Sonntag, November 24, 2024
Baukonjunktur - Worauf sich die Branche einstellen muss

»Prognosen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen.« Wem auch immer dieses Zitat zugeschrieben wird – meist Mark Twain –, selten lag er oder sie damit richtiger. Dem Tiefbau wird es wohl besser ergehen als dem Hochbau. Aber selbst das ist alles andere als gewiss.

Die derzeitige konjunkturelle Schwächephase dürfte nicht zuletzt aufgrund der anziehenden internationalen Konjunktur bald an ihr Ende gelangen. Laut einer aktuellen WIFO-Prognose sollte die Dynamik schon im laufenden Jahr deutlich zunehmen und sich das makroökonomische Umfeld wieder aufhellen. Nach einem gedämpften Wachstum von 0,3 % im Jahr 2023 sollte die österreichische Wirtschaft laut WIFO ab 2024 wieder stärker wachsen.

Das gilt allerdings nicht für alle Branchen. Aufgrund der zuletzt stark gestiegenen Leitzinsen werden Investitionen in den nächsten Jahren geringer ausfallen. »Das zeigt sich in Teilen der Bauwirtschaft schon jetzt ganz deutlich«, sagt Michael Klien, Bau-Experte am WIFO. Vor diesem Hintergrund rechnet das WIFO in den nächsten Jahren mit einem Rückgang des realen Wachstums in der Bauwirtschaft. Der Höhepunkt mit einem Minus von 1,8 % sollte demnach im Jahr 2024 erreicht werden. 

Entwicklung der Baugenehmigungen. (Quelle: WIFO/Statistik Austria)

Schwacher Hochbau, robuster Tiefbau

Besonders stark betroffen – auch aufgrund der verschärften Finanzierungsregeln – ist aktuell der Wohnungsbau, der nach 2022 auch 2023 mit -5,7 % deutliche Rückgänge verzeichnen wird. Der Rückgang wird sich 2024 auf 6,2 % erhöhen, bevor es 2025 mit 0,5 % zu einer Stabilisierung kommt. Positiv entwickelt sich nicht zuletzt aufgrund der hohen Energiekosten der Sanierungsmarkt, der schon 2022 deutliche Zuwächse verzeichnen konnte. »Dieser Trend wird sich auch in den kommenden Jahren fortsetzen, mit Wachstumsraten zwischen zwei Prozent und drei Prozent«, weiß Michael Weingärtler, wie Klien Bau-Experte am WIFO.

Aber auch der Nicht-Wohnungsbau leidet unter der schwachen Konjunktur und den hohen Bau- und Finanzierungskosten, allen voran der Gewerbe- und Bürobau. Zwar wird das Investitionsvolumen im Jahr 2023 aufgrund der guten Auftragslage zu Jahresbeginn nahezu gleich bleiben, ab 2024 wird aber ein starker Rückgang erwartet. Eine Erholung der Investitionstätigkeit erwarten Klien und Weingärtler erst mit einer voraussichtlich stärkeren wirtschaftlichen Erholung im Jahr 2025. Während der Büro- und Gewerbebau also zumindest kurzfristig ordentlich unter die Räder kommen wird, dürften die Investitionen im Bildungs- und Gesundheitswesen, also in den eher öffentlichkeitsnahen Bereichen, deutlich stabiler sein und sogar niedrige Wachstumsraten aufweisen.

Bauproduktion nach Sparten, *Prognose, **Schätzung. (Quelle: WIFO/Euroconstruct)

Von der Nähe zur öffentlichen Hand profitiert auch der Tiefbau, der im Jahr 2022 um 1,5 % gewachsen ist. Die wichtigsten Treiber waren Verkehr, Telekommunikation und Energie. »Im Jahr 2023 wird der Anstieg im Tiefbau voraussichtlich sogar stärker ausfallen, da die Investitionen in den Bereichen Telekommunikation und Energie dynamischer sein sollten«, sagt Klien, der für 2024 mit einem weiteren Wachstum rechnet, bevor es 2025 zu einem leichten Rückgang kommen wird. Allerdings geben die WIFO-Experten zu bedenken, dass der gesamte Prognosezeitraum vor allem im Verkehrswegebau mit großen Unsicherheiten verbunden ist, weil derzeit nicht klar sei, ob die stark gestiegenen Baukosten durch höhere öffentliche Mittel gedeckt werden oder ob es zu einer Umschichtung von Projekten kommt.

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