Montag, Juli 01, 2024
Preiskampf erwartet
(Titelbild: iStock)

Die Dämmstoffpreise sind in den letzten Jahren stark gestiegen. Auch im nächsten Jahr wären laut Branchenvertretern zweistellige Preiserhöhungen aufgrund der zu erwartenden Rahmenbedingungen gerechtfertigt. Dennoch rechnet die Branche wegen der schwachen Baukonjunktur mit einem heißen Preiskampf. Der Wunsch, rasch einen hohen Auftragslevel zu erreichen, setzt alle Beteiligten unter Druck.

In den Jahren 2019 bis 2022 ist der Umsatz der österreichischen Dämmstoffhersteller laut den Marktanalysten von Branchenradar.com von 317,6 Millionen Euro auf 427,4 Millionen Euro um stolze 33,2 Prozent gestiegen – bei praktisch gleichen Absatzmengen. Das Wachstum war ausschließlich preisgetrieben. Das ist auch kaum verwunderlich. Zwischen 2019 und 2022 stiegen im Wohnungs- und Siedlungsbau laut Statistik Austria die Baukosten um 22,6 Prozent. Etwa 75 Prozent des Preisauftriebs waren auf höhere Materialkosten zurückzuführen.

»Der Durchschnittspreis zog bei Dämmstoffen um 36,1 Prozent und bei WDVS um 31,0 Prozent an«, sagt Andreas Kreutzer. Allerdings seien die Baupreise im selben Zeitraum um 28,1 Prozent gestiegen. »Das heißt, auch die Bauunternehmen haben kräftig an der Preisschraube gedreht und ihre Margen deutlich erhöht«, so Kreutzer. Dieser Trend wird sich laut Kreutzer im laufenden Jahr fortsetzen. Im ersten Halbjahr erhöhten sich die Baukosten um 5,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr, die Baupreise jedoch um 11,1 Prozent.

Verantwortlich für die gestiegen Preise bei Dämmstoffen waren laut Branchenvertretern neben der allgemeinen Inflation vor allem die massiven Kostensteigerungen bei Rohstoffen und Energie. Diese Kosten sind laut Austrotherm-Geschäftsführer Klaus Haberfellner »in den letzten Monaten zwar stark rückläufig und die Marktpreise entsprechend gesunken«, für die kommenden Monate sieht er aber bereits wieder eine Trendumkehr in der Preisentwicklung. »Viele Rohstoff-Lieferanten haben ihre Kapazitäten aktiv reduziert, damit kommt es zu Angebotsverknappung«, so Haberfellner. Wie sich dieser Trend fortsetze, sei zwar schwer vorherzusagen, eine Rückkehr auf das Preisniveau von 2020 wird es laut Haberfellner aber schon aufgrund der starken Inflation nicht mehr geben.

Wolfgang Folie, Koordinator Key Account Manager der Synthesa-Gruppe, berichtet von bereits rückläufigen Preisentwicklungen in den letzten Monaten und geht bis Jahresende von »halbwegs stabilen Preisen« aus. Schwierig sei hingegen eine Prognose für 2024. Die anhaltende Inflation und die bevorstehenden KV-Verhandlungen mit erwarteten Abschlüssen in der Höhe von rund acht Prozent würden laut Folie zweistellige Preisanpassungen notwendig machen und rechtfertigen. »Man darf auch nicht vergessen, dass bei den meisten Preisanpassungen Nachzieheffekte zu berücksichtigen sind, da man nicht immer tagesaktuell reagieren kann und darf«, so Folie. Teilweise würden die Kunden eine Vorankündigung der Preisanpassungen von acht Wochen verlangen. In Summe rechnet Folie für 2024 mit Preissteigerungen von fünf bis zehn Prozent.

Einig sind sich die Hersteller, dass der Preiskampf in den nächsten Monaten aufgrund der schwachen Baukonjunktur härter wird. Die letzten schwächeren Jahre haben laut Folie gezeigt, dass immer das gleiche passiert. »Jeder muss und will so rasch wie möglich seine Auftragsbücher mit Jahresbeginn voll haben. Diese »Gier« nach einem rasch hohen Auslastungslevel bringt Druck auf alle Beteiligten«, kritisiert Folie. 



Höhere Anreize gefordert

Alarm schlägt auch die GDI 2050, die Interessenvertretung der Dämmstoff- und Fensterindustrie. Obwohl 2022 gut begonnen habe, drehte sich im Laufe des Jahres der Mengenabsatz der GDI-Mitglieder in ein Minus von 6,3 Prozent. Und 2023 sollte es noch deutlich schlimmer werden. »Für das gesamte Jahr 2023 muss mit einem Rückgang von rund 25 Prozent gerechnet werden«, sagt GDI-Vorstand Roland Hebbel. Hart ins Gericht geht Hebbel mit der Sanierungsförderung der Politik. Aktuell können in Österreich Ausgaben in Höhe von 4.000 Euro für die thermisch-energetische Sanierung von Gebäuden als Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden.

»Für das gesamte Jahr 2023 muss mit einem Absatzrückgang von rund 25 Prozent gerechnet werden«, sagt GDI-Vorstand Roland Hebbel. (Foto: Steinbacher Dämmstoffe)

»Dieser Anreiz ist viel zu schwach, so werden wir das Ziel der Dekarbonisierung des Gebäudebestandes bis 2040 nie erreichen«, sagt Hebbel. Damit sich die Sanierungsrate in Richtung der anvisierten drei Prozent bewege, brauche es höhere steuerliche Anreize. »Dass der steuerliche Anreiz funktioniert, bewies Italien mit dem ›Superbonus‹«, sagt Hebbel. In Italien konnte ein Steuerabsetzbetrag von 110 Prozent der Ausgaben für energetische Verbesserungen der Gebäudehülle aufgeteilt auf einen Zeitraum von fünf Jahren geltend gemacht werden.


Facts

Laut Branchenradar.com führte bei den Absatzmengen von Schaumstoffen im Jahr 2022 Austrotherm den Markt an, bei Mineralwolle war Knauf Insulation die Nummer eins.

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