Mittwoch, November 20, 2024

A-Null Development hat sein Bauphysik-Programm Archiphysik um ein neues Feature ergänzt, das neben dem Energieausweis auf Knopfdruck auch eine vertiefte Ökobilanz ausspuckt. 

Die Taxonomie-Verordnung der EU beeinflusst künftig den Geldwert von Gebäuden. Ein wesentliches Bewertungskriterium ist die Nachhaltigkeit der verbauten Ressourcen. Art, Menge, Ort und Nutzungszeit der verwendeten Ressourcen/Baustoffe fließen in die Bewertung ein. Der überwiegende Teil dieser Nachhaltigkeitsinformation ist auch bei der Energieausweiserstellung notwendig. Ein Hinzufügen der »fehlenden« Information zur Energieausweisberechnung scheint der effizienteste Weg zu sein, um diese Herausforderung zu stemmen. Damit kann das »CO2-Gewicht« sowie der wiederverwendbare Anteil (Recyclingmassen) als auch der nicht wiederverwendbare Anteil (Abfallmassen durch Entsorgungsindex EI10) ermittelt werden.

Baustoffe und ihre ökologischen Einflüsse sind schon jetzt ein Bestandteil der Energieausweis-Berechnung. Viele Förderprogramme berücksichtigen diese Sicht auf das Bauwerk. Dieses solide Fundament kann in Zukunft für umfassendere ökologische Einschätzungen verwendet werden. Datenbanken wie baubook sind eine mächtige Unterstützung bei der Ermittlung der Gebäudekennwerte. Datenbanken wie diese liefern über Datenschnittstellen neben bauphysikalischen auch ökologische Richtwerte und Produktdaten.

Erweiterung Archiphysik

Das Naheverhältnis der bauphysikalisch und ökologisch zu erfassenden Daten hat A-Null Bausoftware zum Anlass genommen, das Bauphysik- und Energieausweis-Programm Archiphysik dahingehend zu erweitern. Mit kleinem Mehraufwand in der Erfassung können zwei Ziele erreicht werden: Energieausweis und vertiefte Ökobilanz. Eine Schlüsselrolle spielt die Planungsmethodik BIM. Aktuell helfen IFC Modelle schon dabei, Materialien und ihre Mengen ortsgebunden zu erfassen. Es ist absehbar, dass ein solches digitales Modell zukünftig mehr und detailliertere Baustoffdaten liefern wird.

Mit Beginn 2022 wurden wesentliche Schritte in Richtung Assessment der Baustoffe vorgenommen. Dies geschah im Zuge eines Architekturwettbewerb bei dem Augenmerk auf die Nachhaltigkeit der eingesetzten Baustoffe gelegt wurde. Die Nachhaltigkeit wurde mit ökologischen Kennzahlen dargestellt. Dabei wurde klar, dass die Verknüpfung von Energieausweis und ökologischer Bewertung nicht nur ein gangbarer, sondern ein effizienter Weg ist.


Interview: »Man muss nicht immer alles neu erfinden«

Architekt Bruno Sandbichler und Klaus Lengauer, A-Null Bausoftware, im Interview über die Entstehungsgeschichte und den Mehrwert des neuen Ökobilanz-Features in Archiphysik.

Architekt Bruno Sandbichler und Report-Kolumnist Klaus Lengauer sprechen über die aktuelle Archiphysik-Erweiterung und verraten, an welchem neuen Feature sie aktuell tüfteln. (Credit: A-Null)

Report: Was war die Idee hinter der aktuellen Erweiterung von Archiphysik?

Klaus Lengauer: Architekt Bruno Sandbichler hat an einem Wettbewerb teilgenommen, bei dem auch Nachhaltigkeitsnachweise und Entsorgungsindikatoren gefragt waren und uns angefragt, ob wir ein entsprechendes Tool haben. Daraufhin haben wir eine Recherche in den eigenen Werkzeugen gemacht und festgestellt, dass in unserer Archiphysik die kompletten Grundlagen für alle notwendigen Berechnungen eigentlich schon vorhanden sind.

Gefehlt hat einzig die passende Ausgabe in Form eines Nachweises, vergleichbar mit dem Energieausweis. Das haben wir hinzugefügt. Wir haben also das Vorhandene genutzt und dementsprechend erweitert, dass es auch den neuen Anforderungen genügt. Damit erspart sich der User mehrere Schritte und die doppelte Eingabe. Jetzt bekommt man in einem Schritt nicht nur Bauphysik und Energiebewertung, sondern auch Nachhaltigkeits- und Entsorgungsbewertung.

Report: Klaus Lengauer hat es jetzt schon angedeutet. Aber was sind aus Sicht des Users die größten Vorteile des neuen Tools?

Bruno Sandbichler: Die Aufgabe des Wettbewerbs war, ein Holzbausystem für die Stadt Wien zu entwickeln. Dabei waren mehrere Kriterien zu erfüllen, darunter auch Digitalisierung. Deshalb habe ich mich an A-Null gewandt. Der große Vorteil der A-Null-Lösung ist, dass man schon in einem sehr frühen Projektstadium CAD-Daten ins Archiphysik überführen kann und sämtliche Nachhaltigkeitskennzahlen abrufbar sind. Damit kann man ein Projekt sehr früh und ohne großen Aufwand in Richtung Nachhaltigkeit steuern. Damit erhält der Architekt viel mehr Freiheiten. Wichtig ist auch, dass man schon mit einem sehr einfachen 3D-Modell arbeiten kann und dennoch schon sehr verlässliche Informationen bekommt. 

Report: Welche Lösungen, Features und Tools schlummern denn noch unentdeckt  in Ihren Programmen?

Lengauer: (lacht) Wir wissen, dass unsere Lösungen sehr mächtig sind. Es hängt immer von den Fragestellungen ab, welche Potenziale man abruft. Auch neue Anforderungen können wir in der Regel mit den vorhandenen Werkzeugen bewältigen.

Report: Welche Features würde sich der Architekt noch wünschen?

Sandbichler: Wir arbeiten aktuell an einem Forschungsprojekt zum Thema ressourcenschonende Sanierung. Gemeinsam mit A-Null wollen wir ein Tool entwickeln, das auch in der Sanierung zu einem frühen Zeitpunkt sämtliche Nachhaltigkeitskennzahlen liefert. Eine Beta-Version, die wir gestartet haben, stößt auch jetzt schon auf großes Interesse. Das wollen wir gemeinsam weiter vorantreiben. Denn in Zukunft kann es nicht mehr nur um die Ideen der Architekt*innen gehen. Mit solchen Tools sieht man zu jeder Zeit, wann die Visionen der Architekt*innen den Pfad der Nachhaltigkeit verlassen.


Kommentar: Herausforderung Kennwerte-Ermittlung 
Von Kurt Battisti, Geschäftsführer A-Null Development


Die Bewertung der Nachhaltigkeit von Gebäuden hat mit der EU-Taxonomie Fahrt aufgenommen. Die Auswirkung auf den Wert des Portfolios eines Unternehmens, motiviert viele Immobilienverwalter diese Einordnung ernst zu nehmen.

Die Ermittlung der entsprechenden Kennwerte wird sicher nicht weniger aufwändig. Jedoch ist absehbar, dass die Methodik BIM hier in Zukunft eine wesentliche Vereinfachung bringen wird. Digitale Gebäudemodelle werden mit maschinenlesbaren ›Produktblättern‹ verknüpft. Die Einflussfaktoren Material, Ort, Nutzungsdauer werden damit automatisierbar zugänglich. Dies wird eine wesentliche Vereinfachung eines solchen Assessments bringen. Im vom FFG geförderten Forschungsprojekt BIMpeco arbeiten wir bereits daran, diese Automatisierung zu ermöglichen.

Die Technologie ist weitgehend verfügbar, die entsprechenden maschinell lesbaren Daten (Construction Objects/Data Templates) sind nur in Fragmenten vorhanden. Sobald wir Bauschaffende dazu bringen, diese Daten fließen zu lassen, wird dieses Assessment fast ohne zeitliche Verzögerung, auf Knopfdruck möglich sein.
Eine Herausforderung scheint es zu bleiben, in früheren Planungsphasen mit Richtwerten und Typologie zu arbeiten, diese im Laufe der konkreten Planung und der Realisierung mit digitalen Produktdaten zu präzisieren. Diese kontinuierliche Verbesserung der zur Verfügung stehenden Daten wird eine nutzbringende Herausforderung sein.«

(Bild: A-Null)

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