Der heimische Markt für Immobilieninvestments hat ein schwieriges, aber in Anbetracht der Umstände in Summe solides Jahr hinter sich. Objekte im Wert von rund vier Milliarden Euro gingen über die Ladentische. Besonders stark nachgefragt wurden die Assetklassen Wohnen und Büro.
Der österreichische Immobilieninvestmentmarkt ist 2022 mit dem berühmten blauen Auge davongekommen. Laut den Investmentexpert*innen von CBRE lag das Investmentvolumen bei rund 4,0 Milliarden Euro, die Immo-Spezialist*innen von EHL liegen mit ihrer Schätzung von 4,1 Milliarden Euro sogar noch knapp darüber. Damit ging das Transaktionsvolumen im Jahresvergleich zwar um rund zehn Prozent zurück, blieb aber deutlich über den zuletzt teils sehr pessimistischen Prognosen. Dabei entsprach das erste Halbjahr noch den Erwartungen, nach einem markanten Einbruch ab Jahresmitte kam es allerdings bereits im letzten Quartal wieder zu einer spürbaren Erholung, sodass mit einer Reihe mittelgroßer Transaktionen noch vor dem Jahresende einiges an Terrain aufgeholt werden konnte.
Beliebteste Assetklassen
Das meiste Geld mit laut EHL 31 Prozent des Investitionsvolumens floss auch 2022 wieder in Wohnimmobilien, gefolgt von Büroimmobilien mit rund 20 Prozent und stark risikodiversifizierten, gemischt genutzten Liegenschaften mit rund 19 Prozent. Rund neun Prozent wurden in Einzelhandelsimmobilien investiert und ca. acht Prozent in die Assetklasse Logistik, die in der Vergangenheit sehr gut performt hat, dieses Jahr aufgrund des geringen Angebots jedoch unter den Erwartungen lag.
Etwas anders gestaltet sich die Einschätzung von CBRE. Demnach flossen rund 38 Prozent des Investitionsvolumens in Wohnimmobilien, ebenfalls gefolgt von Büroimmobilien mit 20 Prozent. Auf Platz drei schieben sich bei CBRE die Logistikimmobilien mit 15 Prozent. Rund zehn Prozent wurden in Retail-Immobilien investiert, 17 Prozent flossen in andere Assetklassen. Die Renditen stiegen 2022 laut CBRE in allen Assetklassen – in einigen massiv. Am höchsten waren die Renditen zum Jahresende 2022 bei Einkaufszentren mit 5,25 Prozent, gefolgt von Fachmarktzentren mit fünf Prozent. In den Assetklassen Logistik, Büro und Wohnen liegen sie bei 4,4 Prozent bzw. 3,9 Prozent bzw. 3,45 Prozent.
Ausblick 2023
Laut EHL befindet sich der österreichische Immobilieninvestmentmarkt aktuell in einer Phase des Abwartens. Aufgrund der allgemeinen Unsicherheit und den wirtschaftlichen Herausforderungen sei in den nächsten Monaten davon auszugehen, dass die Liquidität und die Transaktionstätigkeit auf einem tendenziell niedrigeren Niveau bleiben. Liegenschaften in schwächeren Lagen, mit einer schwierigen Vermietungssituation oder größerem Handlungsbedarf im Hinblick auf die ESG-Ziele werden laut EHL zu niedrigeren Preisen gehandelt werden. Bei Topobjekten, bei denen die Indexierung der Mieten durchgesetzt werden kann, sollte der Inflationsschutz, den Immobilien klassisch bieten, wieder stärker Beachtung finden und sich die Preisanpassung in Grenzen halten.
Geändertes Kaufverhalten
Als Konsequenz des aktuellen Marktumfeldes haben sich bei Immobilieninvestments sowohl Kaufprozesse als auch Kaufkriterien verändert: zum einen nehmen Prüfprozesse vor Akquisen mehr Zeit in Anspruch, zum anderen fokussieren sich Investoren auf gute und überzeugende Assets. »Neben beispielsweise Lage und Mieterstruktur spielen vor allem ESG-Kriterien eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Immobilien«, so Lukas Schwarz, Head of Investment Properties beim Immobiliendienstleister CBRE. Immobilien, die diesen Anforderungen nicht entsprechen, nehmen Investoren nicht in die engere Auswahl oder sie werden nur mit großen Abschlägen gekauft. Nach wie vor befindet sich der österreichische Immobilienmarkt in einem Repricing-Prozess – d. h. die Neuordnung der Preisvorstellungen zwischen Käufern und Verkäufern – der sich zumindest auch in der ersten Jahreshälfte 2023 fortsetzen dürfte.
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch EHL. Zwar gäbe es aktuell wieder deutlich mehr Interesse an Investitionen als noch im Herbst 2022, doch die Preisvorstellungen potenzieller Käufer und Verkäufer liegen noch zu weit auseinander. »Erfahrungsgemäß dauert es rund ein halbes Jahr, bis sich ein neues Marktgleichgewicht bildet, daher erwarten wir ab etwa Jahresmitte wieder eine deutlich erhöhte Transaktionstätigkeit«, erklärt Franz Pöltl, geschäftsführender Gesellschafter bei EHL.
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