Das angekündigte Wohnbaupaket der Bundesregierung hat in der heimischen Bau- und Immobilienwirtschaft große Hoffnungen geweckt, dass endlich ein wirksames Instrument gegen die Konjunkturflaute gefunden wurde. Aber noch sind viele Details ungeklärt und die kritischen Stimmen werden lauter.
Ein wesentlicher Teil des Wohnbaupakets der Regierung ist die Wohnbaumilliarde, mit der zwischen 2024 und 2026 rund 20.000 neue Eigentums- und Mietwohneinheiten geschaffen und rund 5.000 Wohneinheiten saniert werden sollen. Die Branche zeigt sich naturgemäß erfreut, auch wenn nicht wenige darin nur den ersten von mehreren nötigen Schritten sehen. Einig ist sich die Branche, dass jetzt vor allem Tempo zählt. Wie viele andere Player fordert die Bundesinnung Bau eine »rasche Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen« (siehe auch Kommentar "Baupaket: rasche Umsetzung dringend nötig"). Doch genau da spießt es sich aktuell noch. Michael Klien, Bau-Experte am WIFO, sagte schon vor Wochen, dass die Auswirkungen erst 2025 spürbar sein werden. Und die Anzeichen verdichten sich, dass er Recht behalten sollte. Zwar wurde die Wohnbaumilliarde jüngst im Parlament beschlossen, bis das Geld fließt wird es aber dauern, denn noch tappen die mit der Abwicklung beauftragten Länder völlig im Dunkeln. Das hat dazu geführt, dass am 16. April eine eilig einberufene Sitzung der Landeswohnbaureferent*innen stattgefunden hat, um das Paket zu diskutieren. Auch wenn die Intention der Maßnahmen allerorts begrüßt wird, ist auch Unmut vorhanden. Zwar wurde das »konstruktive Gesprächsklima« von mehrere Seiten explizit hervorgehoben, der Vorstoß der Bundesregierung ohne Einbindung der Länder aber über die Parteigrenzen hinweg kritisiert.
Naturgemäß etwas schärfer war die Wortwahl roter und blauer Wohnbaulandesrät*innen, aber auch in ÖVP-geführten Wohnbauressorts ist die Unzufriedenheit groß. Die Ankündigung der Regierung hätte große Erwartungen geschürt, die von den Ländern ohne Kenntnis der Details nicht zu erfüllen sind. »Wir bekommen viele Anfragen aus der Bevölkerung, die wir einfach nicht beantworten können«, sagt ein Teilnehmer der Sitzung. Aus dem Burgenland heißt es, dass »aufgrund der überhasteten und unabgestimmten Vorgehensweise der Bundesregierung jetzt schon absehbar ist, dass es zu Verzögerungen bei der Umsetzung von Projekten kommen wird.« Ob und wann welches Investitionsvolumen ausgelöst werden kann, hänge von den weiteren Vorgaben des Bundes ab. »Falls wir 2024 bereits Bundesfördergelder ausschütten können, werden diese im Burgenland frühestens Ende 2025/Anfang 2026 auf den ersten Baustellen wirksam.«
Einstimmiger Beschluss
Am Ende der Sitzung der Landeswohnbaureferent*innen wurde ein einstimmiger Beschluss gefasst, in dem die Bundesregierung aufgefordert wurde, rasch mit den Ländern in Gespräche zu treten, um »offene Fragen des Vollzugs wie insbesondere zur Additionalität und Mehrjährigkeit zu klären«. Denn die frischen Mittel des Bundes fließen nur, wenn »zusätzlicher« Wohnraum geschaffen wird. Als Basis dient der Durchschnitt der in den Jahren 2022 und 2023 zugesicherten Wohneinheiten. Damit soll verhindert werden, dass die Gelder des Bundes die nicht zweckgebundenen Gelder der Wohnbauförderung substituieren und die Mittel aus dem Wohnbaufördertopf anderweitig verwendet werden. Zwar versichern alle Länder, die frischen Mittel ausschließlich für neue Einheiten zu verwenden, dennoch sieht etwa der oberösterreichische Wohnbaulandesrat Manfred Haimbuchner formale Hürden: »Die Förderungen des Bundes werden erst ab Überschreiten der Grenze genehmigt. Inwieweit die Bundesländer garantieren können, mehr zu bauen als sie es in den Jahren zuvor getan haben, bleibt fraglich.«
Günstige Darlehen?
Auch die angekündigte finanzielle Unterstützung des Bundes für niedrig verzinste Förderdarlehen in der Höhe von 500 Millionen Euro wirft aktuell viele Fragen auf. Geplant ist, die Zinsbelastung der Bundesländer durch Bundeszuschüsse bis zum Jahr 2028 auf 1,5 % p. a. zu senken. Diese niedrig verzinsten Darlehen können die Länder an Wohnungswerber weitergeben. Ob die Länder diese Option tatsächlich wahrnehmen, ist aktuell schwer einzuschätzen. »Den Fördernehmern wird vom Bund nur die Zinsdifferenz zwischen 1,5 % und dem Marktzins gestützt, wobei der Bund dafür nur bis zum Jahr 2028 zahlt«, sagt der Salzburger Wohnbaulandesrat Martin Zauner. Bei einer maximalen Kredithöhe von 200.000 Euro und einem aktuellen Marktzins von rund 4 % würden beim Kreditnehmer im ersten Jahr nur 5.000 Euro ankommen.
Zauners Kärntner Kollegin Gaby Schaunig kritisiert, dass das Bundespaket für Häuslbauer nur Darlehen oder Zinszuschüsse vorsieht. »Beides hilft den Förderwerbern nicht dabei, die Eigenkapitalhürde der KIM-Verordnung zu überspringen.« Deshalb solle der Bund den Ländern die Möglichkeit geben, die anteiligen Landesmittel als Direktzuschüsse abzuholen und zusätzlich zu bestehenden Landesförderungen zu vergeben. »Damit könnte Kärnten zusätzlich zum Häuslbauerbonus des Landes für rund 1.000 Förderwerberinnen und Förderwerber einen Bundesbonus über 30.000 Euro auszahlen, was deren Zugang zum Kreditmarkt massiv erleichtern würde«, so Schaunig.
Eine Frage des Zeitpunkts
Eine Kritik an der Vorgehensweise des Bundes ist, dass durch mediale Ankündigung, ohne die konkrete Umsetzung mit den Ländern besprochen zu haben, viele Bauherrn und Bauträger mit ihren Investitionen noch zuwarten, bis die Details geklärt sind und damit das Gegenteil dessen eintritt, was eigentlich beabsichtigt ist. »Geplante Baustarts werden in der Hoffnung auf eine leichtere Finanzierung durch die angekündigten Förderungen des Bundes auf unbestimmte Zeit nach hinten verschoben. Die Bauwirtschaft wurde durch die Bauoffensive nicht belebt, man hat sie in den Winterschlaf versetzt«, kritisiert Haimbuchner.
Weniger hart ins Gericht mit der Vorgehensweise der Regierung geht Wohnbau-Experte Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen. Es handle sich insgesamt um ein gut und rasch gepacktes Paket, auch wenn es in der Umsetzung ein paar Hindernisse gäbe. »Die Einbindung der Länder ist schwierig. Sie sprechen halt mit neun Stimmen«, so Amann. Eine große Herausforderung sieht auch Amann in der zeitlichen Komponente. »Bei mehreren der großen Brocken soll ein Viertel der Fördersumme bereits heuer ausgeschöpft werden. Die Zeitnot ist also groß.« Es bestehe aber großer Wille auf allen Seiten, das Paket in Umsetzung zu bringen. Mit einer solchen gemeinsamen Anstrengung sollten die erwarteten Ergebnisse auch eingefahren werden können. »In einigen Bereichen werden aber nicht alle Länder das volle Förderausmaß ausschöpfen können, speziell heuer«, so der Experte.
Bild: »Es besteht großer Wille auf allen Seiten, das Paket in die Umsetzung zu bringen. Mit einer solchen gemeinsamen Anstrengung sollten die erwarteten Ergebnisse auch eingefahren werden können«, ist Wolfgang Amann, Geschäftsführer des Instituts für Immobilien Bauen und
Wohnen, überzeugt.
Gemeinnützige Bauvereinigungen - Kritik und Forderungen an die Länder
Wie dringend das Wohnbaupaket der Regierung gebraucht wird, zeigen die aktuellen Zahlen der gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBVs). Mit 14.900 Wohneinheiten lag die Bauleistung 2023 rund 10 % unter dem Zehnjahresdurchschnitt von 16.500 Wohnungen. Für 2024 erwartet der Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen einen weiteren Rückgang auf etwa 14.100 Fertigstellungen. Auch die Zahl der in Bau befindlichen Wohnungen liegt mit 24.400 Anfang 2024 um 23 % unter dem zehnjährigen Durchschnitt von 32.000. »Das vom Bund beschlossene Wohnbaupaket ist in diesem Licht ein erster wichtiger Schritt, um die schwierige Situation am Wohnungsmarkt zu entspannen«, betont Verbandsobmann Klaus Baringer. Weitere Maßnahmen müssten aber folgen.
Ein seit Jahren geforderter wichtiger Schritt ist aus Sicht des Verbands der gemeinnützigen Bauvereinigungen die Wiedereinführung der Zweckbindung der Wohnbauförderung. Während die Wohnbauförderungsausgaben der Länder noch 2014 bei annähernd drei Milliarden Euro lagen und von 2000 bis 2015 im Schnitt bei 2,6 Milliarden, sind sie 2022 bereits auf unter 1,9 Milliarden gefallen. Die Einnahmen der Länder aus Darlehensrückflüssen und dem Wohnbauförderungsbeitrag machten laut Baringer 2022 jedoch etwa 2,7 Milliarden Euro aus, das heißt um 850 Millionen mehr, als für die Wohnbauförderung ausgegeben wurde. »Das Wohnbaupaket hilft kurz- und mittelfristig, aber eine langfristige Absicherung der Leistbarkeit bedarf der Zweckbindung, gerade in Zeiten, wo Wohnkosten stark steigen«, stellt Verbandsobmann-Stellvertreter Herwig Pernsteiner fest.
Bild: Klaus Baringer und Herwig Pernsteiner vom Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen begrüßen das Wohnbaupaket der Regierung, kritisieren aber,dass die Einnahmen der Länder im Namen der Wohnbauförderung rund 850 Millionen Euro über den Ausgaben für Förderungen liegen.
Der Appell der Länder an den Bund
Im Anschluss an die kurzfristig einberufene Sitzung der Landeswohnbaureferent*innen erging folgender Beschluss einstimmig an die Regierung:
»Die Landeswohnbaureferentinnen und Landeswohnbaureferenten begrüßen die Bemühungen des Bundes durch zusätzliche finanzielle Mittel den Wohnbau in Österreich zu beleben und sind an einer effektiven Umsetzung interessiert. Zu diesem Zweck wird die Bundesregierung aufgefordert, rasch in Gespräche mit den Bundesländern auf politischer Ebene zu treten, um offene Fragen des Vollzugs wie insbesondere zur Additionalität und Mehrjährigkeit zu klären.«
Kommentar: Warum das Wohnbaupaket der Bundesregierung nicht reicht
Die Bundesregierung hat zwar einige Vorschläge der Bausozialpartner aufgenommen, aber in der Umsetzung Richtlinien fern der Praxis erstellt. Abgesehen davon, dass dieses Paket viel zu spät kommt, gibt es viel Kritik, ob die 2,2 Milliarden Euro auch bauwirksam werden.
"Die Bundesregierung muss vom Wollen endlich ins Tun kommen", fordert Abg. z. NR Josef Muchitsch, GBH-Bundesvorsitzender:
"Zur Erinnerung: der Bausozialpartner-Gipfel für notwendige Konjunkturmaßnahmen fand bereits im März 2023 statt. Der Beschluss im Nationalrat im März 2024 ist eine Willenserklärung; wann etwas daraus bauwirksam wird, ist weiter unklar.
Ein weiteres Problem ist, dass die für den Wohnbau zur Verfügung gestellte eine Milliarde Euro nicht über eine Bundesschiene, sondern über die Länder abgewickelt wird. Unsere Forderung, dass zumindest diese Mittel zweckgebunden sein müssten, wurde nicht aufgenommen. Eine faktische Kontrolle über die tatsächliche Verwendung ist somit nicht möglich.
Auch bei der Beantragung des Bauhandwerkerbonus gibt es berechtigte Kritik. Diese kann nur online und über die ID Austria erfolgen. Das Problem dabei ist, dass die Antragstellung so nur von einem Drittel der österreichischen Bevölkerung durchgeführt werden kann.
Die Bundesregierung muss vom Wollen endlich ins Tun kommen. Das Geld muss vom Papier, auf dem es geschrieben wurde, rasch auf den Baustellen landen, um steigende Arbeitslosigkeit und Insolvenzen zu vermeiden."