Mittwoch, November 20, 2024

Die Pandemie stellte für den Immobilienmarkt keine Preisbremse, sondern vielmehr einen Preisbeschleuniger dar. Die Experten der Raiffeisen Research und Raiffeisen Immobilien Salzburg geben einen Ausblick auf die Entwicklung von Privat- und Gewerbeimmobilien in Salzburg. 

Titelbild: v.l.n.r.: Peter Mayr (Raiffeisen Immobilien Salzburg), Peter Brezinschek (Raiffeisen Research), RVS-GL Manfred Quehenberger, Matthias Reith (Raiffeisen Research) (Credit: RVS/Leopold)

Der Ausnahmezustand ist in die Verlängerung gegangen. Auch das Jahr 2022 ist geprägt von hoher Inflation, großer Unsicherheit und steigenden Zinsen. Die Preisdaten für das ersten Quartal haben gezeigt: Auf dem österreichischen Wohnimmobilienmarkt knüpft das neue Jahr nahtlos dort an, wo das alte aufgehört hat. Und das überrascht nicht, meint Matthias Reith, Ökonom bei Raiffeisen Research: „Egal ob Finanzkrise, Eurokrise, Brexit oder eben Corona: Krisenzeiten waren gute Zeiten für den heimischen Immobilienmarkt. Denn genau dann schaltete der österreichische Immobilienmarkt immer einen Gang höher.“ Auch die aktuelle geopolitische Unsicherheit sollte daher für sich genommen einen Unterstützungs- und keinen Belastungsfaktor darstellen.

Und die höchste Inflation seit mehr als 40 Jahren? „Wohnimmobilien waren in der Vergangenheit und weltweit betrachtet Inflationsgewinner, allerdings hängt das Ausmaß des realen Preisanstiegs von der Höhe der Inflation ab. Man kann also sagen: Die Dosis macht das Gift“, so Reith. Das aktuelle Inflationsumfeld in Österreich ist dabei genau jenes, in dem Wohnimmobilien historisch und global betrachtet den höchsten realen Preiszuwachs erzielt haben.



Dämpfende Wirkung bei Preisanstiegen

Die höchsten Inflationsraten seit mehreren Jahrzehnten seien es aber auch, die das Jahr 2022 zum Jahr der Zinswende werden lassen. „Die Inflation ist gekommen, um zu bleiben. Das hat nun auch die EZB erkannt“, erklärt Peter Brezinschek, Chefanalyst von Raiffeisen Research. Steigende Zinsen sind es denn auch, die ab der zweiten Jahreshälfte für eine deutliche Abflachung des Immobilien-Preisauftriebs sprechen.

Und das sollte der Auftakt zu einer insgesamt merklich langsameren „Fahrtgeschwindigkeit“ sein. Nominale Preiszuwächse klar unterhalb der Inflationsrate sollten in den nächsten Jahren nicht überraschen. Ob es auch zu einer Vollbremsung oder gar dem Einlegen des Rückwärtsgangs kommt, hänge maßgeblich davon ab, wie stark dem Immobilienmarkt der zinsseitige Gegenwind entgegenbläst. Die Unsicherheit ist groß, gleichwohl erscheint auf Sicht von mehreren Jahren eher ein moderater als ein übermäßiger Zinsanstieg wahrscheinlich. Aber zweifellos gilt: „Das Zinsrisiko ist momentan das größte Risiko für den Immobilienmarkt“, so Brezinschek.

Salzburg: überdurchschnittliche Preisanstiege 

Für den Salzburger Immobilienmarkt waren die beiden Pandemiejahre durch überdurchschnittliche Preisanstiege gekennzeichnet. Das ohnehin schon hochpreisige Einfamilienhaus verteuerte sich 2020 und 2021 um insgesamt 32 Prozent, womit die Preisentwicklung im gesamten Bundesgebiet (+ 22 Prozent) abermals übertroffen wurde. Doch Salzburg ist nicht gleich Salzburg, das Gefälle innerhalb der Landesgrenzen ist groß: Während sich Einfamilienhäuser im Flachgau und damit im Einzugsgebiet der Landeshauptstadt seit 2019 um deutlich mehr als der Landesschnitt verteuerten, ist im Lungau selbst Werterhalt ein ambitioniertes Ziel.

Im Einklang mit dem österreichweiten Trend sollte sich die Preisdynamik auch im Bundesland Salzburg in den kommenden Jahren spürbar verlangsamen. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Bundesland angesichts fundamentaler, sprich demografisch bedingter Nachfrage und chronisch knappen Baulands auch zukünftig in Sachen Preisniveau im Spitzenfeld liegen wird. Die differenzierte Entwicklung innerhalb der Landesgrenzen sollte sich gleichwohl fortsetzen. „Divergenz statt Konvergenz dürfte daher auch in den nächsten Jahren das Motto im Bundesland Salzburg sein“, resümiert Reith.

Details aus der Praxis

Die Raiffeisen Immobilien Salzburg gibt einen Einblick aus den eigenen Erfahrungen: Erwähnenswerte Trends seien beispielsweise der Wunsch nach einem eigenen Balkon/Terrasse bzw. Garten bei Eigenheimen, des Weiteren werde aufgrund der Homeoffice Thematik vermehrt auf einen separaten Büroarbeitsplatz geachtet. Die steigende Nachfrage spiegelt sich in den Immobilienpreisen wider: Im Bundesland Salzburg betrug der Quadratmeterpreis für eine Wohnung 2021 im Schnitt 4.630 Euro - einer Steigerung von 10,8 Prozent im Vergleich zu 2020. Auch die vermehrte Präferenz hin zum Einfamilienhaus und damit verbundene Grundstückskäufe sind zu beobachten; dies wird sich laut Prognosen noch bis einschließlich 2023 fortsetzen.

Bei Gewerbeimmobilien (Retail-, Büro- und Geschäftsflächen) ist hingegen ein vermehrter Leerstand zu beobachten, da weniger Nachfrage herrscht. Vor allem der Wunsch nach flexiblem Mieten von Büroflächen nehme aber zu. Unternehmen hätten sich an die Pandemie angepasst und neue Bürokonzepte, wie z.B. Desk-Sharing, entwickelt, was auf kurz oder lang zu einer Veränderung der Bürolandschaft führen wird. So gibt es beispielsweise schon vermehrt die Möglichkeit der Anmietung eines Coworking-Space, bei dem die Infrastruktur bereits gegeben ist und flexibles Arbeiten ermöglicht wird.

Nachfrage-Hotspots im Bundesland

Peter Mayr, Geschäftsführer von Raiffeisen Immobilien Salzburg, sagt: „Zulauf erfährt weiterhin die nähere Umgebung im Umkreis der Stadt Salzburg und das Flachgauer Seenland. Besonders die Gegend rund um Seekirchen, wo zukünftig die Bezirkshauptmannschaft für Salzburg Umgebung beheimatet sein wird, erfreut sich besonders großer Beliebtheit.“ Ein Ende des derzeitigen Trends hinsichtlich Immobilienerwerb ist aktuell nicht absehbar. Eine seriöse Prognose kann aufgrund verschiedener, nichtbeeinflussbarer Faktoren (Corona Pandemie, Ukraine-Krieg) jedoch nicht getroffen werden. Für Immobilieninteressenten wird der Erwerb vom Eigenheim wahrscheinlich schwieriger, da eine Preisumkehr nicht zu erwarten ist und sich die gesetzlichen Voraussetzungen für die Finanzierung (höhere Eigenmittelerfordernisse) geändert haben.

„Hinzu kommt das gestiegene Zinsniveau sowie, insb. bei Bestandsimmobilien, die gestiegene Bedeutung einer nachhaltigen Energieversorgung – diese wird immer mehr zur relevanten Kaufentscheidung“, ergänzt Mayr.

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