Donnerstag, Juli 18, 2024

Anfang November lud der Fachverband Steine-Keramik in der Ständigen Vertretung Österreichs in Brüssel zu einer Podiumsdiskussion über die »Zukunft des europäischen Bausektors zwischen Energiekrise und industrieller Transformation«. 

Titelbild: Das Podium - Berthold Kren, Lafarge, Christian Egenhofer, CEPS, Gwenole Cozigou, DG Grow, Antonia Krische-Reitmayer, Wienerberger, Botschafter Gregor Schusterschitz, Stefan Schleicher, Universität Graz & Projektleiter Reconstruct, und Xavier Le Den, Ramboll Group. (Credit: Fachverband Steine-Keramik)

Der Gebäudesektor ist in Europa für zirka 36 % der direkten und indirekten CO2-Emissionen verantwortlich. Daher hat die Europäische Kommission in ihrem letzten Strategiepapier »Fit for 55« eine Reduktion der Emissionen der Bauindustrie um 60 % bis 2030 verglichen mit dem Niveau von 2015 vorgeschlagen. Zugleich sorgt die geopolitische Lage speziell im Bereich der Energiemärkte für massive Preis­anstiege was zu einer Art Überlebenskampf in der europäischen Bauindustrie führt. Gleichzeitig werden die Bestrebungen zur Dekarbonisierung des Bausektors durch steigende Inflation und sinkende Nachfrage gebremst. Auf Einladung des österreichischen Botschafters Gregor Schusterschitz wurde aus diesem Anlass mit prominenten Vertretern der europäischen Baustoffindustrie darüber diskutiert, welche Innovationen und Potenziale der europäischen Bauindustrie zur Verfügung stehen, um die derzeitige Energieabhängigkeit verringern zu können und wie die vorgeschriebenen Ziele zur CO2-Neutralität erreicht werden können.

Projekt Reconstruct

Stefan Schleicher von der Universität Graz und Projektleiter von Reconstruct präsentierte dabei das vom Fachverband Steine-Keramik ins Leben gerufene Projekt, das die Potenziale der Baustoffindustrie entlang der Wertschöpfungskette aufzeigen soll. Schleicher verwies dabei auf innovative Quartiersprojekte wie Surstoffi und Papieri in der Schweiz, wo mit sogenannten Anergie-Netzen alle Komponenten des Energiesystems verbunden werden.

Green Deal

Gwenole Cozigou Direktor der DG Grow und zuständig für Industrial Transition und den EU Green Deal erläuterte die Komplexität der oben aufgezeigten Thematik insbesondere im Zusammenhang mit den legistischen Ausformungen der Intentionen des European Green Deal von der Bauproduktenrichtlinie bis hin zum Green Procurement und der EU-Taxonomie.

Projekt C2PAT

Berthold Kren, CEO von der Lafarge GmbH, erläuterte seinerseits die massiven Forschungsanstrengungen der österreichischen Zementindustrie in dem Bereich, der die Abscheidung von CO2 aus der Zementherstellung sowie die Fertigung von hochwertigen Kunststoffen, Olefinen und Kraftstoffen auf Basis erneuerbarer Rohstoffe ermöglichen soll. Durch die Schaffung einer sektorübergreifenden Wertschöpfungskette werden Klimaneutralität, Kreislaufwirtschaft und Innovation in Österreich vorangetrieben. Mit diesem innovativen Projekt (C2PAT) würden auch die Emissionen in der Zementproduktion signifikant verringert und das Treibhausgas CO2 als wertvolle Ressource für die industrielle Weiterverwendung etabliert, so Kren.

Projekt Kortemark

Auch Antonia Krische-Reitmayer, Senior Public Affairs Manager der Wienerberger AG, präsentierte anhand des Projekts Kortemark, wie mit der Umstellung von Gasöfen auf Elektroöfen im Produktionsprozess der Ziegelindustrie CO2-neutrale und innovative Produktionswege beschritten werden. Die dafür in Kortemark benötigte Elektrizität ist 100 % grün und stammt zu 25 % aus Photovoltaikanlagen am Produktionsstandort. Auf fossile Energie kann daher gänzlich verzichtet werden. Ein Ausrollen der neuartigen Technologien mit grüner Eigenstromversorgung Richtung Energie­unabhängigkeit ist an weiteren Standorten der Wienerberger AG geplant. Die in dieser Produktionslinie in Kortemark hergestellten Ziegelprodukte sind wiederverwendbar und entsprechen mit ihrer Lebensdauer von über 100 Jahren dem Anspruch CO2-neutraler Gebäude der Zukunft. Mit den von Wienerberger hergestellten Solardachziegeln können so Gebäude auch als integrierte Bestandteile der Energiesysteme der Zukunft angesehen werden. »Dringend benötigt wird eine grüne Energiewende in Europa, finanzielle Unterstützung der Kommission und der Mitgliedsstaaten für die nachhaltige und grüne Transformation der einzelnen Produktionsstandorte sowie weniger an Bürokratie für die dafür notwendigen Genehmigungsprozesse«, sagt Krische-Reitmayer.

Meistgelesene BLOGS

Alfons A. Flatscher
21. März 2024
 Mit KI-Technologien bleibt kein Stein auf dem anderen. Ganze Berufsstände, die sich bisher unangreifbar fühlten, geraten plötzlich in eine Krise. Legionen von Programmierern arbeiten gerade an d...
Firmen | News
25. März 2024
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel und Künstliche Intelligenz (KI) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Unternehmen weltweit erkennen zunehmend die Bedeutung von KI für ihre Produktivität und W...
Andreas Pfeiler
27. März 2024
Die Bundesregierung hat ein lang überfälliges Wohnbauprogramm gestartet. Ausschlaggebend dafür war ein Vorschlag der Sozialpartner, der medial aber zu Unrecht auf einen Punkt reduziert und ebenso inte...
Redaktion
09. April 2024
Die Baubranche befindet sich gerade in einem riesigen Transformationsprozess. Dabei gilt es nicht nur, das Bauen CO2-ärmer und insgesamt nachhaltiger zu gestalten, sondern auch Wege zu finden, wie man...
Firmen | News
27. Mai 2024
Die Zeiten, in denen man eine Bankfiliale besuchen musste, um sich über finanzielle Produkte zu informieren, sind längst vorbei. Heute, in einer Ära, in der praktisch jede Information nur einen Klick ...
Fujitsu
05. April 2024
Die IT-Landschaft hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Früher dominierten zentralisierte Rechenzentren, ein neuer Trend favorisiert nun aber eine verteilte IT-Infrastruktur. Diese erstreckt...
Bernd Affenzeller
02. Juni 2024
Am 9. Juni findet in Österreich die Wahl zum Europäischen Parlament statt. Überschattet wird der Wahlkampf derzeit von Vorwürfen gegen die grüne Kandidatin Lena Schilling. Trotz der heftigen Turbulenz...
Marlene Buchinger
21. April 2024
Derzeit gibt es Unmengen an Schulungsangeboten und ESG-Tools schießen wie Pilze aus dem Boden. Anstelle das Rad neu zu erfinden, lohnt es sich bestehende Strukturen zu neu zu denken. Herzlich Willkomm...

Log in or Sign up