ESG – diese drei Buchstaben werden die Bau- und Immobilienwirtschaft nachhaltig verändern. Gemeinsam mit Heid und Partner Rechtsanwälte zeigt der Bau & Immobilien Report in einer übersichtlichen Darstellung, wie sich die Anlagekriterien Environment, Social und Governance auf die Branche auswirken werden.
Diese Übersicht ist in enger Zusammenarbeit mit Heid und Partner Rechtsanwälte entstanden. Eine genaue Auflistung der ESG-Vorgaben und der EU-Taxonomie-Verordnung finden Sie im vollständigen Artikel unter folgendem Link: ESG: 360-Grad-Radar
Environmental, Social und Governance (ESG) steht zunehmend auch auf der Agenda der Bau- und Immobilienbrache ganz oben. »Besonders bei der Vergabe von öffentlichen Bauaufträgen spielen ESG-Kriterien bereits heute bei der Festlegung des Bau-Soll, wie Bauplatz, Baustoffe oder Baumethoden, und der Bau-Ausführung, Stichwort »Unternehmenscompliance« eine bedeutende Rolle und sind mit zahlreichen Anforderungen an die Auftraggeber*innen und Auftrag- nehmer* innen verbunden«, erklärt Stephan Heid, Heid und Partner Rechtsanwälte.
Dies wird sich in Zukunft durch aktuelle Rechtsentwicklungen auf europäischer Ebene wie etwa den jüngsten Vorschlag der EU-Kommission zu einer Lieferketten-Richtlinie (siehe Kasten rechts) noch verstärken. In der hier vorliegenden Übersicht werden daher einige ausgewählte Anforderungen aus den Bereichen Environment, Social und Governance für den Bau- und Immobilienbereich im Überblick dargestellt. Dafür wurde – im Wissen, dass die Branche mit diesen Vorgaben gesamthaft betroffen ist – versucht, die verschiedenen Anforderungen den Seiten Auftragnehmer*innen und Auftraggeber* innen nach deren Hauptverantwortung zuzuordnen.
Für den Bau & Immobilien Report haben Stephan Heid (l.) und Christoph Fichtner die wichtigsten ESG-Kriterien und ihre Auswirkungen zusammengefasst.
Hintergrund zu ESG
Ursprünglich wurden die ESG-Kriterien von Investoren gemeinsam mit den Vereinten Nationen erarbeitet, um eine einheitliche Definition für nachhaltige Kapitalanlagen zu schaffen. Mittlerweile haben ESG-Kriterien eine Schlüsselrolle in der strategischen Ausrichtung von Unternehmen eingenommen und sind zu allgemeinen Umwelt-, Sozial- und Unternehmensführungsstandards geworden. Die Einhaltung der ESG-Kriterien (darunter auch die EU-Taxonomie, siehe Seite 19) bestimmt schon heute – und wird es noch viel mehr morgen – wie wir planen, errichten und betreiben. Die ESG-Kriterien sind, wie immer man im Einzelfall dazu stehen mag, in der Bau-Praxis angekommen. Ihre Kenntnis und korrekte Anwendung sind daher für den Unternehmenserfolg ausschlaggebend.
Verpflichtende Berichterstattung
Im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie hat die EU auch die sogenannte Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) erlassen. Diese verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung muss bis Ende 2022 in Österreich umgesetzt werden. »Davon erfasst sind alle großen Unternehmen und alle am regulierten Markt gelisteten Unternehmen mit Ausnahme von Kleinstkapitalgesellschaften«, erklärt Christoph Fichtner, Heid und Partner Rechtsanwälte. Die Berichtspflicht wird sich auf Arbeitnehmer*innen-, Sozial-, Umwelt-, Menschenrechts- sowie Korruptions- und Bestechungsbelange erstrecken. Bis Oktober 2022 sollen zur Vereinheitlichung von Offenlegungspflichten EU Sustainability Reporting Standards entwickelt werden.
Europäische Lieferketten
Entwurf der Kommission zur EU-Lieferketten-Richtlinie:
Die Richtlinie über die Nachhaltigkeitspflichten von Unternehmen soll für zwei verschiedene Unternehmensgruppen gelten:
- Gruppe 1: Unternehmen, die mehr als 500 Mitarbeiter*innen beschäftigen und im Jahr mehr als 150 Mio. Euro Umsatz erzielen.
- Gruppe 2: In bestimmten Branchen mit erhöhtem Risiko für Missbrauch (z. B. Bergbau, Landwirtschaft oder Textil) sollen schon kleinere Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen und einem Jahresumsatz von 40 Mio. Euro erfasst sein.
Ebenfalls betroffen sind in der EU tätige Unternehmen aus Drittstaaten, die die oben angeführten Umsatzzahlen erfüllen. Von der Richtlinie erfasst sind nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch ihre Tochtergesellschaften und die gesamte Wertschöpfungskette. Nach den bestehenden Vorgaben betrifft die Regelung rund 13.000 europäische Unternehmen. Der Entwurf sieht folgende Schwerpunkte vor:
- Sorgfaltspflichten sollen zum integralen Bestandteil der Unternehmenspolitik werden. Dafür muss ein Verhaltenskodex mit Regeln und Pflichten erstellt werden, der von den Mitarbeiter*innen und Tochtergesellschaften des Unternehmens zu befolgen ist.
- Tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt sollen ermittelt und abgestellt oder zumindest minimiert werden. Können die nachteiligen Auswirkungen nicht sofort beseitigt werden, ist ein Plan mit Abhilfemaßnahmen und klar definierten Fristen sowie qualitativen und quantitativen Indikatoren zur Messung der erreichten Verbesserung zu erstellen.
- Geschäftspartner haben die Einhaltung des Verhaltenskodex und des Präventionsplans vertraglich zuzusichern.
- Für tatsächliche oder potenziell negative Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt ist von den erfassten Unternehmen ein Beschwerdeverfahren einzurichten.
- Die Wirksamkeit der Strategien und Maßnahmen zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten sollen regelmäßig kontrolliert werden.
- Die Wahrnehmung ihrer Sorgfaltspflichten haben Unternehmen öffentlich zu kommunizieren.
- Unternehmen der Gruppe 1 haben einen Plan zu verabschieden, der sicherstellt, dass die Strategie und das Geschäftsmodell des Unternehmens mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft, mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C und mit dem Übereinkommen von Paris im Einklang stehen.
Der Entwurf der Kommission sieht eine zivilrechtliche Haftung vor.
Zur Info
Heid & Partner Rechtsanwälte sind eine der führenden österreichischen Rechtsanwaltssozietäten im öffentlichen Wirtschaftsrecht. Die Kanzlei ist spezialisiert auf Nachhaltigkeitsrecht, Vergaberecht, Bau- und Bauwerkvertragsrecht, IT-Recht und Datenschutz, EU-Förderungs- und Beihilfenrecht sowie auf juristisches Projektmanagement und gerichtliche Vertretung. Heid und Partner sind Gründungsmitglied der IG Lebenszyklus Bau, Herausgeber und Autor von Standardwerken zum Bundesvergabegesetz und zum Nachhaltigkeitsrecht.
Info: www.heid-partner.at