Sonntag, Dezember 22, 2024
»Die Kür sind Innovationen, die von Grund auf nachhaltig sind.«
CEO Hauser treibt die nachhaltige Transformation von Doka voran: »In anderen Ländern gibt es bereits CO2-Grenzen für Baustellen.« Auf kurz oder lang werde Österreich folgen, meint er. (Credit: Doka)

Doka-CEO Robert Hauser erklärt, warum man den carbon footprint für über 6.000 Produkte bestimmt hat, wie man den Kunden helfen will, ihre Emissionen zu senken - und warum Lieferanten immer strengere Anforderungen zu erfüllen haben. Ein Interview zur Nachhaltigkeitsstrategie des österreichischen Schalungsherstellers.

Doka strebt bis 2040 Net-Zero-Emissionen an. Auf Ihrer Website heißt es dazu »Wir erreichen dieses Ziel, indem wir effizienter produzieren und sparsamer Energie nutzen. Wir forcieren Methoden und Materialien, die ökologisch positiv wirksam werden«.
Wie konkret produzieren Sie effizienter, wo genau sparen Sie Energie und welche Methoden und Materialien bewerten Sie als ökologisch positiv?

Robert Hauser: Erlauben Sie mir, den Einstieg über unsere Strategie zu wählen. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie ist auf drei Stufen aufgebaut. In der untersten Ebene geht es um ESG-Reportings und Regulatorien, das betrifft alle europäischen Unternehmen. Auf dieser Stufe beschäftigen wir uns damit, wie wir uns für die bevorstehenden neuen Regulierungen aufstellen, zum Beispiel CSRD.  In der zweiten Stufe geht es darum, unsere eigenen Emissionen zu reduzieren.

Das bedeutet, sowohl am Corporate Carbon Footprint als auch am Product Carbon Footprint zu arbeiten, um unser Ziel zu erreichen. In der dritten Stufe – und das ist die Kür – liegt der Fokus darauf, innovative Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die von Grund auf nachhaltig sind. Hier sprechen wir nicht mehr nur von Netto-Null-Emissionen und der Reduktion unserer negativen Einflüsse auf die Umwelt, sondern hier geht es vielmehr darum, Innovationen mit Impact zu schaffen. 

Wie soll das konkret gelingen?

Hauser: Wir haben den Carbon Footprint sowohl für uns als Unternehmen als auch für unsere 6.000 Produkte bestimmt. Jetzt geht es um die CO2-Reduktion. Das geht über zwei Hebel, über Energieeinsparungen und über die Dekarbonisierung. Energieeinsparungen sind sehr vielfältig, vor allem in der Produktion. Wenn wir neue Maschinen anschaffen, entscheiden wir uns für diejenigen, die weniger Energie verbrauchen, wir tauschen Glühbirnen gegen LEDs, um nur ein paar Beispiele zu nennen.

Wir versuchen auch nachhaltigere Praktiken zu fördern und zu fordern: restriktive Genehmigungen von Flugreisen, weitere Ausweitung des Grünstrombezugs, Investitionen in PV-Anlagen, noch weiterer Ausbau der Nutzung digitaler Technologien, Umstellung unser Flotte auf Elektrofahrzeuge etc. Und das nicht nur hier in Österreich, sondern in all unseren Landesgesellschaften weltweit.

Wie schwierig ist es, europäische Standards weltweit umzusetzen? Ist das in anderen Regionen, in denen Sie tätig sind, schwieriger?

Hauser: Wir haben natürlich global denselben Anspruch. Die Transparenz herzustellen, ist aber von Land zu Land unterschiedlich schwierig. In den Emerging Markets ist das sicher aufwendiger als in Europa und erfordert von unserer Seite einen deutlich höheren Ressourceneinsatz. 

Welche Erfolge konnten Sie bereits erzielen? Können Sie Zahlen nennen?

Hauser: Aktuell sind wir noch bei der Messbarkeit. Die Corporate Carbon Footprints für Scope 1 und 2, also die eigenen und die durch zugekaufte Energie verursachten Emissionen, haben wir erst im letzten Jahr berechnet. Jetzt müssen wir unsere Maßnahmen ebenfalls quantifizieren und in Abzug bringen. Für konkrete Zahlen ist es aber noch zu früh.

Viele Doka-Produkte werden aus Holz und Holzwerkstoffen hergestellt. Gerade bei Holz hört man immer wieder von Etikettenschwindel, dass zertifiziertes Holz tatsächlich aus illegalen Quellen stammt. Wie stellen Sie sicher, dass sich Ihre Lieferanten an die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Ihre strengen Vorgaben halten?

Hauser: Das ist ein Thema, das wir sehr, sehr ernst nehmen. Die Ressourcenbeschaffung ist definitiv eine große Herausforderung. Aber Doka ist eines der bisher wenigen Unternehmen, das nach ISO 38200 zur Überwachung der Lieferketten zertifiziert ist. Wir sind also schon sehr weit, was das Verstehen unserer Lieferanten und Lieferketten anbelangt. Zudem haben wir innerhalb der Umdasch Group einen neuen Verhaltenskodex für Lieferanten etabliert, der weltweit eingefordert wird. Da geht es um Umwelt- und Wettbewerbsstandards, aber auch um die Einhaltung von Menschenrechten. In unserem Code of Conduct ist auch festgehalten, dass Unternehmen mit denen wir zusammenarbeiten, ihre Scope 1 und Scope 2 Emissionen gemäß dem Treibhausgasprotokoll (»GHG Protocol«) überwachen und dokumentieren können müssen. 

»Innerhalb der Umdasch Group haben wir einen Verhaltenskodex für Lieferanten etabliert, der weltweit eingefordert wird«, sagt Robert Hauser. (Foto: Doka)

Sie haben im letzten Jahr als erster Schalungshersteller für das gesamte Produktportfolio transparente Emissionsdaten zur Verfügung gestellt. Was war die konkrete Idee dahinter? Welche Rolle spielt der Product Carbon Footprint bei der Kundenentscheidung?

Hauser: Es ist unumstritten: Der Klimawandel findet statt! Die Auswirkungen spüren wir alle. Wir als Unternehmen haben eine Verantwortung, Maßnahmen zu setzen, gegenüber uns selbst und gegenüber der Gesellschaft. Wie bereits ausgeführt, muss man dafür wissen, wo man als Unternehmen überhaupt steht. Das war die Motivation, den Product Carbon Footprint für unsere mehr als 6.000 Produkte zu ermitteln.

Natürlich ist die Frage berechtigt, was das uns und den Kunden bringt. Auch unsere Kunden müssen vermehrt eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln. Durch die Änderungen des regulatorischen Umfelds entstehen Anreize, Emissionen zu senken. Und dabei müssen sie ebenso wie wir ihre Lieferanten durchleuchten. Wir können diese Informationen liefern, welchen Teil die Schalung zu ihrem Carbon Footprint beiträgt. Damit können sich die Kunden bewusst für Produkte entscheiden, deren Carbon Footprint sie kennen. Für eine echte Vergleichbarkeit wäre es natürlich wichtig, dass unsere Wettbewerber ähnliche Informationen zur Verfügung stellen.

Dazu haben wir uns im Güteschutzverband Betonschalungen Europa e.V engagiert, um gemeinsam mit zehn anderen Herstellern Regularien zu entwickeln, wie der Carbon Footprint einheitlich ermittelt werden kann. Nur dann ist gewährleistet, dass der Kunde eine objektive Ausgangsbasis für den Vergleich hat.

Wie angesprochen müssen auch die Bauunternehmen ihre Emissionen senken. Wie groß ist aus ihrer Sicht das Engagement oder findet ein Abwälzen der Verantwortung auf die Zulieferer statt?

Hauser: Wir sehen vor allem bei den Global Playern, dass hier großes Engagement vorhanden ist und durchaus ambitionierte Ziele gesetzt werden. Gerade bei Bauunternehmen ist der Scope 3, also das, was zugekauft wird an Rohmaterialien, der Haupthebel zur Senkung der Treibhausgase, um damit eigene Net-Zero-Ziele zu erreichen. Ich würde also nicht sagen, die Bauunternehmen wälzen die Verantwortung ab, sie sind aber auf ihre Lieferanten angewiesen. Mit der Wahl der Lieferanten können sie ihren Carbon Footprint stark beeinflussen.  

Sie sprechen die Kosten an. Die Anstrengungen, die Sie unternommen haben, kosten Geld. Wie viel hat Doka in den letzten Jahren in Nachhaltigkeit investiert? Und können Sie diese Kosten an Kunden weitergeben.

Hauser: Natürlich stehen wir wie alle anderen europäischen Unternehmen vor der Herausforderung, auf dem Weg zu Net-Zero gleichzeitig auf den Weltmärkten wettbewerbsfähig zu bleiben. Bei uns heißt Nachhaltigkeit auf jeden Fall uns strategisch für die Zukunft aufzustellen. 
Aber Nachhaltigkeit muss nicht immer höhere Kosten bedeuten. Es gibt auch CO2-Maßnahmen, die nicht zu einer Verteuerung, sondern im Gegenteil dazu führen, dass etwas billiger wird. Ein Beispiel: der wesentlichste Hebel, den Carbon Footprint zu senken, ist der Materialeintrag. Ich kann weniger Material verwenden oder Material mit geringerem Carbon Footprint. Das erfolgt über die Produktentwicklung. Es ist aber schwer zu quantifizieren, wie viel der Entwicklungskosten der Nachhaltigkeit zuzuordnen sind.

Wir haben jetzt viel über Lieferanten und Bauunternehmen gesprochen. Auch viele Auftraggeber rühmen sich, in ihren Ausschreibungen Nachhaltigkeitskriterien verankert zu haben. Wie sehen Sie das: Feigenblätter oder echte Kriterien, die den Unterschied machen können?

Hauser: Das Thema gewinnt auch auf Auftraggeberseite immer mehr an Bedeutung. Das liegt auch daran, dass die Regularien in Europa engmaschiger werden. Einige Länder wie Dänemark gehen da bereits voran und legen CO2-Grenzen für Baustellen fest. In Österreich ist man noch nicht so weit, aber in öffentlichen Ausschreibungen finden sich bereits erste Nachhaltigkeitskriterien. Aber das wird sich verstärken und dann kommt viel mehr Druck ins System. Zudem ändern sich auch die Kundenanforderungen. Investoren, die ein Gebäude kaufen und betreiben, haben heute ganz andere Ansprüche. Nicht nachhaltig errichtete Gebäude werden sich immer schwerer verkaufen und vermieten lassen. 

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hebel, um die Effizienz auf Baustellen zu steigern?

Hauser: Auf Baustellen sind verschiedenste Stakeholder präsent. Die Koordination hat bislang sehr archaisch stattgefunden. Viel Zeit wird mit Warten verschwendet. Die Logistik ist also ein ganz zentraler Hebel. Ein weiterer Punkt ist die Manpower, die ist aber teuer und immer schwerer zu finden. Deshalb müssen wir den Faktor Arbeit effizienter einsetzen.

Das geht etwa über Automatisierung. Eine Deckenschalung wird heute manuell aufgebaut, das muss in Zukunft nicht mehr so sein. Wir haben auf der bauma unseren Schalungsroboter DokaXbot vorgestellt. Damit können Deckenschalungs-Paneele bis auf fünf Meter Höhe angehoben und eingehängt werden. Das ist ein erster Schritt, weitere Funktionalitäten werden folgen. Das Ziel wird sein, dass sich diese Roboter frei auf der Baustelle bewegen. Die Mitarbeiter sind für die Steuerung und Überwachung der Roboter zuständig. Damit kann man die Effizienz enorm steigern. Das Argument, dass Arbeitsplätze verloren gehen, teile ich nicht, weil wir schon jetzt zu wenig Personal haben. Wir müssen, effizienter werden, weil wir sonst das Bauvolumen gar nicht mehr stemmen können.

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