Samstag, Dezember 21, 2024

Am 1. Februar wurde im Nationalrat das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) vulgo Whistleblower-Richtlinie beschlossen. Wann es zur Anwendung kommt, wer schutzwürdig ist, was Unternehmen jetzt tun müssen und welche Strafen drohen, erklären Alexander Petsche und Abanoub Malak von Baker McKenzie.

Wer ist vom HSchG betroffen?

Persönlicher Anwendungsbereich: Als Hinweisgeber*innen kommen alle Personen in Betracht, die aufgrund laufender oder früherer beruflicher Verbindung zu einem Rechtsträger des privaten oder des öffentlichen Sektors Informationen über Rechtsverletzungen erkannt haben. Dies umfasst Arbeitnehmer*innen, Bedienstete, überlassene Arbeitskräfte, Bewerber*innen, Praktikant*innen, Volontär*innen, Auszubildende, selbständig erwerbstätige Personen, Mitglieder eines Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsorgans des Rechtsträgers oder auch Personen, die unter der Aufsicht eines Auftragnehmers, Subunternehmers oder Lieferanten arbeiten. Umfasst sind auch Anteilseigner*innen, die diesen Voraussetzungen entsprechen.

Die Bestimmungen zum Schutz der Hinweisgeber*innen und die Strafbestimmungen gelten zusätzlich für natürliche Personen, die die Hinweisgeber*innen bei der Hinweisgebung unterstützen oder die diese zwar nicht unterstützen, aber von den Folgen der Hinweisgebung betroffen sein könnten. Ebenso gelten sie für juristische Personen, die zumindest teilweise im Eigentum der Hinweisgeber*innen stehen, für die sie arbeiten oder mit denen sie in einer sonstigen beruflichen Verbindung stehen.

Sachlicher Anwendungsbereich: Unternehmen – aber auch juristische Personen des öffentlichen Rechts – mit 50 oder mehr Arbeitnehmer*innen und solche, die den im Anhang I.B und II der Whistleblower-Richtlinie aufgeführten Unionsrechtsakten unterliegen – vor allem im Finanzdienstleistungssektor –, werden mit dem HSchG zur Errichtung interner Hinweisgebersysteme verpflichtet.

Zusätzlich gilt dieses Gesetz auch für Rechtsverletzungen zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union und für Verletzungen von Binnenmarktvorschriften, sowie für Verletzungen von Unionsvorschriften über Wettbewerb und staatliche Beihilfen und Verletzungen von Binnenmarktvorschriften in Bezug auf Handlungen, die die Körperschaftsteuervorschriften verletzen.

Umsetzungsfristen: Das Gesetz tritt am Tag nach der Verlautbarung in Kraft. Interne und externe Meldestellen sind dann innerhalb von sechs Monaten einzurichten. Ausgenommen sind Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitenden, für diese gilt als Frist der 17. Dezember 2023.

Welche Hinweisgeber*innen sind schutzwürdig?

Der Schutz umfasst Hinweise an interne und externe Stellen. Damit Hinweisgeber*innen den Schutz und die Verfahren nach diesem Gesetz ab der Abgabe des Hinweises in Anspruch nehmen können, müssen sie annehmen können, dass der Hinweis wahr ist und in den Geltungsbereich des Gesetzes fällt. Grundlage für diese Annahme sind die tatsächlichen Umstände und die Informationen, die dem Hinweisgeber zur Verfügung stehen.
Auch anonyme Hinweisgeber*innen haben Anspruch auf Schutz nach diesem Gesetz, falls ihre Identität durch den Hinweis bekannt wird und ein berechtigter Hinweis vorliegt. Offensichtlich falsche Hinweise sind von den Stellen zurückzuweisen und die Hinweisgeber*innen sind über die Konsequenzen eines solchen Hinweises aufzuklären.

Welche Maßnahmen müssen Unternehmen treffen?

Einrichtung interner Hinweisgeber*innensysteme: Unternehmen und juristische Personen, die in den sachlichen Anwendungsbereich fallen, sind verpflichtet, ihren Arbeitnehmer*innen eine interne Hinweisgebung zu ermöglichen. Bei Unternehmen und juristischen Personen mit schwankender Anzahl an Beschäftigten, wird zur Determinierung des Anwendungsbereichs der Jahresdurchschnitt herangezogen.

Verfahren für interne Hinweise und Folgemaßnahmen: Die internen Stellen sind so einzurichten, dass die Vertraulichkeit der Identität der Hinweisgeber*innen gewahrt wird. Diese Stellen haben unparteilich und unvoreingenommen vorzugehen. Um dies zu garantieren, müssen Vorkehrungen getroffen werden. Die Unternehmensleitung kann entscheiden, ob die interne Stelle auch für etwaige Folgemaßnahmen zuständig sein soll oder ein anderes Organ damit betraut wird. Die Aufgaben der internen Stelle können jeweils auf eine gemeinsame Stelle übertragen werden. Es können auch Dritte mit den Aufgaben der internen Stelle beauftragt werden. Bei einer Übertragung/Beauftragung treffen die Rechten und Pflichten dieses Gesetzes diese Stellen genauso wie eine interne Stelle.

Die Hinweisgebung muss entweder schriftlich, mündlich oder auf beide Arten ermöglicht werden. Falls mündliche Hinweise zulässig sind, müssen diese telefonisch oder auf eine vergleichbare Weise abgegeben werden dürfen. Verlangt der Hinweisgeber zur Besprechung eines Hinweises eine Zusammenkunft, ist diesem Verlangen spätestens innerhalb von 14 Tagen zu entsprechen.

Hinweise müssen auf ihre Stichhaltigkeit geprüft werden und einem Hinweis ist nicht nachzugehen, wenn dieser nicht in den Geltungsbereich des Gesetzes fällt oder sich keine Indizien für seine Stichhaltigkeit finden lassen. Offenkundig falsche Hinweise sind stets zurückzuweisen. Hinweisgeber*innen sind berechtigt, Hinweise bei der Stelle zu berichtigen und zu ergänzen, dies hat die internen Stelle auf Verlangen schriftlich innerhalb von sieben Kalendertagen zu bestätigen. Falls erforderlich, kann die Stelle die Hinweisgeber*innen auch um Ergänzungen ersuchen. Innerhalb von drei Monaten hat die Stelle die Hinweisgeber*innen zu verständigen, welche Folgemaßnahmen ergriffen werden/wurden oder aus welchen Gründen der Hinweis nicht weiterverfolgt wird.

Welche Strafen drohen

Verstöße gegen das HSchG werden mit Geldstrafen von bis zu 20.000 Euro – im Wiederholungsfall sogar bis zu 40.000 Euro – sanktioniert. Ebenso wird das Melden wissentlich falscher oder irreführender Hinweise mit Strafe bedroht.

(Titelbild: iStock)


Die Autoren

Alexander Petsche, Partner und Compliance Experte Baker McKenzie.

Abanoub Malak, Associate Baker McKenzie.

Info: www.bakermckenzie.com

 

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