Der Holzbau gewinnt auch abseits des Einfamilienhauses massiv an Bedeutung. Wir haben Bauunternehmen und Hersteller nach aktuellen Vorzeigeprojekten gefragt.
Binderholz
Bürogebäude »Fyrtornet«, Malmö, Schweden (Titelbild)
»Fyrtornet« wird mit elf Etagen Schwedens höchstes Bürogebäude aus Holz. Errichtet wird es mit rund 1.030 m³ Binderholz Brettschichtholz und 1.640 m³ Binderholz Brettsperrholz BBS. Neben der Materiallieferung hat das binderholz Project Team auch die Struktur und die Konstruktion maßgebend berechnet und umgesetzt. Derzeit befinden sich gerade die benötigten Brettschichtholzelemente in der Vorfertigung. Die berechneten Stahlteile werden für einen perfekten Montageablauf bereits im Werk eingebaut. Anhand eines Modells von Fyrtornet wurden zudem die Gebäudebewegungen bei Windkanalversuchen einschließlich windinduzierter Beschleunigungen an der Spitze des Gebäudes untersucht. Auch eine strukturelle Windlaststudie wurde durchgeführt. Die Holzkonstruktion wird zum größten Teil sichtbar sein. Eine doppelt verglaste Fassade mit integrierten Solarzellen, begrünte Wintergärten und eine Dachterrasse runden das Projekt ab. Der Büroturm soll im Jahr 2024 fertiggestellt werden.
Lieb Bau
Neues Bibliotheks- und Seminargebäude BOKU, Wien
Mit dem Ilse Wallentin Haus ließ die Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien erstmals ein Institutsgebäude in Holz errichten. Nahezu sämtliche Holzbau-Arbeiten wurden von Lieb Bau durchgeführt. Der viergeschossige Holzskelettbau mit einem Holzanteil von 78 Prozent ruht auf einem Stahlbetonsockel mit Untergeschoss. Die Stützen sind aus Brettschichtholz in Sichtqualität gefertigt, die Wände und Decken aus Brettsperrholz. Die skelettartige Konstruktion umfängt einen aussteifenden Betonkern mit verschränkten Treppen. Die wärmegedämmte Fassade wurde mit Dreischichtplatten aus Lärche verkleidet und mit vorgesetzten Lisenen aus Brettschichtholz versehen. Innerhalb von nur acht Wochen wurde die Dach-Dichtheit erreicht.
Egger
Aufstockung Einfamilienhaus, St. Johann, Tirol
Mitten in den Kitzbühler Alpen setzte Familie Grander im Frühjahr 2021 die Pläne zur Aufstockung ihres Einfamilienhauses um. Geplant wurde das Objekt von den Architekten Hasenauer & Kogler und zusammen mit der Raimund Meickl GmbH & Co KG sowie der Holzmanufaktur Hafner & Co. realisiert.
Im Zuge des Ausbaus wurde die Kubatur des Einfamilienhauses verdoppelt. Hierfür wurde das Erdgeschoss mittels Massivbau in Länge und Breite erweitert. Für die Aufstockung im ersten und zweiten Obergeschoss wurde auf Holz gesetzt. Zum Einsatz kamen ca. 1.500 m2 der Egger OSB 4 TOP Verlegeplatte zur Beplankung der Innenwände sowie der Decke. Mit dem passgenauen Nut- und Federprofil konnte die Egger OSB Platte schnell und einfach verlegt werden. Die Fertigstellung erfolgte im Sommer 2022. Heute umfasst das neue Wohnhaus drei Wohneinheiten mit einer Gesamtfläche von 490 m2.
MMK
Volksschule Moosbrunn, Moosbrunn, Niederösterreich
Bei der Modernisierung, Sanierung und Erweiterung der Volksschule Moosbrunn ging es MMK, einem Joint Venture der Kirchdorfer Concrete Solutions mit der Mayr Melnhof Holz AG, vor allem darum, verschiedene Baumaterialien nach ihren Stärken einzusetzen. Das Kellergeschoss besteht aus Beton, Zwischendecken und Dach sind aus Holz-Beton-Verbundelementen und die Wände aus reinem Brettsperrholz.
Über 750 m2 Doppelwandelemente und Elementdecken aus Beton-Massiv und knapp 670 m² Holz-Beton-Verbundelemente XC living wurden eingesetzt. Die Holz-Beton-Verbundelemente eignen sich besonders für Projekte, bei denen die Herausforderung an Schallschutz und Spannweite groß ist und zudem eine sichtbare Holzoberfläche gewünscht wird. Die vorgefertigten XC-Elemente ermöglichen eine unterstellungsfreie Montage ohne Ortbeton, wodurch die Bauzeit auf knapp elf Monate verkürzt wurde.
Leyrer + Graf
Schulcampus Hollabrunn, Hollabrunn, Niederösterreich
In der Josef-Weislein-Straße in Hollabrunn wurde im Mai 2022 mit der Errichtung eines Schulcampus gestartet. Auf dem 58.000 m² großen Grundstück entsteht ein rund 9.200 m² großer Neubau, der vorwiegend in Holzbauweise ausgeführt wird. Die Graf-Holztechnik wurde als Teil-Generalunternehmer mit der Herstellung der Wand-, Decken- und Dachkonstruktion beauftragt. Die Fertigstellung ist für März 2023 geplant.
Der gesamte Schulcampus besteht aus jeweils sechs selbstständigen Gebäuden, jeder dieser Cluster wird zweigeschoßig errichtet und beinhaltet einen sogenannten »Marktplatz«, der als Treffpunkt aller Schulklassen dient. Die Außenwände der Gebäude werden mit Vollholzwänden und die notwendigen aussteifenden »Kerne« in Stahlbetonbauweise errichtet. Alle Klassen erhalten Sichtdecken als Brettsperrholz. Die Fassaden bestehen aus einem mehrschaligen Aufbau mit vorgesetzter ausgedämmter Holzriegelstruktur samt Hinterlüftung. Als äußerste Beplankungsebene kommt eine Nut-Feder-Holzfassade zwischen den Fenstern und eine Eternitfassade unter- und oberhalb der Fenster zum Einsatz. Viel Ausführungsqualität und Know-how erfordern unter anderem die verschachtelten Brandabschnitte sowie die Dachdeckensysteme mit einer Spannweite von zwölf Metern.
Rhomberg
Neues Ortsteilzentrum, Lustenau, Vorarlberg
Nach den Plänen der lokalen Architekturwerkstatt Dworzak-Grabher entsteht in zwei Bauetappen ein Gebäudeensemble mit vier Baukörpern an zentraler Stelle Lustenaus. Absolutes Highlight des über 7.000 m2 großen Areals ist ein achtstöckiges Holzwohnhaus mit 26 Wohnungen sowie Gewerbe- und Gastronomieflächen. Damit wird dieses Gebäude in seiner Kombination von Höhe, Bauweise und Sichtbarkeit des Holzes in Österreich und vor allem in Vorarlberg einzigartig sein. Bei der Planung hat Generalunternehmer Rhomberg Bau zahlreiche Erkenntnisse aus vorangegangen Holzbau-Projekten einfließen lassen, vor allem aus dem Forschungs- und Innovationsprojekt in Wolfurt: In der dortigen Lerchenstraße hatte Rhomberg Bau zwei weitgehend identische Wohnhäuser – eines aus Holz und eines in Massivbauweise – errichtet und verglichen. Dadurch kann Rhomberg erstmals einen Holzbau dieser Größe errichten, der mit einem Vergleichsgebäude in Massivbauweise kostentechnisch mithalten kann.
Rubner
Hafen Lübeck, Lübeck, Deutschland
Rubner errichtete am Lübecker Hafen eine neue Logistikhalle mit mehr als 12.000 m2 Dach-Grundfläche. Für die Tragkonstruktion der neuen Logistikhalle am Skandinavienkai wurden insgesamt 1.425 m3 Brettschichtholz im Werk in Ober-Grafendorf vorgefertigt und verarbeitet. Diese Materialmenge erforderte eine präzise Logistik und enge zeitliche Abstimmung zwischen den Produktions-, Transport- und Montageteams vor Ort. Aufgrund der Dimensionen der Fischbauchträger mit 43,5 m und 28 m Länge sowie der Satteldachträger mit einer Länge von 27 m und Lasten zwischen 12 und 22 t pro Träger war der Transport per LKW auf der Straße wirtschaftlich nicht sinnvoll.
Die großdimensionierten Elemente mit einem Gesamtvolumen von rund 1.000 m3 wurden schließlich auf dem Schiffsweg vom Rhenus Donauhafen Krems bis zum Hafen in Lübeck verbracht. Da die Entladestelle des Schiffes rund zwei Kilometer vom Skandinavienkai entfernt war, mussten die Hauptträger schließlich per LKW-Spezialtransport aufs Baufeld gebracht werden. Die vier Unterzugsträger wurden vor Ort am Boden zu einer Gesamtlänge von mehr als 60 m miteinander verbunden und anschließend mittels zwei Mobilkränen auf die vorgesehen Stützen hochgehoben. Die fertige Halle besteht aus zwei Strängen an BSH-Unterzügen mit 44 × 251 cm, die sich aus jeweils vier Stück auf die Gesamtlänge von 121 m aufteilen.
Saint-Gobain
Neue Zentrale Wolf Systembau, Scharnstein, Oberösterreich
Das neue Zentralgebäude der Firma Wolf Systembau besteht aus zwei Teilen: Im massiven Erdgeschoß können acht Elektrostapler nebst Batterien über Nacht eingestellt und aufgeladen werden. Das Obergeschoß mit Büros und Sozialräumen wurde in Holzbauweise umgesetzt, die tragende Konstruktion teilweise als biegesteifer Stahl-Holz-Rahmen.Eine Herausforderung des Projekts war u. a. der Brandschutz, speziell zwischen Erdgeschoß und den oben liegenden Räumlichkeiten. Beim Deckenaufbau kam eine Rigips Riduro Holzbauplatte 15 mm zum Einsatz, die Ausdämmung der Holzbalkendecke erfolgte mit Isover Ultimate. Die einfach beplankte Gipskartonplatte ermöglicht schnellere Montagezeiten und Materialeinsparung. Holztramdecken anderer Anbieter benötigen eine doppelte Beplankung.
Für die Zweiteilung des Gebäudes in eine Werkshalle und in Büro- und Sozialräume wurde eine spezielle Lösung gesucht, um die Raumakustik zu verbessern. Die Akustik-Anforderung an die Holztramdecke erfüllte ebenfalls ein System von Saint-Gobain: die abgehängte Gyptone-Rasterdecke Aktiv’Air zur Schallabsorption.
Stora Enso
Nanyang Technological University, Singapur
Die Nanyang Technological University (NTU) in Singapur setzt bei der Entwicklung ihres Campus auf nachhaltige Materialien und innovative Bauverfahren. Das jüngste Projekt, das Academic Building South (ABS), wurde mit Brettsperrholz (CLT) von Stora Enso aus Ybbs umgesetzt. Für das sechsstöckige NTU Academic Building South wurde eine Kombination aus CLT für die Decken und Brettschichtholz (Leimholz) für die Balken und Säulen verwendet. Das für dieses Projekt verwendete Holz stammt aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern und wird bereits im Werk für die Montage vor Ort vorgefertigt. Stora Enso sieht in dem neuen NTU-Gebäude auch ein Beispiel dafür, was mit Holz im Design erreicht werden kann. Holz verleihe ein warmes Gefühl und erhöhe die Biophilie, die Verbindung zur Natur in Innenräumen, wodurch eine Umgebung geschaffen wird, die das Lernen und den Diskurs fördert.
Strabag
Pavillon der Klinik Ottakring, Wien
Im Auftrag des Wiener Gesundheitsverbundes baut Strabag das erste österreichische Spitalsgebäude aus Holz und eines der derzeit größten Holzbauprojekte in Österreich. Die 3. Psychiatrische Abteilung der Klinik Penzing wird vor dem Umzug in die neuen Gebäude der Klinik Ottakring bis zur Fertigstellung in einem Interimsgebäude aus Holz Platz finden.
Da das Gebäude in mehreren Jahren wieder rückgebaut werden soll, entschied man sich für die umweltverträgliche Bauweise aus Brettsperr- und Brettschichtholz. Insgesamt wurden 3.075 m³ Brettsperrholz und 125 m³ Brettschichtholz verbaut. Der Holzbau mit vier Geschoßen wird komplett aus Fichtenholz gefertigt – einzige Ausnahme ist die Fassade aus Lerchenholz. Der Holzrohbau wurde vor Baubeginn komplett modelliert. Die Einzelpositionen sowie Montagevorgänge der Fertigteile wie Schwellen, Wand- und Deckenelemente wurden detailliert geplant und eingetaktet. Der Rohbau des gesamten Gebäudes war somit nach sechs Monaten fertiggestellt.
UBM
Timber Peak, Mainz, Deutschland
Der Timber Peak im ehemaligen Zollhafen Mainz ist eines der höchsten Holz-Hybrid-Hochhäuser in Rheinland-Pfalz und punktet mit einer gute Lage direkt am Wasser und einer modernen, mehrfach ausgezeichneten Architektur. Ebenso smarte wie gemütliche, lichtdurchflutete Arbeitsräume in Kombination mit begrünten Dachterrassen und einem belebten Vorplatz schaffen eine völlig neue Arbeitsatmosphäre. Beim Holz-Hybrid-Projekt Timber Peak werden auf insgesamt ca. 9.500 m² Bruttogeschoßfläche etwa 900 m³ Brettsperrholz und 150 m³ Brettschichtholz verbaut. Die Decken des zwölfgeschoßigen Gebäudes werden als Holzbetonverbundsystem mit sichtbarer Holzunterseite ausgeführt. Die Fertigstellung ist für Frühjahr 2025 geplant.
(Bilder: Binderholz, Buchinger, Klaus Bauer Photomotion, Postl, Maurer & Partner Architekten, Rhomberg, Rubner, Saint Gobain, Photo Steeltech Industrie PTE Ltd, Sacker Architekten, Markus Pernthaler Architekt ZT)