d. h. technische (z. B. Abschattung durch ein Sonnensegel), organisatorische (z. B. Vermeidung der Mittagssonne) und personenbezogene (z. B. UV-Schutzkleidung) Schutzmaßnahmen. Mewa bietet das Polo-Shirt Basics Air, das thermoregulierend ist und dank spezieller Fasereigenschaften einen sehr guten Tragekomfort bietet. Haberkorn hat die aktiv kühlende Funktionskleidung mit der E.Cooline-Technologie in seinem Portfolio.