Donnerstag, Juli 18, 2024
Alles zum Thema Regress
(Titelbild: iStock)

Muss ein Auftragnehmer (AN) dem Auftraggeber (AG) im Rahmen der Solidarhaftung für das schuldhafte Verhalten eines anderen einstehen, kann er sich beim Verantwortlichen regressieren. Hierzu bestehen verschiedene Anspruchsgrundlagen. Teil 3 der Serie »Haftung am Bau«. 

In der Vertragskette hat jeder Unternehmer, der einen Teil seiner Arbeiten weitergibt, als Besteller gegen seinen Subunternehmer eigene Ansprüche. Die Vertragsverhältnisse zwischen dem Bauherrn und dem Unternehmer einerseits und dem Unternehmer und seinen Subunternehmern andererseits sind nach der Rsp. klar getrennt zu beurteilen.

Der Subunternehmer haftet gegenüber seinem AG aus dem Vertrag insbesondere schadenersatzrechtlich für Mängel am eigenen Gewerk (§ 933a ABGB) sowie nach allgemeinem Schadenersatzrecht für Schäden an Leistungen anderer Gewerke. Der Schaden des Unternehmers tritt regelmäßig dann ein, wenn für den Unternehmer eine Verbindlichkeit gegenüber dem AG entsteht. Eine derartige Konstellation ist etwa gegeben, wenn der Subunternehmer (etwa durch mangelnde Schutzvorkehrungen) einen Schaden verursacht, der zu einer Gewährleistungspflicht des Unternehmers gegenüber seinem AG führt.

Regress im Überblick.

Regressansprüche

Wird der solidarisch Haftende vom Geschädigten für den gesamten Schaden in Anspruch genommen, kann er sich bei den übrigen Haftenden regressieren. Voraussetzung hierfür ist, dass die Ersatzleistung den eigenen Anteil am Gesamtschaden übersteigt. Der Regressanspruch besteht neben allfälligen sonstigen Ansprüchen im Innenverhältnis. Der Regressanspruch entsteht mit tatsächlicher Leistung an den Dritten.

Die Höhe richtet sich nach dem »besonderen Verhältnis« zwischen den Beteiligten, insbesondere nach der Art der jeweiligen Pflichtverletzung, deren Auswirkungen auf den Schadenseintritt (Wahrscheinlichkeit, mit welcher der Schadenseintritt begünstigt wurde), dem Grad des Verschuldens (leichte Fahrlässigkeit, grobe Fahrlässigkeit) sowie gegebenenfalls den bestehenden vertraglichen Regelungen zwischen den Beteiligten. Im Zweifel haften alle im Innenverhältnis zu gleichen Teilen. Eine solidarische Haftung im Innenverhältnis scheidet aus (»Einzelregress«).

Haftet der Unternehmer für das Verhalten seines Subunternehmers im Rahmen der Erfüllungsgehilfenhaftung kann er von seinem Erfüllungsgehilfen Rückersatz fordern. Der Regressanspruch entsteht mit tatsächlicher Leistung an den Geschädigten. Der Regressanspruch konkurriert mit allfälligen eigenen Ansprüchen des Unternehmers gegen seinen Subunternehmer. Wenn der Subunternehmer durch die Schädigung des AG zugleich auch seine Verpflichtung gegenüber dem Unternehmer zu sachgemäßer und sorgfältiger Ausführung des Werks verletzt hat, ist der Regressanspruch des Bestellers ein Schadenersatzanspruch aus dem Vertragsverhältnis.

Nach der Rsp. gilt in einem solchen Fall eine Haftungsbeschränkung (wie sie etwa in Pkt. 12.3.1 der ÖNORM B 2110 normiert ist) auch für den Regressanspruch. Im Einzelfall kann auch eine direkte (deliktische) Haftung des Subunternehmers gegenüber dem AG begründet sein und der Unternehmer sowie der Subunternehmer solidarisch haften. 

Fazit

Dem Unternehmer stehen zu seinen Subunternehmern eigene Ansprüche, insbesondere vertragliche Schadenersatzansprüche, zu. Diese Ansprüche bestehen neben allfälligen Regressansprüchen aus der Solidarhaftung oder Erfüllungsgehilfenhaftung, die aber erst bei tatsächlicher Ersatzleistung entstehen. Die Quotelung der Solidarhaftung bestimmt sich im Innenverhältnis nach dem »besonderen Verhältnis« im Einzelfall, im Zweifel zu gleichen Teilen. In einem Verfahren gegen den AG empfiehlt sich für den Unternehmer in der Regel, seinem Subunternehmer den Streit zu verkünden, da dieser bei einem Urteil in einem Regressverfahren keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben darf, die mit seiner Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil in Widerspruch stehen.


Die Autor*innen

Katharina Müller ist Partnerin bei Müller Partner Rechtsanwälte mit den Beratungsschwerpunkten Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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Mathias Ilg ist Partner bei Müller Partner Rechtsanwälte und spezialisiert auf Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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www.mplaw.at

 

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