2021 und 2022 standen in den 19 Euroconstruct-Ländern im Zeichen der wirtschaftlichen Erholung. In den nächsten Jahren wird die europäische Baukonjunktur durch ungünstige Rahmenbedingungen aber stark belastet. Auch Österreich steht vor einer sehr verhaltenden Entwicklung.
Das europäische Bauwesen hat sich von den negativen Entwicklungen der Coronapandemie rasch erholt und ist 2021 um 5,8 % und 2022 immerhin noch um 3,0 % auf ein Bauvolumen von 1.897 Milliarden Euro gewachsen. Allerdings flachte das Wachstum infolge des Ukraine-Kriegs und der stark gestiegenen Inflation seit Mitte letzten Jahres merklich ab. Zu diesem Ergebnis kommen die WIFO-Bauexperten Michael Klien und Michael Weingärtler in ihrer aktuellen »Euroconstruct-Prognose bis 2025«.
Damit blieb die Entwicklung bereits 2022 leicht hinter dem gesamtwirtschaftlichen Wachstum zurück. Das lag u. a. daran, dass die Baupreise 2021 um 6,5 % und 2022 um weitere 10,8 % gestiegen sind und damit deutlich über den Zuwachsraten der Verbraucherpreise lagen. »Daraus lässt sich ableiten, dass das Bauwesen von den Preissteigerungen überdurchschnittlich betroffen war und somit auch aus diesem Grund die realen Wachstumsraten leicht hinter der Entwicklung des BIP zurückblieben«, so Klien.
Dass die Entwicklung in Summe dennoch positiv war, lag zum großen Teil am Wohnungsbau, speziell in der Wohnhaussanierung. Hier stieg das Bauvolumen im letzten Jahr um 6,1 %. Verantwortlich dafür ist in erster Linie die Neuausrichtung der Förderpolitik in Ländern wie Deutschland oder Italien. »In Italien führte das Förderprogramm »Superbonus« nach 2021 auch im Jahr 2022 zu einem Sanierungsboom mit Wachstumsraten von über 20 %«, erklärt Weingärtler. Im Wohnungsneubau nahm das Bauvolumen in den 19 Euroconstruct-Ländern hingegen lediglich um 2,6 % zu.
Stagnierendes Bauwesen
Aufgrund der ungünstigen Rahmenbedingungen, wie steigende Baukosten und hohe Inflation, rechnet Euroconstruct für 2023 und 2024 mit einer Stagnation der realen Bauproduktion in Europa. Besonders schwach dürfte sich das Bauwesen in den skandinavischen Ländern entwickeln. Für diese Region wird im Jahr 2023 ein Rückgang des Bauvolumens um 3,4 % gegenüber dem Vorjahr erwartet. Auch für Ostmitteleuropa wird ein negatives Ergebnis prognostiziert (2023 -1,3 %). Ein geringfügiges Wachstum von jeweils +0,8 % dürfte sich in den Big 5 und in den »übrigen Euroconstruct-Ländern« ergeben (siehe Tabelle unten). Die schwache Entwicklung wird aller Voraussicht nach auf eine Rezession im Wohnbau zurückzuführen sein.
Im Neubau droht 2023 ein Minus von 2 %. 2024 dürfte wegen der abgeschwächten Inflation und der stabileren Wirtschaftsentwicklung das Niveau gehalten werden. In der Sanierung wirken 2023 noch Förderprogramme, wodurch größere Verluste vermieden werden können, 2024 bräuchte es aber zusätzliche Maßnahmen, um den erwarteten Rückgang von 3 % abzufedern. Für den Wohnbau in die Bresche springen könnte ab 2023 der Tiefbau. Mit einem prognostizierten Plus von 2,9 % könnte er zum neuen Impulsgeber für das europäische Bauwesen werden.
Vorzeitige Eintrübung in Österreich
2022 begann für die österreichische Bauwirtschaft noch sehr vielversprechend. Aber schon im zweiten Quartal kam es zum Umschwung. In Summe bleibt ein Wachstum von bescheidenen 0,2 %. Auch für die nächsten Jahre geht Euroconstruct von einer schwachen Entwicklung der realen Bauleistung aus. 2023 sollte das Wachstum bei rund 0,3 % liegen, 2024 bei 0,7 %. Ganz aktuelle Konjunkturdaten lassen jedoch auf eine noch stärkere Eintrübung schließen. Dämpfend wirkt dabei insbesondere die anhaltende Schwäche des Wohnungsneubaus.
Alle Details: finden Sie im WIFO Monatsbericht 2/2023, Seiten 99–110, oder unter: www.wifo.ac.at/publikationen/wifo-monatsberichte