Mittwoch, Jänner 22, 2025
Neue EU-Regularien fordern Bau- und Abfallwirtschaft
Am Podium diskutierten: (v.l.n.r.). Hans Roth, Saubermacher Gründer; Michael Ruland, Leiter Strategischer Tiefbau Goldbeck; Berthold Kren, CEO Holcim; Solveig Menard-Galli, COO Wienerberger; Ralf Mittermayr, CEO Saubermacher; Hans Unterdorfer, Firmenkundenvorstand Erste Bank; Andreas Opelt, COO Saubermacher. Fotorechte: Saubermacher/Tanzer

Mit dem Green Deal, der verpflichtenden Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) und dem Lieferkettengesetz ist ein großer Umbruch in der Bau- und Immobilienbranche im Gang. Umfassende ESG-Offenlegungspflichten, Dekarbonisierung und Kreislaufführung sind das Gebot der Stunde. Trotz vieler Erfolgsbeispiele steht die „grüne Transformation“ des Bauwesens erst am Anfang und erfordert auch ein Umdenken in der Abfallwirtschaft. Saubermacher lud zum Wissens- und Erfahrungsaustausch in Wien.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) tritt für Unternehmen ab 2024 bzw. 2025 in Kraft und zielt darauf ab, die Nachhaltigkeitsperformance von Unternehmen zu verbessern. Börsennotierte sowie größere Betriebe mit Sitz in der EU müssen künftig umfangreiche Informationen über ihre Umweltauswirkungen, soziale Verantwortung sowie Governance-Praktiken gemäß EU-Berichtstandards bereitstellen und diese von akkreditierten unabhängigen Prüf- oder Zertifizierungsstellen prüfen lassen. Österreichs Bausektor ist zwar Vorreiter im Bereich Nachhaltigkeit, jedoch als enormer Verbraucher von Ressourcen, führender Emittent von Treibhausgasen sowie größter Abfallerzeuger besonders gefordert.

Erstmals Kreislaufziele für Bauwesen

Die EU-Taxonomie setzt erstmals zirkuläre Ziele für den Gebäudesektor, insbesondere für kreislauffähige Häuser. Das gilt für Neubau, Sanierung und Abbruch von Gebäuden gleichermaßen und beinhaltet ambitionierte Vorgaben, dass im Neubau 90 Prozent und bei Sanierung 70 Prozent der nicht-gefährlichen Abfälle entweder wiederverwendet oder verwertet werden müssen. Zusätzlich gibt es Mindestquoten für Recyclingrohstoffe, wie beispielsweise 30 Prozent für Beton und Ziegel sowie 20 Prozent für Holzbaustoffe. Eine entscheidende Herausforderung wird die digitale Dokumentation der verbauten Materialien darstellen.

Rechtliche Voraussetzung für Zero Waste fehlt

Viele österreichische Baustoffhersteller bieten schon heute bzw. arbeiten an Lösungen mit einem hohen Anteil an Recyclingrohstoffen. Der Gesetzgeber ermöglicht die Anrechnung gebrauchter und wiederverwendeter Bauprodukte. Doch zirkuläres Wirtschaften erfordert verlässliche, sortenrein getrennte und in der richtigen Qualität und Quantität verfügbare Abfallströme, beispielsweise aus dem Gebäudeabbruch, harmonisierte Abfallendekriterien und eine Berücksichtigung der Nebenprodukte als Primärrohstoff substituierendes Material. Das erfordert Anpassungen in nationalen wie EU-weiten Regularien, um Kreislaufwirtschaft ökologisch wie auch ökonomisch sinnvoll umsetzen und eine europaweite Chancengleichheit für Recyclingrohstoffe/Rezyklate schaffen zu können.

Abfallwirtschaft anders denken

Ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Schließen von Kreisläufen im Bausektor ist Industrial Re-Use – dass also beim Rückbau von Gebäuden die Ursprungsmaterialien getrennt und an die Erzeuger wieder zurückgeliefert werden können. Um dieses Kreislaufmodell praxistauglich und breitflächig verwirklichen zu können, braucht es Kooperationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Hans Roth, Saubermacher Gründer, weist einmal mehr auf die wichtige Rolle von Partnerschaften hin: „Unsere Vision Zero Waste hat eine starke Bedeutung, doch Kreislaufwirtschaft ist nur gemeinsam mit der Industrie möglich. Dazu müssen wir uns als Entsorgungsunternehmen künftig neu erfinden und weiter über unsere Grenzen hinausdenken als bisher.“

Grüne Investitionsentscheidung auf Basis von ESG-Daten

Das Reporting ist mit viel Aufwand verbunden, schafft jedoch auch Chancen. Anhand objektiver und vergleichbarer Kriterien kann nun die Nachhaltigkeit einer Investition bewertet werden. Das spielt besonders für die Finanzierung eine Rolle. Hinzu kommt, dass Banken und Fonds im Rahmen ihrer Offenlegungspflichten angeben müssen, ob sie in „grüne Aktivitäten“ investieren.

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