Mittwoch, November 20, 2024
Schlechte Aussichten für Wiener Mieter
In einer Pressekonferenz stellen BUWOG und EHL Immobilien den Ersten Wiener Wohnungsmarktbericht vor. Am Bild (v.l.): Daniel Riedl (Vonovia SE), Andreas Holler (Buwog), Karina Schunker (EHL Wohnen) und Michael Ehlmaier (EHL). (Fotocredit: Stephan Huger)

(Leistbare) Mietwohnungen in Wien sind bereits jetzt schwer zu finden, ab 2025 könnte sich die Situation noch einmal drastisch verschlechtern. Trotz stetig steigender Nachfrage sind die Baustarts besonders zuletzt massiv zurückgegangen - gleichzeitig legen die Mietpreise um 4 bis knapp 7 Prozent zu. 

Die Zahlen stammen aus dem Ersten Wiener Wohnungsmarktbericht von BUWOG und EHL Immobilien. Die Wohnungsmarktexperten prognostizieren dem Wiener Wohnungsmarkt kurzfristig trübe Aussichten: Die Zahl der Projektstarts bricht heuer stark ein - insgesamt werden 2024 etwa 13.200 Wohneinheiten fertiggestellt werden, bei den aktuell besonders gefragten freifinanzierten Mietwohnungen kommt es nur mehr zirka 2.500 Einheiten. Das ist die niedrigste Zahl neuer Mietwohnungen seit sieben Jahren. Schuld sind laut BUWOG und EHL die Konjunkturflaute, Zinsanstiege und hohe Baupreise.

Noch schwieriger erscheint aber die mittelfristige Entwicklung, die sich auf Basis der Projektstarts abzeichnet: 2023 sind die Baubewilligungen für neue Wohnprojekte auf nur mehr ca. 11.500 Einheiten gesunken. Gegenüber dem Rekordjahr 2019 bedeutet das ein Minus von mehr als 46 Prozent. Der Rückgang der Baubewilligungen bedeutet zugleich weniger Baustarts, was sich ab 2025 und besonders auch in den Folgejahren 2026 und 2027 auf die Fertigstellungszahlen auswirken wird. Diese werden voraussichtlich noch niedriger ausfallen, denn zahlreiche Bauträger haben bereits fix geplante Projekte verschoben oder auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Damit erreicht die Wohnungsproduktion in den kommenden Jahren ein Niveau deutlich unter dem strukturellen Neuflächenbedarf.

Parallel zur Neubauschwäche ist auch die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum im Bestand stark zurückgegangen. Dachbodenausbauten rentieren sich in der aktuellen Marktsituation nur in sehr guten Lagen und Sanierungen bestehender Wohnungen werden aufgrund gesetzlicher Änderungen, wie beispielsweise die Wertanpassung der Richtwertmieten, derzeit nur noch selten durchgeführt. »Für den Wohnungsneubau ist das ein etwas paradoxer, aber toxischer Mix«, erklärt BUWOG-Geschäftsführer Andreas Holler. »Einerseits wissen die Entwickler, dass die Nachfrage nach Wohnraum in den kommenden Jahren gegeben und vielleicht sogar besonders stark sein wird, wenn bei einer Konjunkturerholung verschobene Umzüge nachgeholt werden. Andererseits sehen sie keine attraktiven wirtschaftlichen Perspektiven, um jetzt genau diese Wohnungen in Bau zu bringen.«

Andreas Holler, Geschäftsführer der BUWOG, erklärt die verfahrene Situation der Bauunternehmen: »Einerseits wissen die Entwickler, dass die Nachfrage nach Wohnraum in den kommenden Jahren vielleicht sogar besonders stark sein wird. Andererseits sehen sie keine attraktiven wirtschaftlichen Perspektiven, um jetzt genau diese Wohnungen in Bau zu bringen.« (Foto: Stephan Huger)


Diese Angebotslücke werde sich wiederum in der Preisentwicklung niederschlagen, erwartet Karina Schunker, Geschäftsführerin der EHL Wohnen: »Bereits im Laufe des vergangenen Jahres konnten wir trotz der starken Bauaktivität von 2020 bis 2022 am Mietmarkt eine Verknappung wahrnehmen. Daher sind die Quadratmetermieten in der Neuvermietung im Vorjahr zumindest in Höhe der Inflationsrate gestiegen, teilweise sogar noch stärker. Heuer rechnen wir mit einer ähnlichen Entwicklung und wenn die Angebotslücke größer wird, ist ab 2025 mit einem drastisch steigenden Mietniveau in Wien zu rechnen.«

Eigentumspreise steigen weniger schnell als Mieten

Anders ist die Situation auf dem Markt für Eigentumswohnungen. Zwar wird auch hier ein Preisanstieg für 2024 erwartet, doch wird dieser mit 0,8 bis 2,3 Prozent klar unter der Inflationsrate (aktuelle Prognose 4,0 Prozent) liegen. »Für Wohnungssuchende sind aber nicht in erster Linie gestiegene Wohnungspreise, sondern primär die gestiegenen Finanzierungskosten eine Herausforderung und gemeinsam mit der KIM-Verordnung ist es für einige Wohnungssuchende beinahe unmöglich, Eigentum zu schaffen«, wirft Michael Ehlmaier, Geschäftsführer der EHL-Gruppe, ein. Jedoch: »So, wie der rasche Anstieg der Zinsen zum Nachfrageeinbruch geführt hat, wird ein Rückgang der Leit- und der Marktzinsen daher auch wieder zu rasch steigender Nachfrage führen.« Er erwartet, dass bereits Mitte des Jahres erste Zinsschritte nach unten gesetzt werden. 

Weniger mieten, sondern gleich kaufen? Angesichts aktueller Finanzierungskosten ist das aktuell auch keine Option. Sollten aber die Zinsen ab Mitte 2024 wirklich wieder sinken, sähe die Situation anders aus, prognostiziert EHL-Geschäftsführer Michael Ehlmaier. (Foto: iStock)


Mieten-feindliche Wohnungsbaupolitik

»Wohnungsbau ist unter den gegebenen Rahmenbedingungen derzeit einfach nicht kostengünstiger möglich«, sagt Daniel Riedl, Vorstandsmitglied der Vonovia SE und verantwortlich für das BUWOG-Development Deutschland sowie das gesamte BUWOG-Geschäft. Er sieht eine ähnliche Entwicklung auf dem europäischen Markt: »Die teure Finanzierung und die wegen der schwachen Konjunktur unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven machen den Kauf oder auch nur die Miete einer Wohnung zudem für viele Menschen zu einer immer größeren Herausforderung. Die Politik ist dringend gefordert, die Rahmenbedingungen zu verbessern, um wirksam entgegenzusteuern.« 

Karina Schunker, Geschäftsführerin EHL Wohnen, rechnet mit einem drastischen Anstieg der Mieten ab 2025, sollte die Politik nicht eingreifen. (Foto: Stephan Huger)


Bisher ortet Karina Schunker dazu aber wenig Willen: »Derzeit werden kaum Schritte gesetzt, damit weiterhin dringend benötigtes Kapital für die Errichtung zusätzlicher Wohnimmobilien fließt, um die Nachfrage zu decken. Eher ist das Gegenteil der Fall – Stichworte Mietpreisbremse, ESG Anforderungen, Bestellerprinzip.« Dabei wären die notwendigen Maßnahmen durchaus bekannt, beispielsweise Förderungen und Finanzierungsmöglichkeiten für thermische Sanierungen und Nachhaltigkeitsinvestitionen, begünstigte Abschreibungsmöglichkeiten und steuerliche Anreize im Wohnungsneubau bzw. -ankauf oder auch Bürokratieabbau.

BUWOG-Geschäftsführer Holler sieht aber auch positive Entwicklungen: »Die Inflation hat sich stabilisiert und es braucht eine baldige Lockerung der KIM-Verordnung, die auch im Vorjahr in aller Munde war, um die Finanzierungsmöglichkeiten für Private zu verbessern. Und da Wohnraum benötigt wird, muss auch irgendwann wieder gebaut werden. Aber im Interesse der Wohnungssuchenden wäre es zu wünschen, dass die Politik dafür sorgt, dass dies besser früher als später der Fall sein wird.«

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