Samstag, Februar 22, 2025
Forschung für Klimaschutz: Raus aus der Energiefalle bei Gebäuden

Nur mit gebündelter Kompetenz lassen sich die Herausforderungen des zukunftsfähigen Bauens bewältigen. Forschung und Industrie stellten Lösungen aus ihrer Forschungskooperation vor. Bei der Umsetzung ist auch die Politik gefordert.

Energieeffiziente Gebäude sind ein gewichtiger Faktor, um Maßnahmen gegen den Klimawandel umzusetzen. Die jüngsten weltpolitischen Entwicklungen verstärken das Energiethema weiter – und den Ruf nach leistbarem Wohnen. Mehr denn je sind innovative Baukonzepte gefragt. Hier macht es sich bezahlt, dass die Massivbaubranche seit Jahren in Studien und Forschungsprojekte investiert. Die Ergebnisse dieser Forschungsinitiative bieten Lösungen für dringende Fragen.

Klimapolitik und Energiewende lassen die Bauindustrie ihre Schlüsselrolle neu betrachten. Denn es besteht Handlungsbedarf: Laut Klimaschutzbericht des Umweltbundesamts betrug der Anteil des Gebäudesektors an den Treibhausgas-Emissionen in Österreich 2019 rund 16 Prozent – ex aequo mit der Landwirtschaft und an zweiter Stelle nach dem Verkehr, der nahezu die Hälfte des CO2 Ausstoßes ausmachte. Bauen – von der Planung bis zum Rezyklieren von Baumaterial – muss als Gesamtlösung zu den dringend nötigen Veränderungen beitragen.

Zukunftssicheres Bauen: Massivbauindustrie als Forschungstreiber
Vor diesem Hintergrund untersuchen Massivbaubranche und Forschung seit 2014 in enger Zusammenarbeit die Anforderungen an zukunftssicheres Bauen. Es geht um nachhaltige Bauprodukte und Bauweisen die sicherstellen, dass neue Gebäude nicht Hypothek, sondern Asset für die nächsten Jahrzehnte sind. Nun liegen die Ergebnisse der dritten Projektphase 2019 bis 2021 vor. „Nachhaltigkeit ist im Herzen der Massivbauindustrie angekommen und wird von ihr mit vorangetrieben“, so Andreas Pfeiler, Geschäftsführer des Fachverbands der Stein- und keramischen Industrie einleitend. Nur mit gebündelter Kompetenz lassen sich die Herausforderungen des zukunftssicheren Bauens bewältigen. Die Politik könne diese nötigen Kooperationen forcieren. Sein besonderer Dank gelte daher der Unterstützung durch das Klimaministerium seit Beginn der Forschungsinitiative. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler würdigt ihrerseits in einem Grußwort den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu zentralen Fragen der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, der Ressourcenschonung und der Kreislaufführung in der Bauwirtschaft.

Energiesparpotenziale für die Gebäudenutzung schon bei der Planung berechnen
Der Weg zur Nachhaltigkeit führt über die rasche Umsetzbarkeit von Innovationen. Dazu braucht es einfache Tools für die Baupraxis, um ökologische Zusammenhänge bereits in der Planungsphase eines Gebäudes zu berechnen und Nachhaltigkeitsentscheidungen sicher treffen zu können. Ein Best Practice Beispiel dafür befasst sich mit der Vermeidung der sommerlichen Überhitzung von Gebäuden. Architekt*innen und Bauplaner*innen können damit thermisches Raumverhalten wesentlich einfacher simulieren als bisher. Die Berechnungen erfolgen direkt im Internet über das kostenlose Internet-Tool Thesim 3D.

Verschattungen in der Gebäudeumgebung werden automatisch über die Standortkoordinaten in die Simulation einbezogen. Die Ergebnisse sind leicht lesbar und selbsterklärend. Zudemmacht es die Darstellung in vergleichenden Diagrammen möglich, die Zusammenhänge zwischen baulichen Maßnahmen und thermischen Verhältnissen im Innenraum zu veranschaulichen.

Erneuerbare Energie für thermische Bauteilaktivierung einsetzen
Praktisch erforscht wird ressourcenschonendes Heizen und Kühlen im Wohnpark Wolfsbrunn im niederösterreichischen Sommerein. 14 moderne Reihenhäuser und ein mehrgeschossiges Gebäude mit 22 Wohnungen für Generationenwohnen wurden errichtet und ab 2019 bezogen. Ziegelwände sind hier mit Betondecken kombiniert, die über thermische Bauteilaktivierung die Wohnungen temperieren. Dafür dienen Rohrsysteme im Beton, die Winter wie Sommer angenehme Raumtemperaturen ermöglichen. Zum Beheizen wird dabei Strom aus Windkraft und Photovoltaik verwendet. Diese Energie fällt bekanntlich unregelmäßig an, wird jedoch durch die Speichermasse massiver Baustoffe optimal genutzt, was zudem laufend weiter dokumentiert und untersucht wird. Die Vorteile des Massivbaus lassen sich so einmal mehr veranschaulichen und dank neuer Berechnungs- und Evaluierungsmethoden auch für zukünftige Anwendungen bemessen. Das ist wichtig, um massive Bauweisen für Klimaschutz-Förderungen zu qualifizieren.

Massivbau als Motor für die regionale Wirtschaft
Sommerein ist nur eines von mehreren Beispielen die zeigen, was mit massiver Bauweise möglich ist. Zudem belegt die Forschungskooperation die wesentliche Bedeutung der Massivbauhersteller für die Regionen. Zement, Ziegel, Beton und Putze sichern rund 9.000 Arbeitsplätze – insbesondere im ländlichen Raum. Die lokale Produktion ist nachhaltig durch kurze Transportwege und hohe Wertschöpfung: Ein Euro in der Massivbauherstellung erzeugt rund drei Euro in anderen Unternehmen.

Klimaneutralität: Wohnbauförderung als Hebel – technologieneutrale Vorgaben ein Muss
Die vielfältigen Forschungsergebnisse zeigen die Notwendigkeit, bei der Errichtung und Sanierung von Gebäuden und Wohneinheiten die günstigen Eigenschaften von Baustoffen technologienneutral einzusetzen. „Einseitige Förderungspolitik muss aufhören – es darf nur einen Maßstab für die Baustoffentscheidung geben, nämlich ob die Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllt sind,“ forderte Pfeiler. Die Festlegung von Fördervorgaben ohne Fokus auf bestimmte Produkte seien das Gebot der Stunde. Nur so könne den gesellschaftlichen Herausforderungen Klimaschutz und leistbares Wohnen erfolgreich begegnet werden. Dazu wären die Nachhaltigkeitskriterien bundesweit zu vereinheitlichen, zudem sollten die Langlebigkeit, Ressourceneffizienz und Kreislauffähigkeit von Baustoffen in die Vorgaben der Wohnbauförderung einbezogen werden. Es fehle auch die Aufwertung heimischer Baustoffe durch eine Herkunftskennzeichnung. Bei all dem seien die regionale Politik und Verwaltungsebenen gefordert. „Das kann die Umsetzung der Forschungsergebnisse in die Praxis ermöglichen und so zukunftssicheres Bauen vorantreiben,“ so Pfeiler abschließend.

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