Klimaschonender Beton verbraucht weniger CO2 - ist aber (noch) tendenziell unwirtschaftlich. Das Forschungsprojekt RCC2 konnte jetzt aber erste Lösungen zu diesem Problem präsentieren. Das CO2-Einsparpotenzial der neuen Technik liegt bei rund 80 Prozent.
An der österreichischen Studie RCC2 (Reduced Carbon Concrete) beteiligte sich ein branchenübergreifendes Konsortium aus Strabag Real Estate, Doka, Romm ZT, Mischek ZT, bauXund, CarStorCon Technologies, MPA Hartl sowie die Betonhersteller Asamer, Holcim und Wopfinger. Im Zentrum standen Potenzial und Performance neuer grüner Betonrezepturen - mit dem Ziel, CO2-reduzierten bis hin zu bilanziell klimaneutralem Beton als neuen Stand der Technik zu etablieren.
Im Vorgängerprojekt RCC (Reduced Carbon Concrete) untersuchte das Konsortium bereits 2021 den praxisnahen Baustelleneinsatz von klinkerreduzierten Betonrezepturen. Im Vergleich zu Standardbeton haben diese sogenannten RCC-Betone einen stark reduzierteren CO 2-Fußabdruck, aber auch einen Nachteil: Sie brauchen länger zum Aushärten, besonders bei niedrigen Außentemperaturen. Dies führt in der Praxis zu einer Verlängerung der Bauzeit und zu höheren Kosten, weil man beispielsweise mit dem Ausschalen potenziell länger warten muss.
Enormes Einsparpotenzial
Forschungsmittelpunkt des aktuellen Projekts ist darum ein von Doka entwickelter Prototyp einer beheizbaren Schalung. Damit soll die verzögerte Festigkeitsentwicklung von RCC-Betonen bei niedrigen Umgebungstemperaturen ausgeglichen werden. Durch den Einsatz von Strom aus erneuerbarer Energie und smarte Beheizung wird dabei sichergestellt, dass der Wärmestrom die CO2-Bilanz nicht gleichzeitig wieder in die Höhe treibt - Stichwort Ökobilanzierung.
Außerdem wurde getestet, wie RCC-Betonrezepturen noch klimafreundlicher weiterentwickelt werden könnten. Dafür testeten die Forscher*innen drei verschiedene Rezepturen sowohl unter simulierten Sommer- als auch Winterbedingungen: Standardbeton (als Referenz), eine CO2-reduzierte Betonrezeptur (RCC2) und eine CO2-reduzierte Betonrezeptur mit technischem Kohlenstoff (RCC2+). Je Rezeptur wurde für den Winterversuch ein Bauteil mit und eines ohne Heizschalung errichtet.
Die Ergebnisse zeigten klar, dass sich bei den Wintertests mit niedrigen Umgebungstemperaturen eine beheizbare Schalung als entscheidend erwies, um die Festigkeitsentwicklung der RCC-Mischungen zu unterstützen.Und: Die Beifügung von Kohlenstoff erhöht die CO2-Effizienz von RCC-Beton: So lag bei der untersuchten Betonrezeptur RCC2+ im Sommerversuch das CO2- Einsparpotenzial gegenüber dem Referenzbeton für Decken bei etwa 80 Prozent. Auch bei winterlichen Temperaturen, mit Unterstützung durch eine beheizbare Schalung, liegt das Potenzial von RCC2+ noch immer bei 67 Prozent.
Dieses Experiment ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg hin zur Etablierung von bilanziell klimaneutralem Beton - denn mit dieser neuen Schalung könnte RCC-Beton unabhängig von Temperatur, Baustellenbedingungen und auch unter der Einhaltung gewohnter Ausschalzeiten eingesetzt werden. Projektmitglied Thomas Romm, Geschäftsführer forschen planen, bauen, betont: »Eine heizbare Schalung zur Unterstützung der Frühfestigkeit macht CO2-reduzierten Beton praxistauglich und bringt einen deutlichen Umweltvorteil.«
Auch in Zukunft wird am Baustoff Beton dank seiner statischen Eigenschaften kein Weg vorbei führen - wichtig ist aber, dass sein CO2-Fußabdruck radikal gesenkt wird. Verschiedenen Lösungen, wie die Reduktion von Klinker, CO2-Kreislaufprozesse oder Carbon-Capture-Programme können dabei helfen - wichtig ist aber, dass die Baubranche zusammenarbeitet. Dafür ist das Forschungsprojekt RCC2 der beste Beweis: »Der Umbau unseres Bauwirtschaftssystems leistet einen wesentlichen Beitrag zur Klimaneutralität 2040. Ich freue mich, dass die Forschung an CO2-armen Beton so rasch voranschreitet und gute Ergebnisse liefert«, schloss Klimaministerin Leonore Gewessler nach Vorstellung des Forschungsprojekts.
SOLEY: RCC-Pilotprojekt
In der Leystraße in Wien-Brigittenau errichtet die Strabag Real Estate mit dem Projekt SOLEY erstmalig eine Wohnanlage aus CO2-reduziertem Performance-Beton. Zusätzlich wird das Haus über eine Photovoltaikanlage inkl. Batteriespeicher mit Strom versorgt und ist dank Grundwasserwärmepumpe auch in puncto Heizung von fossilen Brennstoffen unabhängig.
(Foto: Strabag Real Estate)