Sonntag, Dezember 22, 2024

Angesichts von Fachkräftemangel und Lieferkettenproblemen gewinnt eine gute Logistik auf der Baustelle nochmals an Bedeutung. Dabei ist Digitalisierung gefragt, Excel-Listen und Papier stehen im Abseits.

Geht es um Investitionen in die Digitalisierung denken Bauunternehmer in erster Linie an BIM oder an Software zur Baustellendokumentation sowie zur Beschleunigung von Verwaltungsprozessen. Bei Großbaustellen mit beengten Platzverhältnissen braucht es die Digitalisierung aber auch in der Logistik. Asfinag und ÖBB haben Digitalisierungskonzepte bereits in die Vergabekriterien integriert. »Dabei wird der Ablauf auf der Baustelle simuliert, berücksichtigt werden kann eine eventuell vorhandene Rohstoffknappheit«, betont Christian Schranz vom Zentrum Digitaler Bauprozess der TU Wien. Insbesondere für eine genaue und mit geringen Unsicherheiten behaftete Bauzeitplanung stellt die digitale Baustellenlogistik eine wesentliche Grundlage dar. Daraus ergeben sich laut Asfinag Vorteile in der Vertragsabwicklung und der Risikoabschätzung.

Aktuelle Anforderungen

Durch die meist geringen Platzkapazitäten auf den Baustellen ist nur eine geringe Lagerhaltung durchführbar. »Ein zeitnaher Überblick über die Produktionsfaktoren ist essenziell, um zu wissen, welche Güter wann auf die Baustelle kommen und wie diese auf der Baustelle zu verteilen sind«, betont Christian Hofstadler, Leiter des Instituts für Baubetrieb und Bauwirtschaft an der TU Graz. Das gelte auch für den Abtransport und die Entsorgung. Angesichts der hohen Geschwindigkeit, in der heute gebaut wird, ist die Taktung der einzelnen Bauabschnitte sehr relevant.

»Je größer das Projekt, desto wichtiger ist daher eine optimierte digitale Projektlogistik. Zu wissen, was wann geplant ist und was wann kommt, wird immer wichtiger für den Erfolg von Bauprojekten«, ergänzt Thomas Roithmeier, Geschäftsführer von Insite IT. Je digitaler die Arbeitsvorbereitung umgesetzt wird, desto digitaler sind auch die erarbeiteten Baustellenlogistikkonzepte. »Wir versprechen uns von der Digitalisierung der Baustelle mehr Effizienz, weniger Fehler und vor allem eine größere Sicherheit für alle Beteiligten«, betont Christian Maier, Leiter Bauwirtschaft – Digitales Bauprozessmanagement in der Habau Gruppe. Schon heute sei zum Beispiel die Maschinensteuerung der Bagger ein wichtiger Hebel gegen den Fachkräftemangel. Statt drei muss jetzt lediglich eine Fachkraft eingesetzt werden.

Viele Lieferanten und Nachunternehmer haben laut Karl-Heinz Strauss, CEO von Porr, den Mehrwert des digitalen Datenaustausches schon erkannt und arbeiten gemeinsam mit Porr am weiteren Ausbau der Systeme und Prozesse. Liefertermine seien aufgrund der derzeitigen weltwirtschaftlichen Entwicklungen volatiler und es gebe wesentlich öfter Verschiebungen, auf die man reagieren muss. Diese könnten nicht immer nur mit Ablauf­änderungen abgefedert werden. Manchmal sei es notwendig, auf Produktalternativen auszuweichen. Projektübergreifende Analysen sind immer mehr gefordert, um vorhandene Ressourcen richtig zu verteilen.

Digitalisierung

Klemmbrett und Strichliste gehören der Vergangenheit an. »Digitalisieren bringt eine wesentliche Effizienzsteigerung auf der Baustelle«, weiß Dominik Müller, Geschäftsführer von Zeppelin Rental Österreich. LKW fahren zum Beispiel durch die von Zeppelin Rental entwickelte intelligente Schranke. Sind Transporte angemeldet und ist die gebuchte Ladezone frei, wird automatisch die Einfahrt gewährt. Bei digitalisierter Versorgungslogistik kann generell nachvollzogen werden, wer z. B. eine Entladung beauftragt hat, wann sie tatsächlich stattgefunden und wie lange sie gedauert hat. Diese können zur Planung späterer Projekte herangezogen werden.

»Wenn auf Baustellen täglich 60 bis 90 LKW im Einsatz sind, braucht es Zeitfenstervergaben und Transportsteuerung«, sagt Dominik Müller, Zeppelin Rental. (Bild: interfoto)

Derzeit arbeitet Zeppelin Rental mit eigenen Softwarelösungen wie InSite, Rental+ und der bereits am Nordbahnhof in Betrieb befindlichen intelligenten Schranke. Weiterentwicklungsmöglichkeiten erkennt Müller unter anderem in der Versorgungslogistik. »Wir arbeiten an einer intelligenten Vorstaufläche für innerstädtische Baustellen. Angefahren wird dabei ein Tower außerhalb der Stadt, über ein Display erhält der Fahrer Abfahrtsdaten, damit er just in time auf die Baustelle liefern kann.«

Rhomberg Bau steht auf der Baustelle laut Geschäftsleiter Matthias Moosbrugger noch relativ am Anfang dessen, was alles möglich sein wird und was sich das Unternehmen vorstellt. »Unsere Maschinenführer arbeiten aber bereits mit teilautonomen Baumaschinen wie Baggern und bekommen Maße und Tiefen direkt am Steuer angezeigt.« Dazu nutzen sie Leica-Software und -Produkte. Zudem sind auf den Baustellen Tablets, Smartphones und auch Handvermessungsgeräte von Leica im Einsatz. Dadurch kann sich das Baustellenpersonal auf den eigentlichen Bauablauf konzentrieren und auf Veränderungen prompt reagieren. Der Kommunikationslevel innerhalb eines Baustellenteams kann mittels Lean Construction gesteigert werden.

Die Baulogistik-Plattform Sequello bietet eine komplett digitale Abwicklung für Bestellung, Lieferschein und Rechnung, mit der Möglichkeit der direkten Anbindung an Dispo und ERP-Systeme mit nur einer Schnittstelle. Die Daten können anschließend für weitere Auswertungen, z. B. im Hinblick auf die verwendeten Materialien, herangezogen werden. »Aktuell ist der digitale Prozess für Beton, Kies, Sand und Schotter möglich. In Zukunft werden weitere Materialien und Dienstleistungen folgen«, informiert Geschäftsführer Michael Pum. Die Field App wird auch von Porr eingesetzt.

»Bestell- und Lieferinformationen können jederzeit abgerufen werden, Rückfragen und langwierige Abstimmungen entfallen, was sich positiv auf die Planungssicherheit auswirkt«, erklärt Sequello-Geschäftsführer Michael Pum. (Bild: Sequello)

Trimble ist ebenso eine Lösung für Transport und Logistik. Habau arbeitet nicht mit direkten Baustellenlogistikprogrammen, sondern erstellt die Ablaufpläne mit einer etablierten Terminplanungssoftware. Um rasch auf Änderungen reagieren zu können, vertraut man auf traditionelle Papierpläne.

(Titelbild: iStock)

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