Freitag, November 22, 2024
Höhere GBV-Quoten - niedrigere Mieten

Eine aktuelle Studie des WIFO bescheinigt den gemeinnützigen Bauvereinigungen sowohl preisregulierende als auch qualitätssichernde Wirkung auf dem gesamten Mietmarkt.

Mit einem Marktanteil von 40 Prozent am Mietwohnungssektor und 17 Prozent am Häuser- und Wohnungsbestand haben GBVs einen bedeutenden Einfluss auf den gesamten Wohnungsmarkt. Eine aktuelle Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) gemeinsam mit dem wohnwirtschaftlichen Referat des Verbandes der gemeinnützigen Bauvereinigungen im Auftrag der MA 50 der Stadt Wien belegt jetzt die preisdämpfende Wirkung des gemeinnützigen Wohnbaus.

„Im Durchschnitt zeigt sich, dass eine Steigerung des GBV-Marktanteils um zehn Prozent zu einem Rückgang der unregulierten Mieten um 30 bis 40 Cent pro Quadratmeter führt. Bei einer 70 Quadratmeter großen Wohnung entspricht dies einer Ersparnis zwischen 250 und 340 Euro pro Jahr“, erklärt Studienleiter Michael Klien vom WIFO. Wie groß diese Wirkung tatsächlich ist, hänge aber stark vom Marktanteil der GBV am regionalen Mietwohnungsmarkt ab, so Klien.

Die aktuelle Studie zeige auch, dass neben den direkten Einsparungen auch indirekte Effekte wirken, die durch die wettbewerbliche Interaktion zwischen for-profit und non-profit Unternehmen Preisvorteile entstehen: „Die unregulierten Mieten sind aufgrund des Wettbewerbs mit unseren GBVs um durchschnittlich rund 5 Prozent günstiger“, meint Verbandsobmann Klaus Baringer erfreut.

Das zeigt sich insbesondere am Positiv-Beispiel Wien. In der österreichischen Hauptstadt sind die Mieten im europäischen Vergleich - insbesondere mit Deutschland - im Schnitt deutlich niedriger. „Ein wesentlicher Faktor dabei ist die gelebte Tradition des sozialen Wohnbaus. Durch diese Studie wird der preisdämpfende Effekt des gemeinnützigen Wohnbaus auf den kompletten Wohnungsmarkt nun klar und empirisch belegt“, so die Wiener Vizebürgermeisterin und Wohnbaustadträtin Kathrin Gaál. Leistbarer Wohnraum bei möglichster hoher Lebensqualität bleibe auch weiterhin das Credo der Stadtregierung.

GBV-Mieten stabilisieren

In angespannten Wohnungsmärkten ist der preisdämpfende Effekt zwar etwas schwächer ausgeprägt, die GBV-Mieten wirken aber stabilisierend. „Während die unregulierten Mieten sowohl regional als auch historisch ein hohes Maß an Volatilität aufweisen, zeichnen sich die kostenbasierten Mieten im gemeinnützigen Sektor durch ein hohes Maß an Kontinuität aus“, betont Verbandsobmannstellvertreter Herwig Pernsteiner.

In den letzten 50 Jahren wuchsen die Anteile der GBV im Osten Österreichs tendenziell stärker, im Westen wierderum gab es vermehrte Zunahmen im privaten Mietwohnungsangebot. Am höchsten liegt der Marktanteil der GBVs im Nordburgenland (60,7 Prozent), am niedrigsten in der Tiroler Region Außerfern (14,3 Prozent).

Laut Studie schwankt der preisdämpfende Effekt allerdings stark - in Abhängigkeit vom Marktanteil und der jeweiligen regionalen Wohnungsmarktsituation. In Regionen mit einem höheren GBV-Anteil am Mietwohnungsmarkt unterscheiden sich die Mieten nur geringfügig. „Die unregulierten privaten Mieten liegen näher an der Kostenmiete der GBVs und sind daher günstiger“, so Wirtschaftsforscher Klien. „In Regionen, die einen stärkeren Zuwachs an GBV-Wohnungen erlebten, war die Entwicklung der unregulierten privaten Mieten merkbar vom gemeinnützigen Sektor gedämpft“, erklärt er.

In Regionen mit einem hohen GBV-Mietmarktanteil wiederum, im locker besiedelten Raum und im Osten Österreichs, punkten GBVs tendenziell besonders stark durch ihren Qualitätsvorsprung - dank eines relativ jungen Mietwohnungsbestands. Der private Mietwohnungsbestand ist meist zwar nur wenig teurer, jedoch tendenziell älter.

Der Preisunterschied zwischen GBV und privaten Mietwohnungen steigt tendenziell mit dem Urbanisierungsgrad. In Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte liegt er bei über zwei Euro pro Quadratmeter, in Regionen mit niedriger Bevölkerungsdichte bei weniger als einem Euro pro Quadratmeter.

Genrell gilt: Je urbaner, je geringer der GBV-Marktanteil und je westlicher eine Region gelegen ist, desto stärker tritt der Preisvorteil der GBVs in den Vordergrund: GBVs stellen dort eine preisgünstige Alternative zum wesentlich teureren, wenn auch eher jüngeren privaten Mietwohnungsmarkt dar. Es handelt sich überwiegend um angespannte Märkte mit hoher Nachfrage und tendenziell rückläufigem GBV-Marktanteil. Die private Miete liegt deutlich über dem (kleinen) GBV-Bestand, weshalb die direkte Konkurrenz zwischen den Sektoren und die preisdämpfende Wirkung der GBVs dort als eingeschränkt anzunehmen ist.

GBVs sorgten für Qualitätsverbesserung

Eine weitere Erkenntnis der Studie: GBVs sorgten ab den 1960ern für einen deutlichen Anstieg der Wohnqualität. Es entstand ein Qualitätswettbewerb zwischen dem gewinnorientierten und dem gemeinnützigen Sektor, wobei die GBVs klare Qualitätstreiber waren und sind: „Um nur ein Beispiel zu nennen: In Wien waren im Jahr 1971 noch zirka ein Drittel aller privaten Mietwohnungen sogenannte „Bassenawohnungen“. Es gab also weder WC noch Wasser in der Wohnung. Dieser Substandard war im gemeinnützigen Sektor zu jener Zeit so gut wie nicht mehr anzutreffen“, so Verbandsobmann Baringer.

Dieser Trend ist bis heute zu erkennen. Im Österreich-Durchschnitt hatte der GBV-Sektor 2011 einen um acht Prozentpunkte höheren Anteil an gut ausgestatteten Wohnungen als der private Mietsektor. In Wien ist der Anteil sogar um 19 Prozentpunkte höher als jener im privaten Mietsektor.

(Titelbild: iStock, Grafiken: WIFO)


Über die Studie

Die Studie „Die preisdämpfende Wirkung des gemeinnützigen Wohnbaus in Österreich“ untersuchte in historischer und regionaler Perspektive den Einfluss des gemeinnützigen Wohnbaus in Österreich auf das gewinnorientierte Wohnungssegment. Der Schwerpunkt lag dabei auf Mietwohnungen, analysiert wurden dabei hauptsächlich Mikrozensus- und Registerdaten aus den letzten 50 Jahren. Autor*innen der Studie sind Michael Klien (Studienleiter), Peter Huber, Peter Reschenhofer, Gerlinde Gutheil-Knopp-Kirchwald sowie Gerald Kössl.

Mehr zur Studie unter: https://non-profit-housing.wifo.ac.at/

 

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