In Deutschland ist die Geiger Gruppe in den Bereichen Entsorgung, Sanierung, Roh- und Baustoffversorgung sowie Bau- und Immobilienentwicklung eine feste Größe am Markt. Christian Messinger hat die Aufgabe, die Präsenz am österreichischen Markt auszubauen. Im Interview mit dem Bau- & Immobilien Report spricht er über die Alleinstellungsmerkmale der Gruppe, die Schwerpunkte in Österreich und die ehrgeizigen Ziele.
Die Geiger Gruppe ist seit 2015 in Österreich tätig. Anfangs vor allem im Bereich Umweltsanierung, Flächenrecycling, Deponiebau und Abfallentsorgung. 2018 ist auch das Bauträgergeschäft dazugekommen. Jetzt sollen die Aktivitäten mit einer neuer Organisationsstruktur ausgeweitet werden. Welche konkreten Ziele verfolgen Sie in Österreich?
Christian Messinger: Ein wichtiges Ziel ist ein einheitliche Markenauftritt. Von Deutschland ausgehend wurde der gesamte Markenauftritt erneuert, inklusive einem neuen Logo. Das hat zeitlich sehr gut zur neuen Strategie in Österreich gepasst, die verschiedenen Geschäftsfelder unter einem Dach zu vereinen. Jetzt geht es darum, die Bekanntheit zu steigern und gesund zu wachsen.
Wie genau sieht Ihre Strategie aus?
Messinger: Eigentlich sind es zwei Strategien, eine für den Umwelt- und eine für den Immobilienbereich. Im Umweltbereich wollen wir verstärkt in der Altlastensanierung tätig werden. Ein weiteres wichtiges Thema ist das Flächenrecycling, das aktuell sowohl in der Gesellschaft als auch der Politik an Bedeutung gewinnt. Und schließlich decken wir den gesamten Abfallwirtschaftsprozess mit seinen Auswirkungen ab. Das alles sind Kernkompetenzen der Geiger Gruppe in Deutschland, die wir auch in Österreich erfolgreich am Markt platzieren wollen.
Im Immobilienbereich setzen wir auf frei finanzierte Wohnungen. Unsere Stärken sehen wir ganz klar in der Planung, von der Finanzierung über den Grundstückskauf und die Projektabwicklung inklusive Bauleitung bis zur schlüsselfertigen Übergabe. Darüber hinaus bauen wir derzeit eine eigene Generalplanungsabteilung auf und werden auch Generalunternehmer-Lösungen für Dritte anbieten.
Auch regional wollen wir uns breiter aufstellen und in Zukunft auch außerhalb von Wien tätig sein, insbesondere im Speckgürtel um Wien und in Graz. Das wurde bislang alles sehr autark in Wien abgewickelt. In Zukunft werden wir verstärkt Synergien mit der deutschen Mutter nutzen, die schon jetzt erfolgreich in der Projektentwicklung tätig ist.
In den letzten Jahren hat der Wohnbau sehr geboomt. Aktuell wird mit deutlichen Rückgängen gerechnet. Wie schätzen Sie die Chancen speziell im frei finanzierten Bereich ein?
Messinger: Es wird sicher schwieriger. Uns werden schon jetzt viele Grundstücke angeboten, die aber weder vom Preis passen noch über genügend Entwicklungspotenzial verfügen. Da ist es sehr wichtig, selektiv vorzugehen. Unsere Stärke ist, sehr punktuell Projekte zu realisieren. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen gibt es für Unternehmen unserer Größe immer noch Projekte in guter Lage mit ausreichend Potenzial. Aber wir wissen, dass andere Marktteilnehmer auch schon Projekte verschoben haben.
Mussten Sie auch schon Projekte verschieben?
Messinger: Bislang nicht. Wir evaluieren laufend, haben aber bis 2027 eine sehr gute Auslastung und Projekte, für die es eine gute Nachfrage gibt.
Werden Sie durch die sich laufend ändernden Rahmenbedingungen Ihre Strategie anpassen müssen?
Messinger: Nein, die Marktentwicklung hat uns nicht so getroffen, dass wir unsere Strategie ändern müssten. Wir haben zum Glück langfristige Bestandskunden, auch internationale Anleger, die immer wieder bei uns kaufen. Zwischen Herbst 2022 und Jahresanfang 2023 ist die Nachfrage tatsächlich eingebrochen, aber jetzt zieht sie wieder an. Sie ist noch nicht ganz dort, wo sie einmal gewesen ist, aber wir sind schon fast wieder im Plan.
Worin unterscheidet sich im Wohnbau der österreichische Markt vom deutschen?
Messinger: Die Kollegen in Deutschland tun sich aktuell viel schwerer. Die Marktpreise sind höher und die Situation in der Projektentwicklung deutlich angespannter.
Was kann ein Unternehmen aus Deutschland, was lokale Anbieter nicht können? Wodurch unterscheiden Sie sich vom Mitbewerb?
Messinger: Unser Alleinstellungsmerkmal ist das Zusammenspiel von Umwelt und Immobilien. Wir können kontaminierte Grundstücke erwerben, sanieren und darauf attraktive Projekte entwickeln. Wir haben etwa ein von der Elektroindustrie kontaminiertes Grundstück in der Nähe eines Sees saniert und darauf eine attraktive Immobilie errichtet. In der klassischen Projektentwicklung haben wir den Vorteil sehr kurzer Berichtswege und rascher Entscheidungsfindung. Im Umweltbereich hat die Geiger Gruppe in den letzten 100 Jahren ein enormes Know-how entwickelt. Wir haben verfahrenstechnische Lösungen entwickelt, die sonst nur wenige im Angebot haben.
An den Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft kommt aktuell niemand vorbei. Inwieweit können Sie von dieser Themensetzung profitieren?
Messinger: Kreislaufwirtschaft ist das Urthema der Geiger Gruppe. Das ist in unserer DNA. Wenn das Thema auch bei den Kunden an Bedeutung gewinnt, kommt uns das natürlich entgegen. Das spüren wir auch schon in der Projektakquise.
In welchen Bereichen sehen Sie für Geiger in Österreich das größte Wachstums- und Zukunftspotenzial?
Messinger: Im Umweltbereich sehen wir die größten Potenziale in der Altlastsanierung, dem Flächenrecycling und der Abfallwirtschaft. Hier geht es vor allem um die Aufbereitung von (Bau)reststoffen und die Gewinnung von Sekundärrohstoffen. Im Immobilienbereich sehe ich vor allem in der geographischen Erweiterung großes Potenzial. Wachstumschancen sehen wir auch im Holzbau und dem Holzsystembau. In Deutschland wird mit der Energietechnik gerade ein neuer Geschäftsbereich implementiert, von dem wir viel erwarten. Auch in der Gebäudesanierung sehen wir großes Wachstumspotenzial. Unser Ziel ist es, mit den Stärken der Gruppe in Österreich erfolgreich zu sein.
Ich nehme an, die Zentrale in Deutschland hat gewisse Erwartungen an Österreich und auch an Sie. Welche Ziele wurden Ihnen mit auf dem Weg gegeben?
Messinger: Das Motto lautet: »Rendite vor Umsatz.« Es geht nicht um Wachstum um jeden Preis, auch wenn wir natürlich wachsen wollen, organisch und wenn es passt auch anorganisch. In Summe geht es darum als attraktiver Arbeitgeber eine attraktive Rendite nach Deutschland abzuliefern.
In welcher Größenordnung?
Messinger: Zwischen fünf und zehn Prozent sollten es schon sein.
(Titelbild: Geiger)