Mittwoch, November 20, 2024

In der Rubrik »Fragen an die Politik« haben Vertreter der Bau- und Immobilienwirtschaft die Möglichkeit, konkrete Fragen an Spitzenpolitiker*innen zu richten. In der aktuellen Ausgabe kommt die Frage von Velux Österreich Geschäftsführer Bernhard Hirschmüller. Gerichtet wurde sie an das BMK und den niederösterreichischen Wohnbaulandesrat Martin Eichtinger.

Thema: Flächenverbrauch & Nachverdichtung

Die Frage: Bernhard Hirschmüller, Geschäftsführer Velux Österreich (Titelbild re.)

»Der Bausektor ist ein wichtiges Handlungsfeld für den Klimaschutz: Gebäude sind weltweit für rund 39 Prozent aller CO2-Emissionen verantwortlich. Die Art und Weise, wie Gebäude geplant, gebaut, genutzt und zurückgebaut werden, muss radikal überdacht werden. Zusätzliche Versiegelung von wertvollem Grünland und der enorme Ressourcenverbrauch vor allem im Neubau sind zwei zentrale Punkte, die sich negativ auf Umwelt und Klima auswirken. Was unternimmt die Politik konkret, um die Nachverdichtung – also beispielsweise aus Einfamilienhäusern Zwei- oder sogar Dreifamilienhäuser zu machen – zu stimulieren?«

Die Antwort: Martin Eichtinger, Wohnbaulandesrat Niederösterreich (Titelbild li.)

»In der heutigen Zeit ist es von enormer Bedeutung, die schon vorhandenen Gebäude und bebauten Flächen durch gezielte Sanierung den heutigen Standards anzupassen. Die Nachverdichtung der vorhandenen Wohneinheiten ist seit jeher eine der bewährtesten Maßnahmen der NÖ Wohnungsförderung, um die Bodenversiegelung zu verhindern, der Zersiedelung entgegenzuwirken und Ortskerne wieder attraktiv zu gestalten. Landsleute, die im Ortskern bauen, werden mit einem Bonus dabei unterstützt. Gleiches gilt, wenn in einer Abwanderungsgemeinde gebaut wird. Sollte der Ortskern in einer Abwanderungsgemeinde liegen, werden Häuslbauer mit bis zu 12.000 Euro unterstützt. Aus Alt mach Neu ist die Devise, die die heutige Zeit prägt. Die NÖ Wohnbaurichtlinien werden mit wissenschaftlicher Unterstützung durch die Universität für Weiterbildung Krems und die NÖ Wohnbauforschung laufend adaptiert um somit garantieren zu können, dass Private als auch gemeinnützige Wohnbauträger ziel- und bedarfsorientiert unterstützt werden.

Der Klimaschutz ist einer der fundamentalen Eckpunkte der blau-gelben Wohnbaustrategie. Seit 2005 werden Öl- und Gasheizungen im großvolumigen Wohnungsneubau nicht mehr gefördert. Dadurch konnten bereits 36,5 Prozent CO2-Emissionen im geförderten Wohnbau eingespart werden. Unser Ziel ist, alle noch vorhanden Ölheizkessel in Niederösterreich durch Heizanlagen, die mit biogenen Brennstoffen oder Alternativenergie betrieben werden, zu ersetzen.

Um dies für die Bürger auch leistbar zu machen, unterstützt das Land Niederösterreich mit dem ›NÖ Raus aus Öl Bonus‹ und für finanziell schwächer gestellte Familien mit der ›Sauber Heizen für Alle‹-Förderung. Gerade in Zeiten, in denen die Landsleute durch die Anhebung von Bau- und Energiepreisen belastet werden, ist es wichtig, Lösungen zu präsentieren, um weiterhin leistbaren Wohnraum zu schaffen. Dafür steht die blau-gelbe Wohnbaustrategie jetzt und in Zukunft.«

Statement Klimaschutzministerium:

»Die fortschreitende Bodenversiegelung ist eines der zentralen Themen unserer Zeit. Raum- und Bauordnung liegen in Österreich in der verfassungsrechtlichen Verantwortung der Bundesländer und Gemeinden. Ihnen obliegt es auch, entsprechende rechtliche Vorkehrungen zu schaffen. Gleichzeitig arbeitet das BMK wo Möglichkeiten bestehen intensiv daran, den Flächenverbrauch zu reduzieren bzw. zu verhindern. Hier einige Beispiele:

  • Bei der ÖBB schrumpfen durch Umstrukturierungsmaßnahmen die von der Bahn beanspruchten Flächen. Bereits verbaute Flächen wie ehemalige Verschiebebahnhöfe werden so wieder genutzt. Alleine mit der Errichtung des Zentralbahnhofs in Wien konnten 59 ha für Wohnungen, Büros, Geschäfte etc. freigegeben werden. Insgesamt hat und wird die ÖBB in den nächsten zwei Jahren rund 200 ha für neue Wohn- und Büroflächen und mehr als die Hälfte davon (115 ha) als Grün- und Erholungsflächen freigeben.

  • Im Rahmen des EU-Wiederaufbaufonds werden 50 Millionen Euro für klimafitte Ortskerne zur Verfügung gestellt. Neben thermischer Sanierung von betrieblichen und kommunalen Gebäuden wird auf Flächenrecyclingmaßnahmen gesetzt. So werden seit diesem Jahr jährlich zwei Millionen Euro, insbesondere für die Entwicklung von derzeit nicht oder gering genutzten Flächen, zur Verfügung gestellt.

  • Im Rahmen der aktuellen Novellierung des Altlastensanierungsgesetzes wird das sogenannte Brachflächen-Recycling vorgesehen sein. Betriebsflächen beanspruchen generell den größten Anteil des jährlichen Bodenverbrauchs. Mit dem Brachflächen-Recycling werden ehemalige Betriebsflächen nutzbar gemacht, statt neue Flächen dafür in Anspruch zu nehmen.

  • Und im Rahmen des ›Brachflächendialog‹ steht im Fokus, vorgenutzte Flächen und Standorte zu reaktivieren, die derzeit nicht mehr oder nicht entsprechend dem Standortpotenzial genutzten werden.«

(Bilder: Velux)

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