Der Materialkataster Madaster erfasst alle in einem Gebäude verbauten Materialien in einer Datenbank, um CO2-Bilanz und Wiederverwertbarkeitspotenzial einschätzen zu können. Am 11. April erfolgte nach einer zweijährigen Pilotphase der offizielle Marktlaunch in Österreich.
Klimaziele, Green Deal, EU-Taxonomie, steigende Energie- und Materialpreise, Rohstoffknappheit sowie Nachhaltigkeitskriterien bei der Kreditvergabe. Um die Umweltauswirkungen der Bau- und Immobilienbranche zu reduzieren, wird die Kreislaufwirtschaft in Zukunft deutlich an Bedeutung gewinnen. Dabei geht es nicht nur um das Recyceln von Baumaterialien oder die Reduktion von Primärstoffen. Vielmehr müssen Gebäude über ihren gesamten Lebenszyklus zirkular gedacht, geplant, gebaut und genutzt werden. Bisher hatte die heimische Bau- und Immobilienbranche dazu aber kaum sinnvolle Möglichkeiten. Weder konnten Daten ausreichend erfasst und dokumentiert noch mit anderen Bauten oder Partnern abgeglichen werden. Dazu kommt, dass oft nicht bekannt ist, was in bestehenden Gebäuden konkret verbaut ist bzw. was davon eventuell wieder verwendet werden kann. Der deutsche Architekt Thomas Rau hat deswegen vor rund sieben Jahren Madaster ins Leben gerufen, um ein Katastersystem für Gebäude und das darin verbaute Material zu schaffen und so einen Beitrag zu einem effizienteren Umgang mit Ressourcen zu leisten. Mit Madaster können alle Materialien, die in einem Gebäude verbaut wurden, digital erfasst und hinsichtlich ihrer Wiederverwertbarkeit und CO2-Bilanz eingeschätzt werden. Heute existiert Madaster bereits in sieben europäischen Ländern.
In Österreich ist Madaster seit 2022 am Start. 28 ausgewählte Partnerunternehmen arbeiten bereits mit Madaster. Am 11. April folgte nun der offiziellen Markt-Launch, seither ist Madaster für Unternehmen aus allen Bereichen der Wertschöpfungskette in Form von Partner-Paketen zugänglich.
Best Practice aus Österreich
Zum Einsatz kommt Madaster aktuell bei einem der »grünsten« Gewerbeobjekte Österreichs, dem Greenity Gate in Guntramsdorf. Schon in der Planungsphase erhielt es das DGNB-Vorzertifikat in Platin, das den derzeit höchsten Nachhaltigkeitsstandard darstellt. Bei dem Refurbishment-Projekt verwendet IG Immobilien Madaster erstmals von der Planungsphase weg. »Alle verwendeten Materialien wurden sorgfältig auf ihre Recyclingfähigkeit und ihre ökologischen Auswirkungen hin ausgewählt und auch die Rückbaufähigkeit wird beachtet«, erklärt Paul Grassel, Geschäftsführer von IG Immobilien. Auch der für die Umsetzung verantwortliche Generalunternehmer Handler begrüßt den Einsatz von Madaster in Hinblick auf das ESG-Reporting. Um dieses möglichst transparent und mit wenig Aufwand aus Sicht eines Generalunternehmers zu gestalten, brauche es ein Verständnis über die Wirkungszusammenhänge und die entsprechenden Werkzeuge.
Madaster im Bestand
Madaster kann aber nicht nur im Neubau zum Einsatz kommen, sondern auch im Bestand. Beim Greenity Gate wurde etwa von der Drees & Sommer-Tochter EPEA mit Hilfe von Madaster die Bestandsaufnahme durchgeführt und ein Circularity Passport® erstellt. »Nur so können wir eine nachhaltige Bauwirtschaft fördern und gleichzeitig unsere Umwelt für zukünftige Generationen bewahren«, so Marcel Özer von EPEA.