Der Bauherr trägt nicht nur durch eine fundierte Vorbereitung und Planung, sondern auch durch eine ordnungsgemäße Koordination und Überwachung während der Bauabwicklung zur erfolgreichen Realisierung seines Bauvorhabens bei. Für den fachlich unkundigen Bauherrn empfiehlt sich die Einsetzung einer Örtlichen Bauaufsicht (»ÖBA«) zur Wahrnehmung der Bauherrnpflichten. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um ein komplexes Bauvorhaben handelt.
Koordinations- und Mitwirkungspflichten des Bauherrn
Den Bauherrn trifft die Pflicht, für das ordnungsgemäße Zusammenwirken der von ihm eingesetzten Auftragnehmer zu sorgen und ihren Einsatz zu koordinieren. Es handelt sich dabei um eine werkvertragliche Nebenpflicht. In Punkt 6.2.5.1 der Vertragsnorm ÖNORM B 2110, deren Geltung regelmäßig vereinbart wird, ist dies ausdrücklich verankert. Der Bauherr hat also die von ihm eingesetzten Auftragnehmer insbesondere in zeitlicher und technischer Hinsicht derart zu koordinieren, dass eine reibungslose Bauabwicklung möglich ist.
Dies betrifft vor allem die Schnittstellen zwischen den Gewerken. Etwa ist der Ablauf so einzutakten, dass eine Zwischendecke erst dann geschlossen wird, wenn sämtliche in der Decke zu führenden Kabel und Leitungen geführt sind. Überdies treffen den Bauherrn Mitwirkungspflichten. Insbesondere hat der Bauherr innerhalb angemessener Fristen erforderliche Entscheidungen und Dispositionen zu treffen, die ausschließlich in seiner Kompetenz liegen. Dies betrifft etwa notwendige Schritte gegenüber Behörden oder die zeitgerechte Beistellung von Materialien.
Aufgaben der ÖBA
Der Bauherr kann sich nicht nur zur Wahrnehmung seiner Bauherrnpflichten, sondern insbesondere auch zur Überwachung der Ausführung einer ÖBA bedienen. Der Umfang der Aufgaben der ÖBA ist gesetzlich nicht definiert. Dieser bestimmt sich nach dem jeweiligen Vertrag. Wenn keine detaillierte Vereinbarung vorliegt, ist wohl auf die Rechtsprechung des OGH zurückzugreifen, wonach zu den »typischen« Aufgaben der ÖBA neben der laufenden Kontrolle und Koordination des Bauvorhabens auch die Termin- und Kostenverfolgung sowie die Rechnungsprüfung zählen.
In der Regel vertritt die ÖBA den Bauherrn und fungiert als zentraler Ansprechpartner für die Ausführenden. Sie wirkt regelmäßig bereits an der Einreichung des Bauvorhabens, der Ausschreibung und Vergabe der Ausführungsleistungen sowie den Bauvorbereitungen mit. Während der Bauabwicklung hat die ÖBA die planmäßige, vertragsgemäße, der Baubewilligung entsprechende und mangelfreie Umsetzung des Bauvorhabens zu organisieren und zu koordinieren. Die ÖBA hat sowohl den Baufortschritt als auch allenfalls festgestellte Mängel zu dokumentieren.
Eine wesentliche Aufgabe der ÖBA ist typischerweise, die Einhaltung der technischen und (vertrags)rechtlichen Regeln zu überwachen. Nach höchstgerichtlicher Judikatur darf die ÖBA grundsätzlich auf die fachgerechte Ausführung der Arbeiten vertrauen und hat nur dort einzuschreiten, wo für sie Fehler erkennbar werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie generell von jeglicher Kontrolle Abstand nehmen und sich auf offensichtliche Fehler beschränken kann. Vielmehr hat die ÖBA zumindest stichprobenartige Kontrollen der Leistungen vorzunehmen. Sie hat sich von der handwerklichen Zuverlässigkeit der Ausführenden zu überzeugen.
Fazit
Die ÖBA nimmt in der Regel im Auftrag des Bauherrn vor allem Koordinations-, Prüf- und Überwachungsaufgaben wahr und vertritt den Bauherrn insbesondere gegenüber den Ausführenden. Ziel der ÖBA ist es, durch rechtzeitiges Ergreifen geeigneter Maßnahmen die geordnete, effiziente und mangelfreie Umsetzung des Bauvorhabens sicherzustellen. Es empfiehlt sich, die Aufgaben sowie die Vertretungsbefugnis der ÖBA einzelvertraglich zu regeln. Insbesondere wenn der ÖBA nicht in allen Bereichen Vertretungsbefugnis zukommen soll, ist eine Offenlegung der Vereinbarung mit der ÖBA gegenüber den übrigen Projektbeteiligten zu erwägen.
Die Autoren
Katharina Müller ist Partnerin bei Müller Partner Rechtsanwälte mit den Beratungsschwerpunkten Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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Mathias Ilg ist Juniorpartner bei Müller Partner Rechtsanwälte spezialisiert auf Baurecht, Claimmanagement und Konfliktlösung.
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