In seinem »Österreichplan« hat sich Bundeskanzler Karl Nehammer für eine deutliche Erhöhung der Eigentumsquote von derzeit 48 % auf 60 % ausgesprochen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollen etwa gemeinnützige Wohnungen von ihren Mieter*innen um einen Kaufpreis erworben werden können, der sich an den bloßen Errichtungskosten orientiert und nicht am Verkehrswert, sofern sie für einen gewissen Zeitraum selbst genutzt werden. Der Bau & Immobilien Report hat den Bautensprecher der ÖVP, Johann Singer, und Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen um ihre Sicht der Dinge gebeten.
Pro: Attraktive Mietkaufmodelle
Bild: Johann Singer ÖVP-Bereichssprecher für Wohnen und Bauten
»ÖVP-Bundesparteiobmann und Bundeskanzler Karl Nehammer hat in seinem ›Österreichplan‹ auch das Thema Eigentum bzw. Eigentumserwerb zu einer wesentlichen Zielsetzung bis 2030 gemacht. Es ist gerade für jüngere Menschen wichtig, dass sie die Möglichkeit haben, sich durch ihre Arbeit auch etwas zu schaffen. Ein Weg dorthin liegt für uns dabei in einem Modell für eine ›echte‹ Kaufmiete, die es zu schaffen gilt. Im Endausbau sollen gemeinnützige Wohnungen dann zu einem Preis erwerbbar sein, der auch für junge Familien finanzierbar ist. Voraussetzung für einen solchen Kauf soll die Selbstnutzung der Immobilie über einen festgelegten Zeitraum sein, um Spekulationen vorzubeugen. Generell gilt für uns: Mietkaufmodelle sollen attraktiver und verstärkt angeboten werden. Das ist ein wichtiger Bestandteil unserer Eigentumsoffensive bis 2030, mit der die Eigentumsquote von 48 auf 60 Prozent steigen soll. Weitere Eckpfeiler bilden die Einführung eines staatlich besicherten Wohnbaukredits auf das erste Eigenheim, die Abschaffung aller Steuern und Gebühren auf dieses (mit einem Deckelungsbetrag von einer Million Euro Gesamtkosten) oder ein Zinsabsetzbetrag für Wohnbaukredite. Es ist uns ein Anliegen, dass möglichst viele Menschen eine realistische Perspektive zur Schaffung von Eigentum haben, dafür stehen wir als Volkspartei.«
Contra: Abverkauf gemeinnütziger Mietwohnungen
Bild: Wolfgang Amann Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen
»Wohnungseigentum hat viele Vorteile, nicht nur für die glücklichen Besitzer*innen, sondern auch volkswirtschaftlich. Zu vermögensorientierter Wohlfahrtspolitik, gibt es tausend Studien. Besonders groß sind die Vorteile, wenn es gelingt, junge Haushalte ins Eigentum zu bringen. Eine solche Politik wurde auch in Österreich lange Zeit betrieben. Und mit gefördertem Direkteigentum und der Kaufoption auf bestimmte geförderte Mietwohnungen spielt das auch heute noch eine große Rolle. Da schmerzt es natürlich, dass die Eigentumsquote dennoch sinkt, als ob dies ein Naturgesetz wäre. Der Vorschlag ist dennoch abwegig, da gemeinnützige Bauvereinigungen ja bekanntermaßen keine Staatsbetriebe sind und nicht willkürlich in ihre Eigentumsrechte eingegriffen werden kann. Machbar wäre eine solche Neuausrichtung allenfalls in Bezug auf zukünftig neu errichtete Wohnungen. Aber das international hoch gelobte österreichische Modell der Wohnungsgemeinnützigkeit beruht auf der wirtschaftlichen Stärke dieser Unternehmen, während sie dennoch Mieten und Eigentum unter Marktniveau bieten. Es spricht viel für stärkere Anreize zu mehr leistbarem Eigentum, etwa durch effizientere Fördermodelle für Direkteigentum oder Fixpreise für Kaufoptionswohnungen bei Mietvertragsantritt. Das Verscherbeln von Sozialwohnungen in Gunstlagen ist demgegenüber ein entbehrlicher Vorstoß.«